„Die Katzen von Shinjuku“ von Durian Sukegawa ist eine poetische, fragile Geschichte über zwei Außenseiter, die ihren Platz in der Welt finden.
In den 80er-Jahren verschlägt es Yama in eine eher wenig besuchte Ecke von Shinjuku, nachdem er einen grauenhaften Tag hinter sich hat. In einer engen Bar will der erfolglose und deprimierte Fernsehautor seinen Kummer ertränken und ahnt nicht, dass eine schicksalshafte Begegnung auf ihn wartet: Yume, die Kellnerin.
Das zarte Band zwischen zwei Außenseitern

Das Interesse von Yama ist entfacht, als er von dem Spiel Miau-jongg hört: Die Gäste wetten untereinander, welcher der zahlreichen, streunenden Katzen sich zuerst an der Bar blicken lässt. Als Hilfestellung dient ein sogenannter „Katzenplan“. Auf dem Katzenplan sind handgezeichnete Illustrationen der samtpfotigen Vierbeiner mit Namen und einigen charakteristischen Merkmalen dargestellt.
Während die Stammgäste laut, exzentrisch oder besonders sind, ist Yume still, unnahbar und lässt niemanden näher an sich heran. Yama scheint nicht nur bei ihr gegen eine Wand zu laufen, denn auch privat und beruflich läuft nichts so, wie er es gerne hätte. Aus dem spontanen Besuch in der Bar entwickelt sich bald ein allabendliches Ritual. Durian Sukegawa gelingt es in „Die Katzen von Shinjuku“, nicht nur schillernde Persönlichkeiten gekonnt darzustellen, sondern die Leserschaft förmlich in den tokioter Stadtteil Shinjuku zu entführen. Außer Yama, Yume und den Katzen bekommen alle anderen Charaktere nur Spitznamen, die ein lautmalerisches oder lustiges Bild vor dem eigenen geistigen Auge malen.
Eine zerbrechliche Welt in „Die Katzen von Shinjuku“

Man fühlt sich wie ein weiterer Gast der Bar, der neugierig und aufmerksam den Gesprächen der Anderen lauscht, während man an seinem Hoppy nippt. Zu gerne möchte man ebenfalls auf eine der Katzen tippen, die als Erste vor dem Fenster erscheint. Ist es heute Boss, Queen oder gar Eri?
Durian Sukegawa stellt eine vergängliche Welt dar, die er mit behutsamen, bedachtsamen und geschmeidigen Wörtern zum Leben erweckt.
Das Leben läuft oft anders, als man denkt
„Die Katzen von Shinjuku“ nimmt sich Zeit. Sachte nimmt die Geschichte ihren Lauf und scheint wenig zielgerichtet zu sein – ganz wie Yama, der einfach nicht von der Stelle zukommt. Doch plötzlich geht es Schlag auf Schlag und die Protagonisten werden einer schier unüberwindbaren Situation gegenübergestellt. Werden sie diese Krise meistern? Wie wird ihre Zukunft danach aussehen?
In „Die Katzen von Shinjuku“ lacht und fiebert man mit, ob einer der Gäste beim Miau-jongg richtig liegt oder ob Yama endlich beruflich einen Sprung machen kann. Sein Werdegang regt zum Nachdenken an, ob man nicht auch seiner inneren Stimme Gehör schenken sollte. Das Werk bietet viele schöne Momente, die einen in eine kleine, versteckte und schmale Bar in Shinjuku locken, um dort den Abend gemütlich bei einer Yakitori-Platte ausklingen zu lassen…
Fazit
Ähnlich wie einer hellen, frühlingsmilden Vollmondnacht taucht man ein in die vergängliche Welt von „Die Katzen von Shinjuku“ und gibt sich ganz ihrem Zauber hin. Durian Sukegawa malt realistische Charaktere mit echten Problemen, die einen mitfühlen und hoffen lassen. Das Ende ist überraschend und bittersüß wie das Leben selbst. Man kommt nicht umher sich zu wundern, ob hier nicht autobiografische Züge in dem schönen Werk vorhanden sind.
Verlag: DUMONT
Erscheinungsjahr: 2021
Autor: Durian Sukegawa
Seiten: ~254
Preis: 20,00 Euro
Sonstiges: Lesebändchen, Spot-Gloss-Veredelung des Covers
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