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HomeJapan entdeckenBücher"Tsuruhage no Tetsu" - Zeitzeugenbericht von Atombombenüberlebenden nun auch auf Deutsch erhältlich

Berichte aus dem Leben eines Atombomben-Überlebenden

„Tsuruhage no Tetsu“ – Zeitzeugenbericht von Atombombenüberlebenden nun auch auf Deutsch erhältlich

Tetsushi Yonezawa ist ein Überlebender des Atombombenabwurfs auf Hiroshima. In dem Buch „Tsuruhage no Tetsu“ teilt er seine schrecklichen Erfahrungen aus dieser Zeit mit den jüngeren Generationen. Inzwischen ist die Berichtsammlung auch in deutscher Sprache erhältlich.

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Der Titel des Buches ist eine Anspielung auf den Spitznamen, den Yonezawa in seiner Kindheit trug. Er war 1945 der Strahlung des Atombombenabwurfs ausgesetzt und bekam dadurch später eine Glatze. Yonezawa starb im November 2022 im Alter von 88 Jahren. Bis zu seinem Tod tat er alles, um seine so schmerzlichen wie wertvollen Erfahrungen an die Nachwelt weiterzugeben.

Er überlebte wie durch ein Wunder

Yonezawa war erst zehn Jahre alt, als am 6. August 1945 die Bombe über der Stadt Hiroshima abgeworfen wurde. Er blieb annähernd unversehrt, da er sich zum Zeitpunkt des Einschlags in einer überfüllten Straßenbahn befand und von vielen anderen Fahrgästen umgeben war.

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Seine Mutter dagegen starb weniger als einen Monat nach dem Bombenangriff. Seine Schwester, die damals erst ein Jahr alt gewesen war, verstarb nur wenig später im Oktober.

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Yonezawa überlebte, aber von der Strahlenkrankheit blieb auch er nicht verschont. Zwei Wochen lang litt er unter 40 Grad Celsius Fieber. Zudem plagten ihn Kopfschmerzen, Haarausfall und extreme Übelkeit. In seinem Buch berichtet er sogar von Darmwürmern, die er massenweise ausspuckte.

Gegen Atomkraft und für die deutsch-japanische Freundschaft

Nach seinem Abschluss an der Ritsumeikan University in der japanischen Präfektur Kyoto arbeitete er als Krankenhausangestellter. Zu dieser Zeit schloss er sich auch der Anti-Atomkraft-Bewegung an.

Ab Mitte der 1980er Jahre konzentrierte er sich verstärkt darauf, seine persönlichen Erfahrungen im Hinblick auf den Atombombenabwurf mit anderen zu teilen. Nach seiner Pensionierung nahm er an diversen schulischen Veranstaltungen zu diesem Thema teil und berichtete den Kindern und Jugendlichen aus seiner eigenen Kindheit.

2020 sandte Yonezawa eine Botschaft an die Hiroshima Alliance Hannover, eine pazifistische Gruppe, die über eine Städtepartnerschaft mit Hiroshima verbunden ist.

Der in Osaka lebende Kenji Yamamoto, der sich seit sehr langer Zeit für die deutsch-japanische Freundschaft einsetzt und mit der Gruppe in Kontakt steht, wurde von den Mitgliedern gebeten, eine Nachricht von einem Hibakusha, einem Überlebenden der Atombombe, zu übermitteln. Yamamoto wandte sich daraufhin an seinen Bekannten Yonezawa und bat ihn, eine entsprechende Botschaft zu verfassen.

Diese wurde dann beim alljährlichen Treffen in Hannover zum Gedenken an die Opfer der Atombombenabwürfe verlesen: „Wir müssen die Abschaffung der Atomwaffen durchsetzen.“

Nach der Verlesung seiner Botschaft äußerten viele den Wunsch, Yonezawa einmal aus erster Hand über seine Erfahrungen sprechen zu hören. Yamamoto, der sich auf der anderen Seite ebenfalls wünschte, dass so viele Menschen wie möglich von Yonezawas Erlebnissen erfahren, lud diesen daraufhin zu einem Treffen ein.

Er interviewte ihn zu seinen Erfahrungen und Yonezawas Antworten aus diesem Interview wurde dann von Riho Taguchi, einem Mitglied der Hiroshima Alliance Hannover, und einer in Hannover lebenden Einwohnerin ins Deutsche übersetzt.

„Glatzkopf Tetsu“

Im August 2022 wurde das zweisprachige japanisch-deutsche Büchlein mit dem Titel „Yonezawa Tetsushi-san no hibaku taiken to sakebi“ (Tetsushi Yonezawas Atombombenerfahrung und Aufschrei) in Japan fertiggestellt. Die Fassung für die japanische Leserschaft umfasst 100 Seiten.

Im Dezember 2022 erschien dann die 50-seitige deutsche Version von „Tsuruhage no Tetsu“.

Das Team hinter dem Buchprojekt hofft, dass sich Yonezawas Berichte auch in Deutschland, das wie Japan unter dem nuklearen Schutzschirm der Vereinigten Staaten steht, weit verbreiten werden.

Deutschland hat den Aufschwung der Anti-Atom-Friedensbewegung miterlebt. Dennoch sind nach wie vor US-Atomsprengköpfe auf deutschem Boden stationiert.

Als Yonezawa das Büchlein mit seinen gesammelten Erfahrungsberichten betrachtete, sagte er begeistert: „Sie sieht gut gemacht aus. Ich möchte nach meiner Genesung nach Deutschland reisen.“

Eigentlich wollte er im Mai 2023 Deutschland besuchen, um über seine Erfahrungen mit der Atombombe zu berichten. Sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich jedoch im Laufe der letzten Monate extrem und er verstarb, bevor er zu der geplanten Deutschlandreise aufbrechen konnte.

Obwohl sich seine Hoffnungen zerschlugen, sagte seine Frau: „Ich bin sicher, dass mein Mann sich freut, weil er weiß, dass seine Wünsche durch diese Broschüre nach Übersee weitergegeben werden.“

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