Hokkaido, die nördlichste der japanischen Inseln, bleibt vielen ein Rätsel. In der Tat kann die Geschichte der Präfektur als paradox angesehen werden: Diese spiegelt eher den amerikanischen Pionierstil wider als den jahrhundertelangen Streit zwischen Kaisern und Shogunaten, der Honshu (Japans Hauptinsel) definiert.
Die moderne Geschichte Hokkaidos lässt sich zwar bis zur Eingliederung an Japan im Jahr 1869 zurückverfolgen, doch war die Insel früher die Heimat des Ainu-Volkes. Daher findet man hier eher unberührtes Ahnenland als Tempel und Schreine.
Natur zieht viele Touristen nach Hokkaido
Tatsächlich zieht die atemberaubende Natur der Präfektur seit langem Touristen an, die ihrem Alltag entfliehen möchten. Andererseits haben mehr als 150 Jahre rasanter Entwicklung vor allem die Hauptstadt Sapporo zu einer modernen und kosmopolitischen Stadt gemacht, die es mit ihren Vettern wie Tokio, Osaka oder Hiroshima locker mithalten kann.
In Sapporo und Umgebung kann man dieses andere, modernere Hokkaido kennenlernen, mit seinen scheinbar endlosen Izakayas, die lokale Köstlichkeiten servieren, trendigen Weinkellereien, die mit ihrer Qualität überraschen, und seinem Hang zur modernen Kunst. Dieser Artikel stellt diese relativ unbekannten Qualitäten Hokkaidos vor.
Als Erstes besuchen wir eine der interessantesten modernen Kunstinstallationen, die die Präfektur zu bieten hat. Der Moerenuma Park am Stadtrand von Sapporo wurde von dem berühmten japanischen Künstler Isamu Noguchi entworfen. Hier verwirklichte er eine beeindruckende Vision, die Natur der Gegend kreativ in die Schaffung einer künstlerischen Umgebung einzubeziehen.
Noguchi hat einen Park auf 188 Hektar Land geschaffen, der als „Skulptur“ gestaltet ist, ein nahtloses Erlebnis mit verschiedenen Kunstinstallationen, Wegen, Hügeln und Wäldern, die alle in geometrischer Präzision angeordnet sind. Man könnte einen ganzen Morgen allein damit verbringen, durch das Gelände zu spazieren oder den Hügel zu erklimmen, der einen weiten Blick auf den gesamten Park sowie auf Sapporo und die umliegenden Berge bietet.
Das Highlight ist natürlich die Glaspyramide im Louvre-Stil, die auch von innen besichtigt werden kann (besonders zu empfehlen, wenn man im kalten Winter vorbeischaut). Interessanterweise entstand das Projekt aus Noguchis Wunsch, eine ehemalige Abfallbehandlungsanlage umzubauen, und fügt dem Park somit eine zusätzliche Dimension des Umweltschutzes hinzu.
Weinherstellung, einer der großen Trends in der Präfektur
Als Nächstes fahren wir in die malerische Stadt Imamizawa, die weniger als eine Autostunde von Sapporo entfernt liegt. Hier könnt ihr euch selbst von einem der großen Trends überzeugen, der sich in den letzten Jahren in Hokkaido durchgesetzt hat: die Weinherstellung. Angespornt vor allem durch eine Bewegung leidenschaftlicher Einheimischer und die immer günstiger werdenden Klimabedingungen, hat der Wein von Hokkaido Japan im Sturm erobert.

In und um Imamizawa gibt es mehrere Weingüter, die sich aufgrund des Klimas in der Region niedergelassen haben, und von denen man sagt, sie ähneln Bordeaux in Frankreich. Zwei der Weingüter bieten auch Geschäfte und andere Annehmlichkeiten vor Ort an. Eine davon ist die Housui Winery, die auch Touren organisiert.
Hier könnt ihr die Yuki no Keifu-Serie probieren, die ausschließlich aus Trauben hergestellt wird, die auf den Feldern des Weinguts geerntet werden. Ein weiteres Highlight ist das Softeis, das mit hausgemachtem Traubensirup gekrönt wird.
Eine weitere Option ist das nahegelegene Weingut Yamazaki. Die malerischen Gebäude, die von vier Generationen von Bauern geführt werden, heben die wunderschönen Weinfelder hervor und sorgen für ein großartiges Bild. Auch hier könnt ihr die Arbeit des Weinguts verkosten oder mit nach Hause nehmen – das Highlight ist der Spätburgunder.
Schließlich fahren wir zurück in die Innenstadt von Sapporo, um das Nachtleben der Stadt zu erkunden. Sobald die Sonne in der Stadt untergeht, bleibt das erste Ziel für viele das ikonische Ausgehviertel Susukino, welches die Stadt auf seine eigene Weise verkörpert.
Bars, Restaurants und Clubs
Mit mehr als 4.000 Bars, Izakayas, Restaurants und Clubs, ganz zu schweigen von den pulsierenden Neonlichtern, die im japanischen Nachtleben allgegenwärtig sind, strahlt die Gegend pure Energie aus. Von hier aus ist Tominokoji nur einen kurzen Spaziergang entfernt. Diese überdachte Einkaufsstraße ist in Blöcke (jap.: chou) unterteilt, von denen jeder seine eigene einzigartige Persönlichkeit hat. In letzter Zeit hat sich der siebte Block (jap.:nana-chou-me) wegen seiner unzähligen Gourmet-Optionen zu einem Hotspot für Einheimische entwickelt. Die Abenteuerlustigen können sich außerhalb des überdachten Bereichs gen Westen begeben, wo scheinbar jeden Tag neue Restaurants eröffnen.
Wenn ihr mehr von Hokkaidos Alkohol probieren möchtet, ist Sapporo der perfekte Ort für euch. Die North Island Brewery kombiniert Craftbeer mit Kneipengerichten, während das Winecafé Veraison euch einen Überblick über die boomende Weinszene gibt – Probiert unbedingt die Auswahl an Naturweinen, mit denen sich die Region sogar eine globale Nische erobern konnte.
Um mehr über Hokkaidos Schnaps zu erfahren, solltet ihr euch die Bar Kamada nicht entgehen lassen, die eine Auswahl von über 300 Sorten Liköre, Shochu, Wein, Bier, Whisky und Sake bietet. Wenn ihr hungrig seid, könnt ihr im Bird Watching nichts falsch machen. Es wird von dem bemerkenswerten lokalen Koch Aki Nagao geführt und bietet eine große Auswahl an köstlichen Izakaya-Gerichten mit Schwerpunkt auf Yakitori (gegrilltes Hähnchen).

Natürlich sollen die obigen Vorschläge nur als Anhaltspunkte dienen. Mit der raschen Entwicklung Sapporos wird das Angebot, den Tag (und die Nacht) zu verbringen, stetig größer.
Eines ist jedoch klar: Auch wenn ihr ursprünglich wegen Hokkaidos atemberaubender Natur gekommen seid, werdet ihr schnell von den moderneren Angeboten der Präfektur verzaubert sein. Ob ihr moderne Kunst genießt, lokalen Wein probiert oder in das Nachtleben von Sapporo eintaucht, Japans Norden überrascht immer wieder. Und sobald Japan seine Grenzen wieder für Touristen öffnet, hoffen wir, dass ihr ein etwas anderes Hokkaido für euch entdecken werdet.