Wenn man über Tokyo spricht, sieht man in der Präfektur in der Regel nur die Metropole Tokyo, die schillernde und vielseitige Hauptstadt Japans. Eine der sichersten und zugleich teuersten Städte der Welt.
Doch eigentlich ist die Metropole selbst gar keine Stadt. Im Städteregister von Japan gibt es nämlich keine Stadt namens Tokyo und selbst der bekannte Bahnhof Tokyo befindet sich nicht wirklich in der Stadt Tokyo, sondern in der Stadt, oder besser gesagt dem Sonderbezirk Chiyoda ku.
Tokyo und seine 23 Sonderbezirke
Die Präfektur Tokyo besteht insgesamt aus 23 solcher Sonderbezirke, welche mit „ku“, wie Sumida-ku, bezeichnet werden. Der Regierungssitz selbst befindet sich im Bezirk Shinjuku. Obwohl Tokyo im Jahr 1943 als Verwaltungseinheit abgeschafft wurde, wird auf nationalen und internationalen Karten für ein leichteres Verständnis noch immer Tokyo als der Regierungssitz angegeben.
Um die Verwirrung komplett zu machen, gibt es darüber hinaus auch die Metropolregion Tokyo. Diese besteht aus der Präfektur Tokyo selbst plus der Nachbarpräfektur Chiba, in der sich auch der internationale Flughafen Narita befindet. Außerdem die Präfektur Tochigi, die unter anderem für Hakone bekannt ist, Gunma mit dem bekannten Kusatsu Onsen, Ibaraki, die Heimat des Natto, Kanagawa mit der Hafenstadt Yokohama und nicht zuletzt Saitama, die für viele Arbeiter in Tokyo als Wohnort dient.
Zur Präfektur Tokio gehören außerdem mehr als 60 kleinere Inseln, von denen die am weitesten entfernten, die Ogasawara-Inseln, etwa 1000 Kilometer von der Hauptinsel entfernt im Pazifischen Ozean liegen.
Ein kleiner Ausblick auf das alte Edo
Abgesehen von einigen wenigen Siedlungen in der Gegend wird Edo vor dem 10. Jahrhundert in historischen Aufzeichnungen nicht genannt. Die Stadt Edo wird erstmals in den Chroniken von Azuma Kagami erwähnt, obwohl sich dieser Name für das Gebiet wahrscheinlich erst in der zweiten Hälfte der Heian-Zeit durchgesetzt hat.

Erst nachdem Tokugawa Ieyasu im Jahr 1600 die Schlacht von Sekigahara gewonnen hatte und das Togugawa Shogunat gründete, wurde Edo zum politischen Machtzentrum und zur eigentlichen Hauptstadt Japans. Allerdings blieb auch die historische Hauptstadt Kyoto als Sitz des Kaisers von Rechts wegen gesehen weiterhin die Hauptstadt. Schnell vergrößerte sich Edo immer weiter und war im Jahr 1721 sogar die weltweit größte Metropole mit einer geschätzten Einwohnerzahl von ca. 1.000.000. Rund die Hälfte von ihnen gehörten der Kriegerklasse an. Die anderen waren einfache Stadtbewohner. Zu diesen Hunderttausenden von Angehörigen der Kriegerklasse gehörten die Gefolgsleute des Shogunats, die Daimyos und ihre Familien aus bis zu 280 Klans im ganzen Land sowie ihre Gefolgsleute, die in den Häusern der Daimyos dienten.
Im 18. Jahrhundert ging der wirtschaftliche Einfluss der Samurai immer mehr zurück, sodass die wohlhabenden Kaufleute nun eine zentrale Rolle in der Edo-Kultur spielten. Viele dieser Kaufleute entschieden sich dafür, sich in der Region Nihonbashi niederzulassen. In den Stadtteilen Fukiyacho und Sakaicho in Nihonbashi versammelten sich die Zuschauer schon am frühen Morgen, um die dortigen Aufführungen von Kabuki-Theaterstücken und Puppenspielen zu sehen, deren Handlung die Bürger der Stadt begeisterten. Unter ihnen waren auch einige, die miteinander konkurrierten und dabei viel Geld in Autoren und Schauspieler investierten. Haiku-, Kyoka- und Senryu-Gedichte waren ein beliebter Teil der Kultur des Selbstausdrucks.

Des Weiteren investierten einige von ihnen in Verlage und trugen den Holzschnitt in die Welt hinaus, nachdem sie ihre eigenen Verlagsunternehmen gegründet hatten. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Produkten für Frauen, wie z. B. dekorativen Haarnadeln, und für Männer, wie z. B. Taschenbüchern und Tabakbeuteln, verfeinerten sich die kunsthandwerklichen Fertigkeiten und es entstanden ganz neue Stilrichtungen in der einzigartigen Edo-Kultur. Die Entstehung vornehmer Restaurants, in denen wohlhabende Bürger verkehrten, führte dazu, dass auch die Essenskultur in Edo sich weiterentwickelte.
Die Popularisierung der Edo-Kultur war im 19. Jahrhundert so weit vorangetrieben worden, dass sich die Nachfrage nach Farbholzschnitten und Buchverleihen unter den Bürgern der Mittel- und Unterschicht verbreitet hatte. Zu den wichtigsten Beispielen gehören auch die Soba-Läden, die Izakaya, die Sushi-Läden, die humoristischen Darbietungen und die Theateraufführungen im Ryogoku Hirokoji.
Zur Zeit der Meiji-Restauration im Jahr 1868, als das Tokugawa-Shogunat endete und die kaiserliche Herrschaft wiederhergestellt wurde, zog der Kaiser nach Edo, das daraufhin in Tokyo umbenannt wurde. Damit wurde Tokyo die alleinige Hauptstadt Japans.
Wer sich für die Geschichte von Edo und des alten Tokyos interessiert, dem kann man ohne zu zögern das Edo Tokyo Museum empfehlen. Hier gibt es nicht nur eine originale Nachbildung der alten Nihonbashi-Brücke und regelmäßige Live-Aufführungen, sondern die gesamte Geschichte der alten Hauptstadt wird hier mit Fotos, Berichten, Dioramen, Nachbildungen von Häusern, Autos und Werkzeugen in Originalgröße wieder zum Leben erweckt. Auch die einzelnen Aspekte der Kultur sowie die Kleidung werden hier thematisiert. Darüber hinaus gibt es eine ausführliche Ausstellung darüber, wie sich private Wohnungen mit ihren Einrichtungen im Laufe der Zeit verändert haben.
Tokyo in allen Himmelsrichtungen
Die Präfektur Tokyo besteht, wie zuvor erwähnt, aus insgesamt 23 Sonderbezirken, die jeweils als eigene Stadt innerhalb der Präfektur funktionieren. Das kann man auch daran erkennen, dass jeder Bezirk seine eigene lokale Regierung und ein eigenes Rathaus hat. Beinahe jeder Bezirk hat seine eigenen Besonderheiten zu bieten. Die Größe der Häuser, die Vielseitigkeit der lokalen Parks und das Angebot von Restaurants oder kulturellen Angeboten. Aus der Vogelperspektive von einem der bekannten Aussichtspunkte aus kaum zu erkennen, hat diese Stadt mehr zu bieten als nur knallige Werbung, blinkende Lichter und im Sonnenlicht schimmernde Glasfassaden.
Am dichtesten bevölkert sind die fünf zentralen Bezirke von Tokyo. Minato ist voller Geschäfte, Nachtleben und Wahrzeichen wie dem Tokyo Tower. Shibuya ist ein absolutes Mekka für Tokyos Jugendkultur und unter anderem berühmt für seine Kreuzung, während Chiyoda als das politische Herz der Nation gilt und neben Akihabara auch den Tokyo Budokan und den Kaiserpalast beherbergt. Hier befindet sich auch Shinjuku mit dem weltweit verkehrsreichsten Bahnhof und dem Unterhaltungs- und Rotlichtbezirk Kabukicho. In Chuo befindet sich nicht nur das Einkaufsviertel Ginza, sondern auch der berühmte Tsukiji Fischmarkt Ningyocho und die Amazake Yokocho Einkaufsstraße.
Wer das alte Tokyo erleben möchte, sollte sich auf den Weg nach Osten machen. In Arakawa gibt es noch die Atmosphäre von Tokyo aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg, während in Bunkyo neben dem Tokyo Dome viele bedeutende Kulturstätten zu finden sind. In Taito befindet sich unter anderem der berühmte Sensoji Schrein und der berühmte Ueno Park mit seinen Museen. In Sumida wird neben dem Tokyo Skytreee auf vielseitige Weise das alte Edo lebendig, hier gibt es neben dem Hokusai Museum auch das Edo Tokyo Museum. Koto beherbergt darüber hinaus den weltweit größten Fischmarkt, Toyosu, während Arbeitersiedlung Edogawa das U-Bahn Museum und das BONSAI Museum bietet.

Der Norden Tokyos ist eher ein Wohngebiet und wird im Allgemeinen weniger von Touristen besucht. Adachi ist nicht nur der Ort, an dem die meisten Autos angemeldet werden, die in Tokyo fahren, sondern bietet mit dem Tochi Nogyo Koen auch einen weitläufigen Park mit 50 Kirschblüten Arten am Ufer des Arakawa Flusses. Kita eignet sich perfekt für einen Einkaufsbummel, Itabashi bietet erholsame Ruhe während Toshima zugleich mit einer Fülle von Einkaufsmöglichkeiten wie in Ikebukuro glänzt.
Der Süden bietet einen ausgedehntem Blick auf den Hafen und einige der begehrtesten Vorstädte Tokyos. Shinagawa ist weit mehr als ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt, Ota ist der internationale Zugangspunkt zu Tokyo, und Meguro selbst zählt zu den begehrtesten Wohngebieten von ganz Japan.
Im Westen Tokyos kann man der Hektik des Zentrums perfekt entkommen. Nakano ist ein beliebter Anlaufpunkt für Fans von Anime und Manga. Suginami City mit seinen traditionellen Einkaufsstraßen ist gespickt mit modernem Vorstadtflair. Das florierende Setagaya ist der bevölkerungsreichste aller Stadtbezirke, mit zahlreichen riesigen Parks und das familienfreundliche Nerima ist ebenfalls äußerst beliebt und bietet wunderschöne Schreine und Parkanlagen.
Leben in der Hauptstadt und ein Teil der Gemeinschaft sein
Natürlich unterscheidet sich das Leben in Tokyo je nachdem in welcher Region man wohnt und auch was der persönliche Hintergrund ist. Dennoch gibt es einige Dinge, die sich, egal wo man sich befindet, zunächst kaum unterscheiden. Zuerst muss man sagen, dass man sich in Tokyo fast überall zu jeder Tageszeit sicher fühlen kann. Selbstverständlich gibt es auch in Tokyo wie im Rest der Welt kriminelle Energie, wie man es an den zahlreichen „Gesucht“-Aushängen der Koban sehen kann. Doch es kommt selten bis nie vor, dass man sich um die eigene Sicherheit fürchten muss, selbst wenn man sich auf einen Spaziergang in der Dunkelheit begibt.
Außerdem findet man überall die bekannten Koban-Polizeihäuser, die nicht nur Tag und Nacht besetzt sind, sondern deren Polizisten auch regelmäßig in der unmittelbaren Umgebung auf Streife gehen.
Man nicht außerdem auch nicht umsonst, dass Tokyo eine der weltweit saubersten Städte ist. Das ist in Anbetracht dessen, dass es sich hier um eigentlich 23 Städte handelt, die innerhalb der Präfektur ganz dicht beieinanderliegen, sehr beeindruckend. Natürlich unterscheidet sich der Aspekt der Sauberkeit an den großen zentralen Hotspots von denen der etwas abgelegeneren Orte wie verschiedene Flussufer. Hierzu haben sich jedoch die Tokyo Riverfriends zusammengetan, die ehrenamtlich regelmäßig kiloweise Müll zusammentragen und entsorgen, um auch die weniger beachteten Orte von Tokyo sauber zu halten.
Auch wenn es in Tokyo vergleichsweise wenig Obdachlose gibt, ist das Leben in der Stadt, was den Wohnraum betrifft, relativ teuer und somit haben viele Menschen auch damit zu kämpfen, mit dem Geld für ihre Familien auszukommen. Angesichts dessen wurde das Projekt Second Harvest Japan ins Leben gerufen, eine Foodbank für alle bedürftigen Menschen in Tokyo. Auch hier finden sich Tag für Tag ehrenamtliche Helfer aller Altersklassen ein und leisten ihren Dienst für die Gemeinschaft.
Natürlich kommt es auch immer darauf an, wo man selbst lebt und wie nahe man im Zentrum der Präfektur leben möchte, wenn es um die Preise für den Wohnraum geht. Im Schnitt kann man aber sagen, dass der Quadratmeterpreis verglichen mit den meisten Städten in Deutschland weitaus höher ist. Natürlich kann man auch in Berlin, Hamburg oder München ein halbes Vermögen für eine relativ kleine Wohnung bezahlen.

Wenn man jedoch z. B. in Berlin in einer 45 m² großen Wohnung in einigermaßen angenehmer Lage lebt, muss man damit rechnen, für knapp die Hälfte der Fläche in einigermaßen zentralen Gegenden von Tokyo mindestens das Gleiche zu bezahlen. Wer allerdings lieber ein wenig weg vom Zentrum leben möchte, der kann hier natürlich in Sachen Miete einiges sparen.
Die Einkaufsmöglichkeiten sind in Tokyo schier unbegrenzt. Vom praktischen Konbini, wie man ihn beinahe an jeder Straße mehrfach findet, über die zahlreichen Drugstores bis zu den großen und kleinen Supermärkten mit oftmals unterschiedlichen Preisen und Angebotspaletten gibt es einfach alles. Wer einige Zeit in Tokyo lebt, der merkt schnell, dass es sich auszahlen kann, je nachdem was man benötigt, auch unterschiedliche Geschäfte aufzusuchen.
Bei einem Laden ist das Obst günstig, beim anderen Gemüse, und wieder andere Läden verkaufen günstig Fleisch, Fisch oder internationale Zutaten. Die Miete mag oftmals sehr hoch sein in Tokyo, doch mit ein bisschen Aufmerksamkeit kann man auch in einem der teuersten Orte der Welt recht preisgünstig leben.
Auch Restaurants, Bars und Izakaya gibt es in der Präfektur Tokyo in Hülle und Fülle und viele von ihnen sind auch gar nicht teuer. Es ist ein leichtes, regelmäßig in Tokyo außer Haus zu essen, ohne dabei zu viel Geld ausgeben zu müssen. Dies zeigt aber auch, welchen Stellenwert diese Kultur des Essen innerhalb der arbeitenden Bevölkerung hat. Ob man gemeinsam mit den Kollegen in ein eher traditionelles Restaurant einkehrt, um zu Mittag zu essen, oder allein stehend an einer Bar eine große Portion Ramen genießen will, alles ist möglich. Durch die Geschichte der Präfektur und der unmittelbaren Nähe zueinander bieten die Bezirke von Tokyo beinahe für jeden Lebensstil etwas passendes.
Mehr als nur Beton und Licht
Es wäre nicht fair, die Präfektur Tokyo einfach nur auf den Aspekt der Weltmetropole zu reduzieren. Aufgrund dessen, dass es sich eigentlich um 23 Städte handelt, welche erst einmal nur sehr nahe beieinander liegen, kann man gerade aus der Distanz betrachtet schnell das Gefühl bekommen, dass diese Stadt nur aus Hektik, Lärm und Licht besteht. Doch ist es die Vielseitigkeit dieser Präfektur, welche sie so spannend macht.
Ruhige Parks, moderne Geschäftsviertel, aber auch Einkaufsviertel mit einer langen Geschichte, die bis ins alte Edo zurückreicht, sind die Aspekte, auf die man sich bei einem Besuch in Tokyo freuen kann. „Tradition trifft Moderne“ ist hier eindeutig der passende Werbeslogan und beschreibt diesen Schmelztiegel aus Technik, Kultur und Menschlichkeit sehr treffend.
Mehr zu Tokyo und was man auf seiner Reise alles unternehmen kann, findet man auf der offiziellen Tourismus-Webseite der Präfektur.