Der Frühling ist für viele die schönste Jahreszeit in Japan. Taucht das Land erstmal in das schöne Zartrosa der vielen Kirschbäume, treffen sich die Japaner zum Picknick im Park, stoßen mit Sake an, reisen durchs Land und zelebrieren den Frühlingsanfang. Wie feiert man aber ein japanisches Hanami, was gilt es zu beachten und warum pflegen die Japaner überhaupt so viele Rituale rund um das Betrachten der Kirschblüten?
Während wir in Deutschland noch mit den Folgen des langen Winters zu kämpfen haben, begrüßen die Japaner in diesem Jahr einen frühen Frühling. In Tokyo hat sie bereits begonnen, die Blütezeit der Sakura, der japanischen Kirschblüte. Schon seit kurz nach Jahresbeginn berichten Meteorologen über den Stand der Blüte und wo und wann die Kirschbäume zu blühen beginnen werden.
Während in Okinawa die ersten Blüten schon im Januar zu sehen sind, erblühen die Kirschbäume im nördlichen Hokkaido erst im Mai. In Tokyo ist es meist Ende März bis Anfang April soweit. Wenn die ersten Blüten austreiben und die Millionenmetropole in ein rosa und weißes Blütenmeer tauchen, dann steht der japanische Alltag für ein paar Tage auf dem Kopf.
Kaufhäuser und Restaurants bieten Kirschblüten-Specials an, Geschäftsbankette werden vorbereitet und Shops bieten unzählige Souvenirs, Reiskuchen und frühlingstypische Leckereien an. Hinzu kommen schier unglaubliche Menschenmassen, die sich durch die Stadt schieben, um das vergängliche Naturspektakel zu bewundern.

Die Kirschblüte – Japan im rosa-weißen Blütenmeer
Das Betrachten der Kirschblüten wird in Japan Hanami (jap. 花見, „Blüten betrachten“) genannt. Der Legende nach erfreuten sich schon die Herrscher der Nara-Periode (710-784) an den ersten Blüten des Frühlings und schriftliche Aufzeichnungen aus der Heian-Zeit (794 bis 842) belegen, dass der Brauch des Hanami mit einem Frühlingsritual in Verbindung stand, nach dem man die Götter jeweils zu Beginn der Pflanz-Saison um eine gute Reisernte bat. Da die japanischen Gottheiten des Shintoismus in den Kirschbäumen vermutet wurden, legte man Opfergaben zu ihren Füßen und veranstaltete „Blütenschau-Feste“, zu denen reichlich Sake ausgeschenkt wurde.
Hanami, also das Betrachten der Kirschblüte, wird auch heute im ganzen Land zelebriert. Am liebsten feiern die Japaner die Farbenpracht mit ausgedehnten Picknicks und Festen unter den Kirschbäumen. Dazu breitet man blaue Plastikplanen aus, verspeist mitgebrachtes Essen und stößt feucht-fröhlich mit japanischem Sake an. Am Abend werden die Baumkronen angestrahlt, auch für dieses Event gibt es einen eigenen Namen: Yozakura.
Die meisten Japaner gehen gleich mehrmals zu sogenannten Hanami-Partys, sei es mit der Familie, mit ihren Liebenden oder mit Freunden. Mit den Arbeitskollegen die Kirschblüte zu betrachten ist meist sogar Pflicht. Hier geht es etwas ausgelassener zu, es wird Sake getrunken und gemeinsam gegessen. Ein Hanami soll den Zusammenhalt unter Kollegen stärken. Üblicherweise bringen alle Geladenen etwas zu Essen mit. Das können saisonale Spezialitäten sein, handgemachte Snacks oder exquisite Leckereien wie Gebäck und Kuchen. Viele Frauen tragen zu Ehren der Kirschblüte einen traditionellen Kimono, was dem Event einen besonderen Flair verleiht.
Nur wenige Tage dauert das vergängliche Naturschauspiel, das Japan im Frühling in ein rosa und weißes Meer taucht und dem so viele Menschen fiebernd entgegensehen. Sakura stehen in Japan sowohl für den Beginn und die Vergänglichkeit des Lebens, als auch für die Zerbrechlichkeit von Dingen. Lange haben die Japaner die Kirschblüte zur Nationalblume erklärt. Volkslieder und Gedichte widmen sich ihrer Farbenpracht und die Kirschblüte ziert Münzen und Prospekte, die zu einer Reise ins Land der aufgehenden Sonne einladen.
Parks und Grünanlagen im Land wurden teils extra so konzipiert und bepflanzt, dass die Kirschbäume zur Zeit der Blüte ihre volle Pracht entfalten und ein undurchdringliches Blütendach bilden, unter dem die Menschen verweilen können. In Tokyo zieht es besonders viele Menschen in den Shinjuku-Gyoen oder in den Inokashira-Park in Ueno, in dem sich das Blütenmeer besonders schön im Wasser widerspiegelt.

Hanami feiern – Was gilt es zu beachten?
Wer zu einem Hanami eingeladen wird, der sollte nicht mit leeren Händen erscheinen, immerhin möchte man den Frühlingsbeginn feiern und das nicht selten bis spät in die Nacht hinein. Für Essen muss auch bis in die späten Abendstunden gesorgt sein, daher sollte man ein paar kleine Snacks oder eine Bento-Box dabei haben. Am besten sind dabei mundgerechte Speisen und kleine Snacks, die wenig Zubereitung brauchen und auch nicht kleckern oder matschig werden. Wie wäre es denn zum Beispiel mit selbstgemachten Onigiri – japanischen Reisbällchen – oder einem Mix aus kleinen Fingerfood-Spezialitäten?
Ein weiterer Punkt ist praktische Kleidung. Zwar ist es in Japan im Frühling schon sehr viel angenehmer als bei uns, doch auch hier kann es in den Abendstunden sehr frisch werden. Am besten packt man einen Schal und eine warme Jacke für die Abendstunden ein, denn wer lange draußen sitzt, der wird auch anfangen zu frieren.
Zwar wird der Anblick immer seltener, doch viele Japanerinnen ziehen es vor, den Kirschblüten zu Ehren einen traditionellen Kimono zu tragen. Wer dies auch machen möchte, der sollte beachten, dass dieser durch umgefallene Getränke und Essensreste verschmutzen könnte. Am besten verzichtet man für das Hanami auf einen traditionellen Seidenkimono und nimmt mit einfachen Baumwollkimonos vorlieb, die sich später problemlos in der Waschmaschine waschen lassen.

Die schönsten Plätze unter dem rosa-weißen Blütenmeer sind heiß begehrt. Daher lohnt es sich, schon früh einen Platz auszusuchen und gegebenenfalls zu reservieren. Einige Unternehmen schicken ihre Neulinge sogar schon am Vorabend an die begehrten Plätze, um einen Platz unter den Kirschbäumen freizuhalten. Die blauen Sitz-Planen zum Reservieren kann man in der Regel in jedem Supermarkt oder Conbini erwerben. Auch an die Abfälle sollte gedacht werden, denn Müll und Essensreste zu hinterlassen ist ein absolutes No-Go. Für diesen Zweck ist es ratsam, ein paar Müllsäcke mit einzupacken.
Übrigens: Die goldene Schuhe-Aus-Regel, die wir schon in unserem Beitrag zu einem japanischen Hausbesuch erwähnten, gilt auch auf den blauen Sitzplanen.
Hanami – Eine wunderbare Gelegenheit, mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen
Wie schon erwähnt, können die Hanami-Feste zu ausgelassenen Trinkgelagen werden, in denen die sonst so zurückhaltenden Japaner aufblühen und ihre Hemmungen fallen lassen – das gilt besonders für die Englischkenntnisse. Im Alltag sind Japaner häufig zu unsicher, um Englisch zu sprechen – zu groß ist die Angst vor eventuellen Fehlern und Missverständnissen. Nach ein paar Gläsern Sake sieht die Welt jedoch ganz anders aus und es kommt nicht selten vor, dass Japaner westliche Touristen zum Mitfeiern einladen. Wer also ganz unkompliziert mit Japanern in Kontakt treten möchte, dem sei geraten, ein wenig unter den Kirschblüten spazieren zu gehen und sich eventuell dem ein oder anderen Hanami-Fest anzuschließen.