Hikikomori – die sozial Isolierten – sind Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen aus der Gesellschaft zurückziehen. Oft sind Ängste über die eigene Unzulänglichkeit die Hauptursache für die selbstgewählte Isolation.
Nun versuchen Kommunen in ganz Japan, diese sozialen Einsiedler zurück in die Gesellschaft zu integrieren. Die Zielgruppe sind isolierte Menschen mittleren Alters. Dabei steht nicht allein die Integration in den Arbeitsmarkt im Fokus, sondern die umfassende soziale Reintegration.
540.000 Menschen leben in freiwilliger Isolation
In Japan gib es momentan etwa 540.000 Menschen im Alter von 15 bis 39 Jahren, die sich für mindestens 6 Monate oder länger komplett von der Außenwelt isolieren. Das ergaben Schätzungen der Regierung aus dem Jahre 2016. Gründe für die Isolation sind in der Regel Versagensängste oder immense finanzielle Belastungen, die in psychischen Stresssituationen und Isolation münden. Oft können diese Menschen ihre Eltern im Alter nicht mehr angemessen finanziell oder anderweitig unterstützen.
Schon Anfang der 2000er Jahre versuchte die Regierung Japans, mit Berufsausbildungsprogrammen dieser Entwicklung entgegenzusteuern. Diese Bemühungen richteten sich an sozial isolierte Personen unter 40 Jahren. Allerdings konnten einige die Anforderungen nicht erfüllen und rutschten durch das System. Das Programm stieß somit an seine Grenzen.
Ein neuer Ansatz für Hikikomori
Hokkaidos Hauptstadt Sapporo versuchte, mit einem anderen Ansatz das Problem anzugehen. So führt seit Juni die gemeinnützige Organisation „Letter Post Friend Consultation Network“ eine monatliche Gruppensitzung mit dem Namen „Yoridokoro“ durch. Diese Sitzungen zielen darauf ab, durch gemeinsame Gespräche unter Betroffenen, diese schrittweise in die Gesellschaft zurückzubringen. Betreuer dieser Gruppen sind Personen, die einst ebenfalls als Hikikomori aus der Gesellschaft herausfielen. Unterstützend begleiten Sozialarbeiter mit psychiatrischem Hintergrund die Sitzungen.
Innerhalb eines Jahres erhielt die lokale Regierung in Sapporo 1.000 Anfragen von Familien, die ein isoliertes Mitglied vorweisen können. Oft betrifft es Menschen im Alter um die 50, deren Eltern um die 80 Jahre alt sind. Beide Parteien sind dann in einem Alter, in dem Krankheiten auftreten. Die finanzielle Belastung kann dann überhand nehmen. Japan nennt dies das „80/50-Problem“. Das Sozialministerium Japans versucht darum, mehr kommunale Versammlungsstätten zu schaffen, um den Betroffenen einen Raum zur Kontaktaufnahme und Resozialisierung zu ermöglichen. Dort sollen sie Kraft unter Gleichgesinnten schöpfen, um schrittweise in die Gesellschaft und den Alltag zurückzufinden.
Quelle: Japan Today