In japanischen Love Hotels finden Liebende jene Privatsphäre, die im Alltag zu kurz kommt
In Japan besuchen täglich mehr als 2 Millionen Menschen ein sogenanntes Love Hotel (jap. ラブホテル Rabu Hoteru). Sucht man nach einer deutschen Entsprechung für das Love Hotel, dann kann man wohl am Ehesten ein Stundenhotel in Betracht ziehen.
Über 30.000 dieser Stundenhotels findet man im ganzen Land verteilt. Sie sind keine Bordelle oder ähnlich zwielichtige Etablissements, sondern Orte, wo Liebende jene Privatsphäre genießen können, die in ihrem streng reglementierten Alltag manchmal etwas zu kurz kommt.
Hier kann man sowohl traute Zweisamkeit genießen, als auch seine verborgenen Wünsche und Fantasien ausleben. Doch Love Hotels in Japan bieten nicht nur einen Ort für Sex und Intimsphäre, sondern ein Gesamterlebnis, das weltweit seinesgleichen sucht.

Ob mittelalterlicher Kerker, Traumschloss, Raumschiff oder Klassenzimmer – der Fantasie werden keine Grenzen gesetzt
In der vielfältigen Erlebnis- und Märchenwelt der Love Hotels gibt es eigentlich nichts, was es nicht gibt. Ob Samurai-Gemach aus der Edo-Zeit, tropischer Wasserfall im Amazonas, ein Nomadenzelt mitten in der Sahara oder ein im Stil von Versailles eingerichtetes Turmzimmer …
Die Erbauer und Ausstatter der Love Hotels haben mit ihren Themenhotels – und zimmern einen erstaunlichen Ideenreichtum an den Tag gelegt. Verglichen mit den häufig eher kleinen Wohnungen der Japaner sind die Zimmer in Love Hotels ein unvorstellbarer Luxus und eine willkommene Gelegenheit, dem Alltag zu entfliehen und sich zumindest für wenige Stunden in eine andere Zeit oder an einen anderen Ort versetzen zu lassen.
Dass nicht alle Love Hotels über solch luxuriös ausgestatteten Themenzimmer verfügen, verrät ein Blick auf die Preislisten der Hotels. In der Regel muss man für ein normal ausgestattetes Zimmer ohne jeglichen Kitsch zwischen 50 und 150 Euro die Nacht hinblättern.
Je nach Ausstattung können die Preise zwar ins Unermessliche steigen, jedoch sind sie – verglichen mit herkömmlichen Hotels – recht kostengünstig und werden aus diesem Grund auch gerne von Touristen als preiswerte Unterkunft genutzt.

Keine Namen und keine Gesichter – Diskretion als oberstes Gebot
Da sich hier nicht nur junge Paare, sondern auch außereheliche Affären zum gemeinsamen Schläferstündchen niederlassen, gilt absolute Diskretion.
Parkplätze und Nummernschilder werden weitgehend vor den Augen der Öffentlichkeit abgeschirmt, die Eingänge sind verschachtelt, Fenster gibt es kaum und bei der Buchung der Zimmer müssen keine Namen, Adressen oder Unterschriften preisgegeben werden.
In der Regel werden die verfügbaren Zimmer auf einer elektronischen Bildtafel nahe dem Eingang angezeigt und der Kunde wählt per Knopf aus, in welches Zimmer er einziehen möchte. Dabei muss er auswählen, ob er das Zimmer nur für wenige Stunden oder für die ganze Nacht buchen möchte.
In der Regel bleiben die meisten Besucher nur für eine Stunde. Falls es überhaupt so etwas wie eine Rezeption gibt, dann sieht man von der dort sitzenden Person allenfalls die Hand. Meist wird die Rechnung per Rohrpost direkt aufs Zimmer geschickt und auch auf diesem Wege bezahlt. Hauptsache diskret, anonym und verschwiegen.

Von Kosmetika, über Sexspielzeuge bis hin zu Karaoke-Mikrofonen – im Love Hotel gibt es nichts, was es nicht gibt
Hat man einmal sein Zimmer betreten, kann man das Love Hotel in der Regel auch nicht mehr verlassen, sonst erlischt der Anspruch auf den Raum. Zur Grundausstattung gehören ein riesiges Doppelbett, ein luxuriös ausgestattetes Bad mit Whirlpool, eine riesige Fernsehleinwand, eine Karaoke-Maschine, Videospiele, eine Mini-Bar und ein im Bett eingebautes Regelungssystem für die Beleuchtung rund um das Gemach.
Zu den kostenpflichtigen Extras, die man hier erwerben kann, gehören z.B. diverse Sexspielzeuge, Videoausrüstung, Massagesessel, Doktorstühle, Kostüme für das Liebesspiel (z.B. knappe Schuluniformen oder sexy Krankenschwesteroutfits) und eben manchmal auch etwas verstörend anmutende Dinge wie Windeln und Töpfchen.

Nicht nur ein Ort für Sex und Zweisamkeit, sondern ein außergewöhnliches Gesamterlebnis
Ob mittelalterlicher Kerker, Hello-Kitty-Traumschloss oder eben doch nur ein ganz normales Zimmer für traute Zweisamkeit: Love Hotels, so absurd sie dem westlichen Betrachter manchmal erscheinen dürften, gehören ebenso zur japanischen Alltagskultur wie Panchinko-Hallen, Host-Clubs und Karaoke-Bars.
Für viele Paare – überwiegend Studenten, die noch zuhause wohnen und daher kaum Möglichkeit haben, mit ihrem Partner zu nächtigen – stellen die Love Hotels die einzigen Orte dar, an denen sie aus der strukturierten Gesellschaft ausbrechen und ihre Liebe, ihre Fantasien und ihre Geheimnisse ausleben können. Doch sind die Love Hotels nicht nur Orte für Sex und traute Zweisamkeit: sie bieten auch Freunden nach einem gemeinsamen Shopping-Trip, Partygängern nach einer durchzechten Nacht oder Reisenden aus dem Ausland ein willkommene Gelegenheit, sich für ein paar Stunden oder die ganze Nacht auszuruhen.
Lange hat sich das Konzept dieser Stundenhotels zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt, denn das Love-Hotel-Business ist lukrativ: ein Zimmer kann an einem Tag mehrmals vermietet werden, sofern es richtig sauber gemacht wird. Und das scheint auf wundersame Weise zu klappen. Sonst würden wohl kaum über 2 Millionen Menschen pro Tag ein Love Hotel besuchen.

Infos für einen Besuch
- Preise: Je nach Größe, Ausstattung und Aufenthaltslänge variieren die Preise stark. Besonders zu beachten: Die Preise am Wochenende sind in der Regel höher als unter der Woche
- Einlass: Auch wenn nicht überall darauf geachtet wird: Kein Einlass unter 18 Jahren. Traurig aber wahr: auch ausländische und gleichgeschlechtliche Paare werden nicht überall gerne gesehen. Zwar werden sie nicht rausgeworfen, aber es kommt nicht selten vor, dass wie durch ein Wunder alle freien Zimmer belegt sind, wenn ein ausländisches Paar den Eingangsbereich betritt.
- Bezahlung: Bezahlt wird in der Regel am Automaten im eigenen Zimmer. Akzeptierte Zahlungsweisen sind Bargeld und japanische Kreditkarten. Kreditkarten aus dem Ausland werden in vielen Love Hotels noch nicht akzeptiert, daher empfiehlt es sich, zur Sicherheit auch Bargeld parat zu haben.