Das japanische Neujahrsfest Oshōgatsu (jap. お正月) ist eines der wichtigsten Events in Japan und hat einen sehr viel höheren Stellenwert als das hierzulande beliebtere Weihnachtsfest. Doch wie feiert man den Jahreswechsel im Land der aufgehenden Sonne eigentlich?
In Japan kommen weniger zu Weihnachten, sondern zum Jahreswechsel Familien zusammen. Über die Weihnachtstage wird in der Regel noch normal geschuftet und allenfalls Verliebte nutzen die romantische Stimmung für Zweisamkeit. Das Stark von religiösen Bräuchen und Traditionen geprägte Neujahrsfest hingegen wird zumeist umfangreich vorbereitet. Für euch haben wir die wichtigsten Informationen und Begriffe rund um das japanische Neujahr zusammengetragen.
Bōnenkai (jap. 忘年会) – Die Jahresendfeier

Die zumeist ausufernden Trinkgelage von Firmenangestellten und Freundeskreisen sind zwar kein offizieller Teil des japanischen Neujahrsfests, gehören aber für die Mehrheit der Gesellschaft zum gebührenden Abschluss eines Jahres dazu. Das in der Regel vom Arbeitgeber organisierte Event dient dazu, sich gemeinsam zu betrinken und das zum Ende gekommene Jahr emotional hinter sich zu lassen. Wenn es der Verstand nach dem Konsum von Sake, Shochu und allerlei anderen Alkoholika dann noch erlaubt, dann wird an diesem Abend auch gerne Vergangenes reflektiert und eventuell verbliebene Unklarheiten und Ärgernisse aus dem Weg geräumt. Das sogenannte Pendant zum Bōnenkai-Trinkgelage ist die sogenannte Neujahrsfeier (Shinnenkai 新年会), die üblicherweise im Januar stattfindet und das Ziel verfolgt, alle Angestellten gebührend auf das neue Jahr einzustimmen und sich über den ein oder anderen Neujahrsvorsatz auszutauschen.
Nengajō (jap. 年賀状) – Neujahrskarten

Neujahrskarten sind in Japan so bedeutsam, dass die japanische Post kurz vorm Jahreswechsel größte Anstrengungen unternehmen muss, um der Flut an Karten gerecht zu werden. Die mit Erinnerungsfotos, Danksagungen und Wünschen für das bevorstehende Jahr beschriebenen Karten können in eigens für sie aufgestellte Briefkästen geworfen werden, um sicherzugehen, dass die Neujahrspost auch rechtzeitig zum neuen Jahr ankommt.
Oseibo (jap. お歳暮) – Neujahrsgeschenke

Wichtige Geschäftspartner, Bekannte, Freunde oder Menschen, die einem im vergangenen Jahr etwas Gutes getan haben, werden zum neuen Jahr auch gerne mal mit einem kleinen Geschenk bedacht. Weil die meisten Menschen zum Jahresende (und eigentlich das ganze Jahr über) schwer beschäftigt sind, bieten die meisten Kaufhausketten und Geschäfte bereits geraume Zeit vor Neujahr fertig verpackte und mit Grüßen versehene Geschenke inklusive Lieferung an.
Susuharai oder Ōsōji (jap. 煤払い oder 大掃除) – Der traditionelle Neujahrsputz

Der Neujahrsputz ist tief in der japanischen Tradition verwurzelt und findet normalerweise am 13. Dezember statt, um rein und ohne Lasten in das neue Jahr zu starten. Heutzutage sind die Menschen bei der Einhaltung des Termins etwas flexibler geworde. Lediglich in Tempeln und Schreinen werden an diesem Tag die Besen geschwungen, der Staub gewischt und die Böden im Laufschritt poliert.
Kadomatsu und Kagami-Mochi (jap. 門松 und 鏡餅) – Neujahrsdekoration & Spiegelreiskuchen

Spätestens nach Abschluss der umfangreichen Putzarbeiten in japanischen Haushalten werden diese gleich für den Besuch des glückbringenden Toshigami-sama (Neujahrsgott) vorbereitet. Da Gottheiten gemäß japanischer Bescheidenheit den Menschen nicht ohne ausdrückliche Einladung einen Besuch abstatten, werden die meisten Wohnungen und Häuser im Eingangsbereich mit den sogenannten Kadomatsu – einem Bambus-Tannenzweig-oder Kieferngesteck – geschmückt, um den Göttern den Weg zu weisen.
Die traditionelle Opfergabe – eine aus zwei runden Reiskuchen und einer Dadai (Orangenart) bestehende Konstruktion – soll das Kommen und Gehen der Jahre, Yin und Yang, sowie das Fortbestehen von Generationen und ein langes Leben symbolisieren. Kagami-Mochi werden meist im traditionellen Hausaltar aufgestellt und werden heute von den meisten Menschen nicht mehr wie früher mühevoll von Hand gestampft, sondern im Supermarkt gekauft. Achtung: Die Neujahrsdekorationen sollten nicht am 29.12. oder am 31.12. aufgestellt werden, sondern nach Möglichkeit schon vor dem 28. Dezember.
Ōmisoka (jap. 大晦日) – Der letzte Tag des Jahres

Im Gegensatz zu den ausufernden Silvesterfeiern in Deutschland gilt der Jahreswechsel in Japan lediglich als Auftakt der eigentlichen Neujahrsfeierlichkeiten. Auf Raketen, Böller und ein Feuerwerk wartet man hier vergeblich.
Wer nicht gerade in Bars, Clubs oder auf der Straße den Countdown feiert, begnügt sich mit den alteingesessenen Fernsehprogrammen wie z.B. dem Kōhaku Uta Gassen (jap. 紅白歌合戦), einem Gesangswettbewerb, der seit über 50 Jahren die Einschaltquoten an Silvester für sich einnimmt. Auch zahlreiche Variety-Programme oder Kampfsport-Wettbewerbe gehören zum beliebten Fernsehprogramm für den Jahreswechsel.
Toshikoshi Soba (jap. 年越しそば) – Jahreswechsel-Soba

In Japan sind Buchweizennudeln – insbesondere die Toshikoshisoba aka. Soba zum Jahreswechsel – ein traditioneller Bestandteil des Silvesterabends und wer schon mal das Jahresende in Japan verbracht hat, wird sicherlich eine Portion Soba geschlürft haben.
Diese langen Buchweizennudeln symbolisieren ein langes Leben. Achtung: Wie auch bei einer Schale Reis sollte man hier keine einzige Nudel übrig lassen, da das Unglück mit sich bringen könnte.
Joya no kane (jap. 除夜の鐘) Neujahrs-Glocken

Statt dem in Deutschland üblichen Feuerwerk wird das neue Jahr in Japan mit dem Klang buddhistischer Tempelglocken eingeläutet. Insgesamt 108 Mal werden die teils riesigen Tempelglocken geschlagen, um die 108 weltlichen Begierden auszutreiben, damit die Seele rein und ohne Lasten in das neue Jahr übergehen kann.
Oshōgatsu (jap. お正月) – Happy News Year (jap. 明けましておめでとう)

Das Neujahrsfest ist das wichtigste Event für die Familie und am Neujahrsmorgen oder schon zuvor in der Nacht machen sich Millionen Menschen auf, um gemeinsam die lokalen Schreine und Tempel aufzusuchen und für Glück und Gesundheit im neuen Jahr zu beten. Die Kinder werden in der Regel beschenkt und wie bei uns zu Weihnachten wird ausgelassen zusammen gegessen.
Osechi Ryōri (jap. 御節料理) – Das Neujahrsessen

Das traditionelle Neujahrsessen besteht aus mehreren kleinen Gerichten und ist in der Regel aufwendig hergestellt, dekoriert und in prächtigen Kästen fein arrangiert. Den einzelnen Teilen des Festmahls werden glückbringende Eigenschaften zugesprochen und die Auswahl der Köstlichkeiten ist häufig regional beeinflusst.
In der Regel kommt die ganze Familie zusammen, um das Festmahl gemeinsam einzuläuten. Eine weitere Neujahrsspezialität ist übrigens die sogenannte Ozōni-Suppe (jap. お雑煮), in der ein Stück des traditionellen Reiskuchens schwimmt.
Otoshidama (jap. お年玉) – Neujahrsgeschenke

Ein aus dem alten China übernommener Brauch ist es, den Kindern kleine Neujahrsgeschenke in Form von Geld zu überreichen. Das Geld wird in kunstvoll verzierten Umschlägen und zumeist von Eltern, guten Freunden oder Verwandten übergeben.
Hatsuri (jap. 初売り) – Der Winterschlussverkauf

Eine etwas modernere Neujahrstradition ist der pünktlich zum neuen Jahr beginnende Winterschlussverkauf, der Millionen von Menschen auf die Straßen und in die Geschäfte lockt. Besonders beliebt sind hier die sogenannten Fukubukuro (jap. 福袋) aka Lucky Bags. Der Inhalt dieser undurchsichtigen Tüten ist meist um die 50% reduziert und birgt jede Menge Überraschungen.
Junge Menschen stehen teilweise stundenlang Schlange für die Lucky Bags angesagter Labels und vor den Kaufhäusern tummeln sich die Shopping-Begeisterten, um einzelne Teile ihrer Lucky Bags auszutauschen oder sie gemeinsam zu öffnen. Auch internationale Marken machen nicht Halt vor der japanischen Neujahrstradition: Selbst Apple verkauft seit einigen Jahren Fukubukuros für ca. 300 Euro, in denen man mit ganz viel Glück sogar ein MacBook erstehen kann.
O-Mochi (jap. お餅) – Japanische Reiskuchen

Ein Kilo Mochi soll der Durchschnittsjapaner laut den offiziellen Quellen im Jahr verspeisen. Das ist ganz schön viel, wenn man bedenkt, dass der Verzehr dieser schlichten Klöße aus Reismehl jährlich viele Menschenleben einfordert.
Aber es geht eben auch nicht ohne diese traditionelle Köstlichkeit mit den glückbringenden Eigenschaften, die zu Neujahr in einer Suppe und in der Regel mit süßen Azuki-Bohnen serviert wird. Auch werden die Mochis seit Jahrhunderten als Opfergabe an die Götter und Ahnen dargebracht und im hauseigenen Altar aufgestellt.
Der zum Teil noch traditionell hergestellte und unter ständigem Stampfen und Klopfen zubereitete Reis ist besonders klebrig und gehaltvoll. Diese Eigenschaft führt allerdings leider auch dazu, dass man in Japan alljährlich traurige Neujahrsbilanzen ziehen muss, wenn überwiegend ältere Personen Probleme haben, die klebrige Speise hinunterzuschlucken und daran ersticken.
Um derartige Vorfälle zu vermeiden, startet die Feuerwehr jedes Jahr zu Neujahr eine Informationskampagne, in der sie die den Menschen rät, die klebrigen Reiskuchen mit genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, sie vor dem Verzehr in kleine Stücke zu schneiden. Ältere Personen sollten die verhängnisvolle Köstlichkeit am besten im Beisein von anderen Menschen genießen.
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