Was ist das Besondere an der japanischen Küche und wie habe ich mich während des Essens zu verhalten? Ein Überblick über Tischmanieren und Gepflogenheiten der japanischen Esskultur.
In kulinarischer Hinsicht ist Japan ein Paradies, denn das Essen an sich genießt hier einen sehr viel höheren Stellenwert als bei uns und wird dementsprechend auch zelebriert und geliebt. Essen ist für Japaner nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern eine der größten Freuden des Lebens und zugleich eine Kunst, die immer wieder perfektioniert wird.
Was Zutaten, Auswahl, Spezialitäten und Arrangements der Gerichte angeht, sind die Varianten der japanische Küche grenzenlos. Wer sich vorher noch nie wirklich mit japanischem Essen beschäftigt hat, der wird feststellen, dass die japanische Küche weit mehr zu bieten hat als Sushi, Tempura und Ramen. Seit 2013 gilt die Küche aus dem Land der aufgehenden Sonne sogar als immaterielles UNESCO-Weltkulturerbe.

Ein besonderes Merkmal der traditionell japanischen Küche –Washoku– liegt in der Verbindung mit der Natur und ihren vielfältigen lokalen Zutaten. Dabei wird die Washoku-Küche stark von den Jahreszeiten geprägt und Gerichte, Gemüse und Fischarten wechseln je nach Saison. Gerade heute, wo insbesondere Früchte und Gemüse durch Import und Treibhauszüchtung jederzeit erhältlich sind, setzen die Japaner auf regionale und saisonale Produkte, um Naturverbundenheit und vor allem den gesundheitlichen Aspekt hervorzuheben. Kein Wunder, dass die japanische Küche als die gesündeste der Welt gilt und noch weniger wundert es, dass die Lebenserwartung unter Japanern so hoch ist.
Die Washoku-Küche steht im Allgemeinen für gesundes Essen, sowie Ausgewogenheit und dabei spielt auch die Ästhetik eine essenzielle Rolle. Die meisten japanischen Gerichte sind so kunstvoll angerichtet und aufeinander abgestimmt, dass selbst die Auswahl und die verschiedenen Farbkomponenten die Atmosphäre der jeweiligen Jahreszeit widerspiegeln. Auch der natürliche Eigengeschmack der einzelnen Komponenten und dessen Zusammenspiel mit anderen Zutaten spielt eine wesentliche Rolle in der japanischen Esskultur.

Anders als bei uns wird das Essen in Japan nicht auf einem einzigen Teller, sondern in vielen kleinen und kunstvoll angerichteten Schälchen serviert. Neben dem für Japaner so wertvollen Hauptnahrungsmittel Reis bildet Dashi – eine klare Brühe mit Meeresalgen und Bonito-Thunfisch-Flocken, eine wichtige Basis der japanischen Küche. Auf der Grundlage von Dashi werden allerlei Gerichte, Saucen und Suppen zubereitet. Zu einer Schale Reis gereicht werden in der Regel eine Suppe, eingelegtes Gemüse (Tsukemono), ein grüner Tee, Tofu und Fisch oder Fleisch, wobei Fisch und Meeresfrüchte eine noch wichtigere Rolle spielen als Fleisch.
In den vergangenen Jahrhunderten hat es die japanische Küche zudem geschafft, internationale Einflüsse aufzunehmen, an die eigenen Traditionen anzupassen und daraus etwas Eigenständiges zu schaffen. Ein berühmtes Beispiel dafür sind zum Beispiel Gyoza (Teigtaschen) und Ramen-Nudeln, die ursprünglich aus China stammen, in ihrer jetzigen Form aber ein japanisches Gericht darstellen.
Ebenso streng, wie die Japaner es mit Frische, saisonalen Zutaten, dem kunstvollen Arrangieren und der Ausgewogenheit natürlicher Zutaten nehmen, so genau achtet man hier auf Etikette und Grundregeln während des Essens. Zwar sind sich Japaner der Tatsache bewusst, dass ausländische Gäste nicht vollständig mit den japanischen Gepflogenheiten vertraut sein dürften und es wird dementsprechend auch nicht erwartet, dass man sich wie ein Japaner verhält, aber es kann nicht schaden, ein paar Grundregeln zu beachten, wenn man in Japan zum Essen geht oder eingeladen wird. Wir haben für euch die wichtigsten Grundregeln der japanischen Tischkultur zusammengefasst, damit auf eurer nächsten Japan-Reise nichts schiefgehen kann.
Vor dem Essen – Oshibori und Itadakimasu
Das O-shibori (jap. おしぼり) – In einem japanischen Restaurant wird meist ein feuchtes, weißes Tuch (kalt oder heiß) gereicht, das hauptsächlich vor dem Essen zur Handreinigung dient und während des Essens als Serviette genutzt werden kann. Auch wenn es nicht gerade zum guten Ton gehört, wischen sich immer mehr Männer mitunter das ganze Gesicht mit dem O-shibori ab. Frauen tupfen sich allenfalls nur den Mund mit dem Tuch oder wischen sich damit die Finger ab.

Itadakimasu (jap. いただきます) – Guten Appetit auf Japanisch? Nach dem man den Gesamteindruck der arrangierten Schalen und Speisen auf sich hat wirken lassen und alle bereit sind, nutzt man die bescheidene Floskel Itadakimasu (Deutsch: „Ich werde bekommen“). Auch wenn Itadakimasu am Ehesten mit dem deutschen „Guten Appetit“ übersetzt werden kann, so hat die Floskel doch eine abweichende Bedeutung. Itadakimasu will zwei Dinge ausdrücken: einen demütigen Dank an den Koch oder den Gastgeber des Essens und das Signal, dass man nun anfängt mit dem Essen.
Während des Essens – Stäbchen, Schüsseln, Reis und mögliche Faux-Pas
Stäbchen (jap. 箸 oder お箸) – In Japan isst man die meisten Speisen mit Hashi, Essstäbchen, die in der Regel aus Holz, Bambus, Metall oder Kunststoff gefertigt werden. Wer vorher wenig Gelegenheit hatte, mit Stäbchen zu essen, der kann im Restaurant auch nach Besteck fragen. Mit den Essstäbchen etwas aufspießen, in der Luft wedeln, damit spielen oder auf andere Personen zeigen, gehört in Japan nicht gerade zum guten Ton. Wenn man nicht gerade mit den Stäbchen isst, dann sollte man sie auf einem Stäbchenhalter (Hashioki) ruhen lassen. Nimmt man sich Essen von gemeinsamen Schalen und Tellern, dann sollte man dazu nach Möglichkeit nicht die eigenen Stäbchen verwenden. Gibt es zu diesem Zweck keine Extra-Stäbchen, dann dreht man seine eigenen Stäbchen einfach um und greift mit dem anderen Ende zu.
ABSOLUT VERMEIDEN sollte man es, die Stäbchen senkrecht in den Reis zu stecken oder Essen von Stäbchen zu Stäbchen zu reichen, denn dies erinnert an ein buddhistisches Totenritual. Assoziationen mit dem Tod kann auch das Kreuzen von Stäbchen auf dem Tisch hervorrufen, daher sollte man darauf achten, die Stäbchen nicht zu kreuzen und bei Nichtgebrauch wieder auf den Hashioki zu legen.

Teller und Schüsseln (jap. ボウル oder 皿) – Anders als bei uns in Deutschland wird das Essen in Japan nicht auf einem einzigen Teller, sondern in vielen kleinen Schüsseln und Schalen serviert. Es gibt keine fest vorgeschriebene Reihenfolge, in der man die gereichten Speisen essen muss. Statt die Schalen hintereinander zu leeren, ist es eher üblich, abwechselnd aus den Schalen zu essen. In Korea ist es beispielsweise verpönt, aber in Japan ist es üblich, die eigene Reisschale bis auf Brusthöhe anzuheben und daraus zu essen, statt sich über den Tisch zu beugen.
Reis (jap. ご飯, お米 oder 飯) – Reis ist in Japan heilig und daher sollte man mit diesem wertvollen Essen auch nicht spielen oder leichtsinnig umgehen. Weil Reis für die Japaner immens kostbar ist, sollte er nach Möglichkeit pur verspeist werden. Als absolutes Fauxpas gilt es, Sojasauce oder ähnliches über den Reis zu kippen und damit das reine Weiß zu „beschmutzen“. Während es in anderen Ländern beispielsweise zur Etikette gehört, in seiner Reisschüssel einen Anstandsrest zu behalten, sollte man in Japan wenn möglich keine Reste lassen und die Reisschüssel bis auf das letzte Korn „leeren“.

Schlürfen (jap. つるつる) – Geräuschvolles Essen und Schlürfen wird von den Japanern nicht als Unsitte empfunden. Bei Nudelsuppen ist es sogar üblich, geräuschvoll zu schlürfen, da diese kochend heiß serviert werden und man sie durch das Schlürfen auf eine trinkbare Temperatur runterkühlt. Außerdem signalisiert das lautvolle Schlürfen, dass es jemandem schmeckt.
Nach dem Essen – Gochisosamadeshita
Gochisosama deshita (jap. ごちそうさまでした) – Wie schon erwähnt, gilt es als höflich, sein Essen bis auf das letzte Reiskorn aufzuessen. Nach dem Essen bringt man die gereichten Schälchen und Teller wieder in die Anfangsposition und legt die Stäbchen zurück auf den Stäbchenhalter. Die Mahlzeit wird dann mit den Worten Gochisosama deshita beendet. Das heißt soviel wie „Das war ein Festmahl“.
Wer in einem Restaurant gespeist hat, der wird vermutlich vergeblich darauf warten, dass der Kellner die Rechnung bringt. In Japan zahlt man für gewöhnlich an einer zentralen Kasse im Eingangsbereich eines Restaurants und nicht direkt am Tisch. Auch wenn der Service noch so gut und die Speisen lecker waren… In Japan ist es unüblich, Trinkgeld zu geben und die meisten Kellner würden den Gästen vermutlich hinterherlaufen, um ihnen den Tip höflich und bescheiden zurückzugeben.

Wie schon eingangs erwähnt, erwarten die Japaner nicht, dass ausländische Gäste die japanische Etikette genau befolgen, aber es empfiehlt sich doch, das eigene Verhalten an dem der Gastgeber oder anderer Menschen auszurichten. Zumindest sollte man es ausprobieren, denn die japanische Etikette verrät mehr über Gesellschaft, Tradition und Kultur Japans, als wir uns vielleicht ausmalen.