Die japanische Tätowierkunst befindet sich seit Jahren in einer rechtlichen Grauzone, die die Existenz Tausender Tätowierer bedroht. Nun könnte ein Fall vor dem Osaka Landgericht eine entscheidende Wende bringen.
Tattoos in Japan sind ein heikles Thema: Auch wenn immer mehr junge Japaner Tätowierungen als modisches Statement betrachten, sind negative Assoziationen und Stereotype noch weit in der Gesellschaft verbreitet.
Grund dafür sind die Yakuza, japanische Verbrechersyndikate, die die symbolträchtigen Ganzkörper-Tätowierungen als Zeichen ihrer Gruppenzugehörigkeit tragen. Die von komplexen Mustern und ausdrucksstarken Motiven der japanischen Holzschnittkunst geprägten Tätowierungen sind zwar nicht mehr zwingend bei den Yakuza, aber viele Gangster halten die Tradition auch heute noch aufrecht.

Tätowierkunst in Japan: Kunst oder Medizin?
Für die zahlreichen Tätowierer im Land stellt die soziale Ächtung seit Jahrzehnten ein tiefgreifendes Problem dar. Schuld daran ist eine Auslegung des japanischen Ärztegesetzes, die es nur Ärzten erlaubt, medizinische Tätigkeiten auszuüben.
Zwar ist die japanische Tätowierkunst nicht per se verboten, aber sie befindet sich in einer rechtlichen Grauzone, die für die Tätowierer ein unhaltbarer Zustand geworden ist. Da die traditionelle Kunst des Tebori (hier wird die Farbe mit einem Bambusstab unter die Haut gespachtelt) beispielsweise unter die Kategorie „medizinische Tätigkeiten“ fällt, haben viele japanische Tattoo-Künstler seit Jahren mit rechtlichen Problemen und Anschuldigungen zu kämpfen.

Taiki Matsuda: Ein Tattoo-Artist kämpft um die Anerkennung seiner Profession
So zum Beispiel der aus Osaka stammende Taiki Masuda, der wie viele andere Tattoo-Künstler immer wieder mit der Justiz zu kämpfen hat. Vor zwei Jahren musste er sein Studio aufgrund einer Polizeirazzia schließen und wurde vor Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt. Der Grund: Taiki Masuda soll gegen das Ärztegesetz verstoßen haben.
Masuda legte Einspruch ein und brachte seinen Fall vor das Bezirksgericht Osaka. Sein Anliegen: Tätowieren ist keine medizinische Praxis und sollte daher nicht als illegal betrachtet werden. Der Fall wird derzeit noch verhandelt. Ein Urteil wird im September erwartet.

Save Tattooing in Japan
Taiki Masuda will nun nicht länger dabei zusehen, wie die traditionelle Tätowierkunst Japans von der Justiz zerstört verfolgt wird. Er hat eine Gruppe namens „Save Tattooing in Japan“ gegründet, um für die Anerkennung seines Berufs zu kämpfen und die traditionelle Körperkunstkultur Japans zu retten. „Wir brauchen ein separates Akkreditierungs- oder Lizenzsystem, das unsere Profession als das anerkennt, was sie ist: Kunst und keine Medizin“.
Masuda’s Anwältin Michiko Kameishi ist sich sicher, dass der Fall von ihrem Mandanten vor dem obersten Gerichtshof Japans landen wird. Sollte ihr Mandant Recht bekommen, dann wäre das ein historischer Schritt für die jahrhundertealte Tätowierkunst Japans. Umso größer die Sorge, dass der oberste Gerichtshof die Klage von Masuda ablehnt: in diesem Fall könnten Tausende Tätowierer, die keine medizinische Ausbildung haben, ihren Job verlieren.

Tattoos in Japan: Zeit für ein Umdenken
Tattoos in Japan sind seit Jahren ein umstrittenes Thema. Die vorherrschenden Stereotype tragen seit jeher dazu bei, dass Tattoos im öffentlichen Raum verpönt sind. Erst in den letzten Jahren und insbesondere vor dem Hintergrund steigender Besucherzahlen ausländischer Touristen beginnt ein langsames Umdenken.
Die japanische Tourismusbehörde (Japan Tourism Agency) hat sogar im letzten Jahr gefordert, dass tätowierten Ausländern nicht mehr der Zutritt zu den zahlreichen heißen Quellen und Badehäusern verwehrt bleiben sollte (wir berichteten).
Akihiro Hatsushika von der Demokratischen Partei Japans geht sogar noch einen Schritt weiter: „Viele ausländische Athleten mit Tätowierungen werden zu den Olympischen Spielen 2020 erwartet. Wie kann es sein, dass den tätowierten Menschen dann noch immer der Zutritt in einem Onsen verwehrt bleibt? Ich möchte sehen, dass die Regierung den Wandel in der Tattookultur nun endlich unterstützt. Ausländische Besucher sollen fortan keine Bedenken haben müssen, wenn sie ein Onsen besuchen wollen.
Quelle: Japan Times