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Heilige Stätten für Otakus

Berühmte Anime-Schauplätze in Japan wollen Fans für sich gewinnen

Viele Orte und Gegenden, die in Manga und Anime vorkommen, gibt es auch in der echten Welt. Ihre Macher lassen sich von spannenden oder alltäglichen Orten inspirieren und ihre Figuren darin leben.

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Mancher Fan möchte seinen Lieblingsreihen besonders nahe sein und dürfte sich darüber freuen, dass immer mehr Gemeinden, die Pate standen für fiktive Gegenden, dazu einladen, sie zu besuchen.

Serien machen die Schauplätze über ihre Sendezeit hinaus bekannt

Der sogenannte Anime-Tourismus hat Japan längst erreicht. Die Gemeinden und Einkaufsbezirke probieren eine Reihe von Maßnahmen aus, um mehr Besucher anzulocken. Sie hoffen, dass diese auch wiederkommen. Tatsächlich weiß man sogar von einigen Menschen, die in Regionen gezogen sind, die sie durch Anime und Manga kennengelernt haben.

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Ein gutes Beispiel für die wachsende Bekanntheit eines Ortes ist Wakayama. Bereits 2017 wurde im Online-Magazin von Shueisha Inc. der Sci-Fi Manga „Bright Sun – Dark Shadows“ veröffentlicht, in der Landschaften der Stadt zu sehen sind und sich die Figuren sogar im Dialekt der Region unterhalten.

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Wakayama
„Bright Sun – Dark Shadows“ hat der Heimatstadt seines Schöpfers große Bekanntheit gebracht. Bild: AS

Das Lebensmittelgeschäft von Shuichi Kojima, „Kojimaichi Shoten“ ist ebenfalls Gegenstand der Geschichte. „An den Wochenenden kommen bis zu 30, 40 Personen pro Tag“, erzählt er. Sie würden gern die Fassade des Gebäudes fotografieren und davor posieren.

Heimatstadt als Vorlage

Im April dieses Jahres wurde der Anime zum Manga ausgestrahlt. In ihm wird ein mit Beifuß gewürzter Reiskuchen als Spezialität der Insel vorgestellt. Diesen kann man in Kojimas Geschäft auch kaufen. Er selbst habe den Anime jede Woche gesehen und ein Plakat davon in seinem Laden aufgehängt, um die Fans zu begrüßen. „Ich freue mich wirklich über die vielen Fans, die gekommen sind, jetzt, wo aufgrund der neuen Corona-Krise weniger Touristen kommen“, sagt der Ladenbesitzer.

Yasuki Tanaka ist der Mangaka von „Bright Sun – Dark Shadows“ und lebte selbst bis zu seinem Highschool-Abschluss in der Stadt. Er kam für sein neues Werk auf die Idee, die Handlung auf Tomogashima spielen zu lassen, einer abgelegenen Insel vor Wakayama.

Tomogashima
Die unbewohnte Inselgruppe Tomogashima ist durch den Anime bekannt geworden. Bild: AS

„Es gibt nur wenige Manga, die in Wakayama spielen“, erinnert er sich. „Ich hatte das Gefühl, dass meine Darstellung der Insel von Bedeutung sein würde.“ Zur Recherche für er zurück in seine Heimatstadt und sah sich die Schauorte für seinen Manga an.

Sowohl der Manga-Verlag als auch die Produktionsfirma des Anime arbeiteten mit lokalen Einrichtungen zusammen. Es wurde ein Sprachlehrer engagiert, der den Synchronsprechern dabei half, den Dialekt von Wakayama korrekt zu sprechen. Auch das Geräusch eines Dampfschiffs wurde vor Ort extra aufgenommen, um den Anime authentisch zu gestalten.

Fiktive Figur als Botschafterin

Anfang des Jahres ernannte die Stadt Wakayama die Hauptfigur der Geschichte, Ushio Kofune, zur Gesandten zur Förderung des hiesigen Tourismus. Auch wurde im letzten Jahr eine Veranstaltung rund um die Geheimnisse der Insel Tomogashima durchgeführt. Das Engagement der Stadt reicht sogar noch weiter: online und an anderen Stellen wurde eine Karte veröffentlicht, die bekannte Orte der Insel zeigt und an 10 Orten der Stadt wurden Figuren von Ushio aufgestellt.

Laut einem Vertreter der Stadtverwaltung posten Fans seit Ausstrahlungsbeginn des Anime Bilder von ihren Touren durch die Stadt in den sozialen Medien. „Ich würde mich sehr freuen, wenn Wakayama durch meine Arbeit viel Aufmerksamkeit erregt und belebt wird“, sagte der Mangaka Tanaka.

Bunny Girl Senpai
Auch zum Schauplatz von „Where Rascal Does Not Dream of Bunny Girl Senpai Began!“ gibt es eine Tour. Bild: Otomo Travel

Die Anime Tourism Association gibt an, dass bereits seit den 2000er Jahren Fans auf regelrechte Pilgerreisen gehen, um die Hintergrundkulissen ihrer Lieblingsanime zu besuchen. Seit dieser Zeit wurden die Hintergründe immer detaillierter dargestellt und weckten so das Interesse der Zuschauer.

Der Verband benennt seit 2018 jedes Jahr jeweils 88 „heilige Orte“ für Otakus. Darunter ist z.B. die Stadt Oarai in der Präfektur Ibaraki, die durch die Ausstrahlung von „Girls und Panzer“ 2012 Bekanntheit erlangte. Der Handels- und Industrieverband der Stadt gibt an, dass vor Beginn der Pandemie täglich 1.000 Menschen kamen und dieser Trend auch ein Jahrzehnt nach Ende der Ausstrahlung des Anime noch anhalte.

Vom Fan zum Bewohner

Aufgrund von Verhandlungen zwischen der Stadt und dem Produzenten der Serie gibt es in der Stadt mehrere lebensechte Figuren der Charaktere. Lokale Geschäfte und Restaurants erhielten die Erlaubnis, spezielle Artikel zu verkaufen, die vom Anime inspiriert sind.

„Dass die Ladenbetreiber das Projekt faszinierend fanden und sich aktiv daran beteiligten, hat zu unserem Erfolg beigetragen“, sagte ein Vertreter des Verbandes. Es wird sogar davon ausgegangen, dass etwa 100 Fans von „Girls und Panzer“ nach Oarai gezogen sind.

Zusammenarbeit zwischen Produktionsfirma und Gemeinde

Unter ihnen ist Takeyuki Hibi, der in der Gemeinde ein Café betreibt. „Ich kam vor etwa fünf Jahren zum ersten Mal hierher“, sagte er. „Ich war beeindruckt, dass die Schauplätze aus dem Anime tatsächlich existieren.“ Hibi erläuterte, dass er von der Attraktivität der Stadt beeindruckt war, da sie den Anime gut als touristische Ressource nutzte.

Obwohl er nur wegen des Anime in die Stadt zog, nahmen ihn die Einwohner herzlich auf. „Ich war begeistert von der gemütlichen Atmosphäre der Stadt und bin deshalb vor zwei Jahren hergezogen.“

Schrein
Jedes Jahr wird ein Schrein mit den Figuren von „Lucky Star“ durch die Gemeinde Kiku getragen. Bild: AS

Auch der Washinomiyajinja-Schrein in Kuki (Präfektur Saitama) ist durch einen Anime berühmt geworden. Fans von „Lucky Star“ handeln ihn als „heiligen Ort“. 2017 führte die Development Bank of Japan eine Studie durch, bei der herauskam, dass der Anime in dem Jahrzehnt seit Ausstrahlungsbeginn 3,1 Milliarden Yen in die Region gebracht hat.

Ob Gemeinden von ihrer Bekanntheit durch Anime profitieren können, hängt laut Norimichi Suzuki entscheidend von der Einbeziehung der Einwohner und Behörden ab. Er ist geschäftsführender Direktor der Anime Tourism Association und kennt sich aus.

Es gibt auch kritische Stimmen

„Besucher dieser sogenannten „heiligen Orte“ machen nicht nur Fotos, sondern erleben auch die lokalen Spezialitäten und Kulturen“, sagte er. „Es ist wichtig, dass sie dabei Attraktionen finden, um mehr Menschen zum Wiederkommen zu animieren. Anime-Schöpfer und lokale Gemeinschaften müssen auf das gleiche Ziel hinarbeiten, damit sie auch weiterhin von den Vorteilen profitieren können, z.B. durch die Entwicklung gemeinsamer Produkte mit regionalen Köstlichkeiten und Anime.“

Wer sich selbst auf die Spuren seiner Lieblingsanime begeben will, findet auf der Seite der Anime Tourism Association viele Einträge und Tipps. Es gibt jedoch auch kritische Stimmen gegen den Anime Tourismus und so mancher Bürger fühlt sich dadurch sogar gestört.

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