Rundum Black Rock Shooter, das mysteriöse schwarzhaarige Mädchen mit dem blau flammenden Auge, hat sich eine riesige Fangemeinde aufgebaut. Alles fing mit den Illustrationen von huke und dem gleichnamigen Vocaloid-Song von Hatsune Miku an, der vom Komponisten ryo produziert wurde. In Windeseile zog die Figur, die eine gewisse Ähnlichkeit mit dem virtuellen Popsternchen aufwies, eine große Aufmerksamkeit auf sich.
Und obwohl das Franchise diverse Umsetzungen hervorbrachte, hat die Kriegerin ihren mysteriösen Schleier nicht fallen lassen, was womöglich die Faszination ausmacht. Wegen der losen Vorlage erzählt jedes Medium eine abgewandelte Handlung. Während der OVA-Pilot eine herzerwärmende Alltagsgeschichte rundum Freundschaft behandelt, taucht der Zuschauer in der Anime-Serie in tiefere, psychische Abgründe ein. Der Rahmen bildet dabei eine Parallelwelt, in der sich die Protagonistinnen ein fast schon metaphorisches Gefecht liefern. In dem PSP-Game stellt Black Rock Shooter den letzten Hoffnungsschimmer in einer futuristischen Welt dar, die durch eine Alien-Invasion dem Untergang geweiht ist.
Nun steht seit Anfang Oktober die erste offizielle Manga-Umsetzung Black★Rock Shooter Innocent Soul in den hiesigen Händlerregalen. Egmont Manga veröffentlicht die dreiteilige Serie, aus der Feder von Schöpfer huke und mit den Zeichnungen von Sanami Suzuki. Bei diesem Manga-Ableger handelt es sich wieder um eine Neuinterpretation, in der Black Rock Shooter in einer Welt zwischen dem Diesseits und dem Jenseits wandelt.
Hazama ist eine Welt zwischen Himmel und Erde, in die jene Seelen gelangen, welche wegen den Umständen ihres Todes nicht in Frieden ruhen können. Das schließt ebenfalls böse Menschen ein, die vom Leben nicht loslassen können und so ihre Reise in die Hölle nicht antreten. Diese rastlosen Seelen stecken in der Zwischenwelt fest und sind verdammt dazu, immer wieder aufs Neue die Qualen oder Sünden ihres Lebens zu erfahren. Weil sie nicht selbstständig von ihrer Reue ablassen, ist es ihnen nicht möglich, aus dem Limbus zu brechen. So verwandeln sich diese Seelen mit der Zeit in Dämonen, die ihrerseits andere verstorbene Geister fangen und in Hazama festhalten.
Ein Mädchen namens Rock streift einsam durch diesen verfluchten Ort. Sie gehört zu den sogenannten Black Stars, Kriegerinnen, deren Bestimmung es ist, die ruhelosen Seelen aus ihrem eigens errichteten Gefängnis zu befreien. Unermüdlich führt das Mädchen diesen Kampf, um den Verstorbenen die lang ersehnte Erlösung zu bescherren. Auf ihrer Reise wird Rock einzig von dem schlangenartigen Wesen Ron begleitet, das sich bei Bedarf in eine schlagkräftige Waffe verwandeln kann. Während das Mädchen das stillstehende Uhrwerk wieder in Gang bringt, entdeckt sie Bruchstücke ihres ursprünglichen Ichs aus einer Zeit, bevor ihr dieses schwere Schicksal auferlegt wurde. Welche grausame Wahrheit wartet auf sie am Horizont dieser leeren, finsteren Welt?
Die Manga-Umsetzung von Black Rock Shooter kann glücklicherweise für sich alleine stehen. So sehr ich persönlich die Alltagsgeschichte aus der OVA schätze, eine bloße Nacherzählung hat meist einen faden Beigeschmack. Huke verpasst dem Manga eine neue Storyline, die trotzdem die wesentlichen Elemente aus dem Franchise beinhaltet: Eine melancholische Heldin, die durch eine ungreifbare Welt wandelt, auf der Suche nach etwas Wichtigen, was sie selbst nicht ausmachen kann. Vom äußerlich Standpunkt gesehen, hat Sanami Suzuki das Design von Black Rock Shooter etwas abgewandelt, wobei die markanten Augen von hukes Original-Illustrationen beibehalten wurden. Zudem trägt sie ihre charakteristischen Waffen, das Schwert und die überdimensionale Kanone bei sich, obwohl diese hier erstmals von einem Lebewesen verkörpert werden.
Bei Rock handelt es sich um eine wortkarge, emotionslose Protagonistin, also so ziemlich das komplette Gegenteil von der lebhaften Mato aus den Anime-Adaptionen. Dadurch kommt der Charakter eher der Präsentation aus dem Game nahe. Vielleicht ist Rock sogar durch ihren ewigen Kampf abgestumpft, bei dem das Mädchen immer wieder mit den schweren Schicksalsschlägen der umherirrenden Verstorbenen konfrontiert wird. Ihr Gefährte stellt sogar an einer Stelle fest, dass es ungewöhnlich sei, wenn sie sich von den Gefühlen einnehmen lässt, schließlich würde dies ihrer Pflicht im Wege stehen. Dabei ziehen sich insbesondere die Fragen durch die Geschichte, was es bedeutet als Black Star auserkoren zu werden und wer diese Mädchen in Wirklichkeit waren?
Die Zeichnungen sind stellenweise etwas chaotisch und manchmal leidet die Übersicht darunter, aber irgendwie passt es doch zu den verworren, surrealen Orten. Die Schauplätze spiegeln nämlich die Gefühle wieder, welche die Seelen erst an das Zwischenreich gefesselt haben. Dafür kann auch mal eine ganze Stadt erschaffen werden. Positiv hervorzuheben ist, dass wir hier nicht irgendeine x-beliebige, dämonische Brut vorgesetzt bekommen, sondern jeder Feind einen Hintergrund hat, weshalb er in der Zwischenwelt verweilt. So steht in Black Rock Shooters Kampf eher das Erlösen der gepeinigten Seelen im Vordergrund. Einige fantastische Ideen finden sich in den Kapiteln, jedoch fehlt es den einzelnen Geschichten an Tiefe. Die Serie wurde im Juni 2012 im Young Ace abgeschlossen und umfasst lediglich zwölf Kapitel. Daher bleibt nicht viel Erzählzeit, um das Potenzial richtig auszuschöpfen. Neben den einzelnen Episoden begegnet Rock anderen Black Stars. So können sich eingefleischte Fans auf ein Wiedersehen mit anderen Figuren aus dem BRS-Universum freuen, wie beispielsweise Dead Master.
Der Manga von Black★Rock Shooter spinnt einen ganz neuen Ansatz um die Kultfigur. Trotzdem verbindet diese Umsetzung auf gelungene Art all jene Aspekte, die das Franchise ausmachen. Neben der übernatürlichen Action besticht die Geschichte mit einer Welt, die zum Ergründen einlädt. Ein großes Geheimnis stellt die Heldin selbst dar. Woher stammt das Mädchen und hat die Kriegerin sich diesen Kampf selbst ausgesucht? Mit wenigen Mitteln schafft huke den Leser erneut in eine schwermütige Atmosphäre hineinzuversetzen. Ich kann den Manga wegen einiger ähnlicher Züge besonders Fans von D.Gray Man und Madoka Magica empfehlen. BRS-Liebhaber kommen ohnehin nicht um den Titel herum.
Wir bedanken uns bei Egmont Manga für das Rezensionsexemplar zu Black★Rock Shooter, Band 1.
DetailsTitel: Black★Rock Shooter Vol. 1 |
BLACK★ROCK SHOOTER INNOCENT SOUL 1 © huke © Sanami SUZUKI 2011
© 2014 Egmont Verlagsgesellschaften mbH