Der Anfang von „Kiddy Grade“ ist Geschmackssache, anders als die Präsentation von Hardball Films. Mit dem zweiten Volume wird die actionreiche Weltraum-Story abgeschlossen und während sich der Auftakt als schwierig herausstellt, hat auch das Ende so seine Eigenheiten.
Nachdem sich Éclair und Lumière nach den dramatischen Ereignissen am Ende der ersten Hälfte der Story dafür entschieden haben, sich von G.O.T.T. abzuwenden, beginnen die beiden Agentinnen gegen ihre ehemalige Chefin vorzugehen, die ihnen dann gleich ihre ehemaligen Kollegen auf den Hals hetzt. Die beiden Super-Agentinnen wollen sich aber nicht als Opfer sehen und entscheiden, die Zentrale der G.O.T.T. direkt anzugreifen. Nach einem epischen Kampf, dem das ganze Hauptquartier zum Opfer fällt, gibt es eine neue stellvertretende Vorsitzende der Organisation, Éclair.
Irgendwo zwischen Feinden und Freunden
Schnell wird aber klar, dass die junge Frau sich ganz anders verhält als man es von ihr gewohnt ist. Bald werden neue Agentinnen für die G.O.T.T. vorgestellt, wobei es sich offensichtlich um Klone von Éclair und Lumière handelt, die wie willenlose Marionetten agieren und jeden Befehl ihrer Vorgesetzten ausführen. Zwei unbekannte junge Frauen stellen sich den Klonen entgegen und schon bald wird es mehr als dramatisch und nicht nur das Leben von Éclair und Lumière, sondern nicht weniger als der Fortbestand der Erde stehen bald auf dem Spiel.

So langsam die Geschichte am Anfang in Schwung kommt, so schnell entwickelt sie sich zum Ende hin, wo ein unerwarteter Moment den nächsten jagt. Bekannte Gesichter wirken auf einmal fremd und Figuren, die man vorher noch nie gesehen hat, wollen plötzlich die Hauptrolle spielen. Insgesamt für keinen der Beteiligten eine einfache Situation.
„Kiddy Grade“ wird als Handlung sehr unterschiedlich erzählt. Während sich der Zuschauer am Anfang durch verschiedene unzusammenhängende Episoden kämpft, kommt das große Drama wieder am Schluss. Am Anfang ist das Tempo innerhalb der einzelnen Kurzgeschichten sehr hoch, was den Geschichten zugutekommt. Zum Ende hin wird es wieder sehr rasant, allerdings wirkt es hier eher überhetzt, als wolle man die Geschichte möglichst schnell zu Ende bringen.
Auch die Entscheidungen von Lumière und Éclair lassen sich nicht immer nachvollziehen. Was ihre Kolleginnen und Kollegen von G.O.T.T. angeht, fragt man sich sowieso, wie bestimmte Charaktere dort überhaupt gelandet sind. Die verschiedenen Agenten decken eine breite Palette an Charakteren ab, sodass jeder Zuschauer einen Liebling findet, auch wenn manche es einem schwer machen. Trotzdem sind es weiterhin die Figuren, die die Geschichte sympathisch machen und den Zuschauer bei Laune halten.

Trotzdem kann die Mischung aus Action, Drama und viel futuristischer Technik weiterhin halbwegs überzeugen. Die Geschichte nutzt diese Möglichkeiten leidlich aus, auch wenn der Inhalt insgesamt hinter dem Feuerwerk an Action rund um die Rettung der Welt hinten ansteht. Mit den neuen Gestalten und beiden Agentinnen werden gleichzeitig neue Möglichkeiten eröffnet, die der Anime aber nicht mehr nutzt. Das Ende ist, wie der Anfang, sehr offen gestaltet, sodass für die Movies zur Reihe noch viel Stoff zu erzählen bleibt.
Neue Agentinnen mit alten Problemen
Die teilweise Diskrepanz in der Handlung setzt sich in der Gestaltung fort. Die verschiedenen Charaktere und die Welt, in der sie sich bewegen, wurden zwar mit viel Fantasie umgesetzt, insgesamt sieht man dem Anime, der aus dem Jahr 2001 stammt, sein Alter aber an. Getreu dem Motto Klischee funktioniert immer, findet man bekannte Figur- und Gestaltung-Schemata aus anderen Reihen auch bei „Kiddy Grade“ wieder. Diese sind nett in Szene gesetzt, ohne aber in Erinnerung bleiben zu können.

Während der Action-Szenen, die erneut wieder nicht zu kurz kommen, sieht man wieder, dass „Kiddy Grade“ nicht mehr die jüngste Serie ist, zwar scheinen die Agentinnen alterslos, was man von den Animationen nicht sagen kann. Das Studio Gonzo gibt sich alle Mühe und zur damaligen Zeit (2002) konnte die Umsetzung gewiss auch überzeugen. Allerdings würden die Fähigkeiten der Charaktere aus heutiger Sicht mehr Möglichkeit zu einem optischen Feuerwerk bieten, das leider ausbleibt.
Das große Finale liefert bedauerlicherweise auch nicht die epische Weltraumschlacht, die Drehbuch-Autor Hidefumi Kimura wahrscheinlich im Sinn hatte. Das hat er sich stückweise aber auch selbst zuzuschreiben. Die Kampf-Sequenzen sind optisch nett in Szene gesetzt und das Setting dem bisherigen Niveau gemäß angelegt, insgesamt bleiben aber einige inhaltliche Fragezeichen offen, sodass man als Zuschauer den Kampf nur teilweise genießen kann. Es ist zwar nett, wenn sich am Ende fast alle wieder liebhaben, aber irgendwie sollte dieser Vorgang dem Zuschauer schon vermittelt werden.

Es muss nicht immer die Brechstange sein
Der deutsche Sprechercast leistet im Allgemeinen weiterhin gute Arbeit. Zum Ende hin lässt Stephanie Damare (Éclair) doch ein wenig nach. An dem Verhalten der falschen, stellvertretenden Vorsitzenden erkennt man schnell, dass dies auf keinen Fall die echte Éclair sein kann. An dieser Stelle so deutlich auch die Stimmfarbe zu wechseln ist ein krasser Bruch. Da fragte man sich, warum die anderen ES-Agenten den Braten nicht riechen, obwohl er sehr offensichtlich ist.
An dieser Stelle kann aber Elena Wilms zeigen, dass sie ihr Handwerk versteht. Die Rolle der Arv gehört bereits zum Anfang nicht geraden zu den Sympathie-Trägern. Zum Ende hin kann Wilms dann so richtig tief in die Psycho-Kiste greifen, was ihr gut gelingt. Sympathischer wird die Figur dadurch zwar nicht, aber Anime-Bösewichte sind halt doch immer lohnende Rollen, wenn man sich in Szene setzten möchte.

Das abschließende deutsche Release präsentiert sich in derselben hohen Qualität, wie es schon der Anfang getan hat. Die restlichen Folgen liegen wieder auf zwei Discs vor. Drei Postkarten mit den sympathischen Agentinnen und ihren Kollegen sind ebenfalls wieder vorhanden. Bei einer Bestellung direkt bei Hardball Films kann man sich über ein weiteres kleines Gimmick freuen.
Fazit
Obwohl der Anime nicht mehr der Jüngste ist, wissen vor allem die Figuren die Geschichte zu tragen. Das Verwechsel-Spiel der Agentinnen sowie ihre unzertrennliche Freundschaft durch alle Widrigkeiten halten „Kiddy Grade“ spannend, auch wenn einige inhaltliche Stolpersteine bis zum Ende nicht ausgeräumt werden können.
Eine weiterhin ansprechende Animation sowie deutsche Synchronsprecher, die sich wirklich Mühe geben, auch wenn sie teilweise über das Ziel hinausschießen, können die Zuschauer überzeugen. Hardball Films sorgt wieder für ein ansprechendes Release, wie man es von dem noch jungen Publisher mittlerweile gewöhnt ist.

Info
Kiddy Grade
Original Name: キディ・グレイド
Studio: Gonzo
Deutscher Publisher: Hardball Films
Regisseur: Keiji Gotoh
Drehbuch: Hidefumi Kimura
Musik: Shiro Hamaguchi
Erschienen am: 2001 – 2002
Synchronisation: Studio Hamburg Synchron GmbH
Länge: 1 Staffeln mit 24 Episoden
Freigegeben ab: 16 Jahren
Genre: Action, Drama
Sprachen: Deutsch, Japanisch, mit deutschen Untertiteln
Medium: DVD + Blu-Ray
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