Der Titel KISS MY ASS und die Inhaltsangabe über einen von Hämorrhoiden geplagten Jungen – der Switch Girl-Fan in mir schrie sofort: Dieser Manga wird konsumiert!
Will Mangaka Ohmi Takeshi uns hier mit Schweinereien bespaßen? Ich hoffte, doch nicht ausschließlich! Persönlich freute ich mich wieder einmal auf den unverblümten Umgang mit einem Thema, welches so vielen Menschen so leicht die Schamesröte ins Gesicht treibt: dem Intimbereich. Im Fall von KISS MY ASS geht es um einen Jungen, der sich vor lauter Scham und Angst nicht traut, offen mit (s)einem verpönten Problem umzugehen und sich Hilfe zu holen – was ich ziemlich schlimm finde. Sumikai hat hineingelesen:
Worum geht es?
Highschool-Schüler Yakushiji Mitsuki hat mit Hämorrhoiden zu kämpfen. Den ganzen Tag über in der Schule muss er verbergen, dass er schreckliche Schmerzen hat. Zu Hause ist kein Elternteil da, dem man sich anvertrauen könnte. Ein Arztbesuch kommt für den Hämorrhoiden-Geplagten nicht in Frage aus Angst, von einem Mitschüler dabei gesehen zu werden. So wird sein Leiden jedoch immer schlimmer.
Eines Tages spricht ihn seine Mitschülerin Miura Shiori unverblümt auf den »Dämon« in seinem Intimbereich an. Das von Natur aus eher introvertierte Mädchen hat einen Blick für Betroffene, da sie selbst schon mit der Krankheit in Berührung gekommen ist. Miura klärt Mitsuki über sein Stadium auf, wonach eine Operation unausweichlich ist. Da der Junge aber befürchtet, eine zu lange Abwesenheit in der Schule würde Verdacht erregen und schließlich alles auffliegen lassen, womit sein Highschool-Leben verwirkt wäre, muss die OP bis zu den Sommerferien warten. Damit sich die Krankheit bis dahin jedoch nicht verschlimmert, erklärt sich Miura zu seiner HFF (»Hämorrhoiden-Frei-Freundin«) und kümmert sich fortan um Mitsukis Ernährung, medizinische Behandlung etc. …
Die angehende Proktologin ist also rund um die Uhr für ihren Patienten da und erforscht gleichzeitig seinen Intimbereich, um ihren Nutzen daraus zu ziehen. Mit romantischen Gefühlen hat ihre aufdringliche Art natürlich rein gar nichts zu tun! Damit Mitsukis Angebetete Komatsu Sana und der Rest der Klasse nicht auf falsche Gedanken kommen, müssen die zwei ihre Treffen aber weitestgehend geheim halten … oder nach Hause verlegen.
Story
Was zunächst originell, weil provokant scheint, entpuppt sich schnell als altbekannter Einheitsbrei. Das mag jetzt hart klingen, aber das Hämorrhoiden-Problem dient tatsächlich nur als Vorwand für eine komplizierte Dreiecksgeschichte unter Teenagern. Mitsukis Krankheit und seine ausweglose Situation zwingen ihn dazu, obwohl er für seine Klassenkameradin Sana schwärmt, viel Zeit äußerst intim mit einer anderen (Miura) zu verbringen. Diese ist angeblich ausschließlich an ihrem Studium bzw. Mitsukis Hintern interessiert und zeigt keinerlei Anzeichen von Schamgefühl oder Irritation. Dass unser Protagonist zu Hause relativ allein wohnt, kommt der Handlung selbstverständlich zu gute. Warum soll seine private Ärztin dann nicht gleich bei ihm einziehen und ihn täglich bekochen?
Miura erklärt Mitsuki recht ausführlich und sachlich anhand von Schaubildern seine Symptome sowie auch die Krankheitsstadien, was für Switch Girl-Leser nicht neu ist. Die Altersempfehlung ab 16 rührt vermutlich von der besonderen Thematik her. Ich denke auch, dass sich Jüngere noch davor scheuen, sich mit so etwas zu beschäftigen.
Charaktere
Die drei Hauptcharaktere sind leider genauso berechenbar wie die weitere Handlung. Unser Protagonist wird von seiner Pflegerin dominiert und mit seinen hartnäckigen »Dämonen« zum Opfer sowie zur Witzfigur abgestempelt. Miura dagegen spielt die coole Gelassene und verzieht selten ihre gelangweilte Miene. Sana ist das komplette Gegenteil von ihr und der beliebte Sonnenschein der Klasse – mit allerdings ebenfalls einem Geheimnis. Das ganze erinnert mich ein wenig an die Mystery-Serie Aku no Hana, denn im Endeffekt ist zu erwarten, dass sich der recht durchschnittliche Schüler auch bald mehr zu der introvertierten Brillenträgerin statt zu Everyboys-Darling hingezogen fühlt. Aber Band 2 kann ja gern vom Gegenteil überzeugen.
Zeichnung
Das Aussehen der Charaktere unterstützt deren Persönlichkeit und Klischeehaftigkeit. Der Zeichenstil ist gut, wenn auch noch nicht ausgereift, und leicht ecchi. Betrachtet man die Proportionen, stellt man fest, dass der Po bei den Mädchen etwas ausladender ausfällt – was ich sehr gut finde. Dafür allerdings zwängt der Mangaka seine Schülerinnen in recht enge Faltenröcke (sieht man an dem Faltenwurf). Ohmi Takeshi scheint außerdem ein Freund von x-beinigem Posieren zu sein, sonst würde das bei Miura nicht so oft auftreten. Insgesamt betrachtet wirken die Körper bei größeren Abbildungen unnatürlich verbogen, verdreht usw.. Jedoch finde ich Mut zu kurviger Linienführung und ausgefallenen Perspektiven immer noch besser als sterile Zeichnungen ganz ohne Dynamik.
Was mich stört, ist das fast immer regungslose Gesicht von Miura. Auf dem Cover passt diese Lässigkeit hervorragend, aber für die Dauer der Story wirkt mir das etwas zu aufgesetzt. Zumindest wenn sie von ihrem Traum, Ärztin zu werden, redet, möchte man eine Regung in ihrem Gesicht ausmachen. Selten verliert die Schülerin ihre Fassung und errötet, wodurch sie immer ganz plötzlich niedlich und menschlich wird – was Mitsuki auch nicht entgeht.
Einer der gelungenen Gags des Mangas ist die Darstellung der Hämorrhoiden als kleiner Teufel/Dämon. Ich kann mir diesen metaphorischen Vergleich extrem gut vorstellen – wer hatte nicht schon einmal mit irgendwelchen richtig fiesen physischen Schmerzen zu kämpfen?
Aufmachung
Der Hauptstory wird in der deutschen Ausgabe das Schreiben eines Hamburger Facharztes für Proktologie und Chirurgie vorangestellt. Dieser ruft mit Verweis auf den Manga dazu auf, sich bei einer Krankheit, auch wenn sie noch so peinlich erscheint, unbedingt ärztlichen Rat zu suchen. Genau diese Botschaft, die auch der Manga transportieren will, finde ich sehr wichtig – auch wenn KISS MY ASS letztendlich das Thema hauptsächlich für seine Liebesstory benutzt. Daraufhin beginnt die Handlung mit vier Farbseiten inkl. einem Inhaltsverzeichnis. An die Hauptsstory schließen sich eine Bonusstory, Bonusgesundheitswissen und ein gezeichnetes Nachwort des Mangakas an.
Das Cover des Taschenbuchs ist wie sein Titel aufdringlich und provokant, als wolle es sagen: »Ja, hier geht es um den Arsch und es wird auch nichts beschönigt! Wenn euch das zu unangenehm ist, dann lasst lieber gleich die Hände von diesem Manga!« Ich finde das sehr passend. Der Leser weiß von vornherein, worauf er sich gefasst machen muss.
Info
Name: KISS MY ASS
Original Name: KISS MY ASS, キス マイ アス
Transkription: KISS MY ASS
Von: Ohmi Takeshi
Verlag: CARLSEN MANGA!
Verfügbar: in 2 Bänden abgeschlossen
Preis: 7,95 €
Genre: Comedy, Ecchi
Empfehlung: 16+
ISBN: 978-3551736796