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Welcher Preis ist für das eigene Liebesglück angemessen?

„Sayonara Red Beryl“ – Ein vampirischer Trauerzug für die Sterblichkeit?

In Atami Michinokus Vampir-Boys-Love-Mangareihe „Sayonara Red Beryl“, die 2021 bei Hayabusa, dem neuen Manga-Label des Carlsen Verlags, erschienen ist, reisen wir ins Japan der 1960er-Jahre und heften uns an die Fersen zweier Liebender, die sich trotz ihrer vielen Unterschiede erstaunlich ähnlich sind.

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„Sayonara Red Beryl“ erzählt die Geschichte eines Menschen und eines Vampirs, die nicht mehr voneinander loskommen, nachdem sie sich einmal zufällig begegnet sind.

Ein realistischer Vampir?

Die Literatur hat im Laufe ihrer Geschichte schon so viele unterschiedliche Arten von Vampiren hervorgebracht, dass es wohl ewig dauern würde, sie alle aufzuzählen. Halbwegs einig ist man sich nur in wenigen Punkten. Vampire sind unsterblich, altern körperlich kaum oder gleich gar nicht, trinken Blut und können Menschen in Vampire verwandeln.

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Michinoku ändert an diesen typischen Merkmalen grundsätzlich nichts. Die Vampire hier altern in keinster Weise und können nur sterben, wenn sie nicht ausreichend Blut zu sich nehmen. So weit, so gewöhnlich. Wirklich spannend wird es erst, wenn man das Verhalten der Vampire mit dem der ebenfalls existierenden Halbvampire und Menschen vergleicht.

Die wenigen Vampire, die wir im Laufe der Geschichte kennenlernen, leben nicht in einer Art Parallelgesellschaft, sondern unmittelbar unter den Menschen. Unser vampirischer Protagonist Kazushige hasst es, ein Vampir zu sein, zumal er unfreiwillig zu einem Vampir gemacht worden ist.

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Dass er nicht altern und sterben kann, belastet ihn sehr. Interessant ist, dass er im Gegensatz zu vielen anderen in der Popkultur auftauchenden Vampirfiguren noch keine Jahrhunderte alt ist. Genau genommen ist seine Verwandlung noch nicht einmal ein Jahrhundert her. Umso näher ist die Trauer um den Verlust seiner Familie.

Kazushige hat ein ganz normales, geradezu durchschnittliches Leben geführt, bevor er zu einem Vampir wurde. Er war ein glücklicher Ehemann und Vater. Zum Zeitpunkt der Haupthandlung ist auch sein Kind bereits verstorben. Es hat ein hohes Alter erreicht, aber verglichen mit der Ewigkeit, die seinen Vater erwartet, ist das Leben eines Menschen kaum ein Wimpernschlag.

Die Angst vor den Folgen der Ewigkeit

Unser Protagonist ist einsam. Familie und Freunde sind inzwischen dahingeschieden und er scheut sich, neue Verbindungen einzugehen, da er weiß, dass er in seiner Unsterblichkeit jede neue Freundschaft und Liebe überdauern wird. Sich auf eine neue Beziehung einzulassen, bedeutet für ihn bloß die sichere Aussicht auf einen weiteren, kaum zu ertragenden Verlust.

Es sind seine Empfindungen und seine Lebensweise, die ihn zu einem erstaunlich realistisch erscheinenden Vampir machen. Als ein Wesen, das tief in seinem Herzen scheinbar immer noch menschlich ist, liegt es in seiner Natur, seine aufgezwungene Unsterblichkeit und seinen Hunger nach Blut zu verabscheuen.

Einsamkeit als Gemeinsamkeit

Unser zweiter Hauptcharakter heißt Akihiko. Er ist ein normaler Mensch, der netter und einsamer kaum sein könnte. Der blonde junge Mann ist als Waisenkind aufgewachsen und alle Menschen begegnen ihm mit einer gewissen Gleichgültigkeit.

Als Kind wurde er schikaniert und später als Erwachsener von seinen Arbeitskollegen beschimpft und zusammengeschlagen. Kurz gesagt: Akihiko ist es gewohnt, nicht gewollt zu werden.

Als er Kazushige begegnet, hat er zum ersten Mal in seinem Leben das Gefühl, von jemandem ernsthaft gebraucht zu werden. Das einzige, das sie trennt, ist die Hürde der Unsterblichkeit.

Anatomie und Setting machen den Unterschied

Die Handlung spielt in einem Teil der Geschichte, der in der Welt der Anime und Manga nur verhältnismäßig selten beleuchtet wird. In „Sayonara Red Beryl“ spielt Zeit eine enorme Rolle. Der Handlungszeitraum lässt sich vor allem anhand der Hintergründe historisch klar verorten. Diese wiederum tragen nicht dick auf, sind eher unauffällig, aber gleichsam voller Details, die zu ergründen es sich lohnt.

Gebäude, Möbel, Kleidung. Alles wurde auf dem Papier so gestaltet, dass es dem normalen Alltagsleben der jeweiligen Jahrzehnte entspricht. Jeder Zeitsprung innerhalb der Story wird so hochinteressant. Immerhin reisen wir hier durch die japanische Geschichte.

Jede Zeit hat hier ihren ganz eigenen Charakter und der Alltag der Menschen spiegelt die politischen Verhältnisse der jeweiligen Epoche wider.

Der zweite Punkt, der hinsichtlich der Zeichnungen bemerkenswert ist, ist der, wie realistisch die Körper der Charaktere wirken. Die Hauptfiguren sind schlank, sehen aber nicht so aus, als würden sie im Fitnessstudio wohnen. Alle Figuren haben einen natürlich erscheinenden Körperbau. So ästhetisch kann Natürlichkeit sein, wenn man ihr eine Chance gibt.

„Sayonara Red Beryl“: Ein erwachsenes Drama

Ebenso erfrischend wie die ungewöhnlich natürlichen Staturen der Protagonisten ist ihr Umgang mit Problemen. Nichts wirkt hier überdramatisiert. Zwei erwachsene Personen, die einander sehr wichtig sind, haben eine Meinungsverschiedenheit. Wie gehen sie mit dieser um? Sie setzen sich zusammen hin und diskutieren das aus. Da kann es schon mal etwas lauter werden und natürlich ist nicht alles immer ohne Tränen zu überstehen, aber das ist nur normal.

„Sayonara Red Beryl“ hat kein überflüssiges Drama nötig. Hier wird nicht davongerannt, mit Gegenständen geworfen oder aufeinander eingeschlagen. Wer etwas klarstellen will, geht auf den anderen zu und teilt ihm persönlich mit, dass er über etwas reden möchte. Das mag sich unspektakulär anhören, ist es aber überhaupt nicht. Es macht die Geschichte viel ergreifender. Diese sozialen Beziehungen gehen einem zu Herzen, weil man sie leicht nachempfinden kann.

Etwas anders sieht es da in den Vergangenheitsszenen aus. Da hier Themen wie Gewalt und Misshandlung im Mittelpunkt stehen, sind sie in ihrem ganzen Ausdruck einfach extremer. Mehr Blut, mehr Tränen, aber auch an diesem Punkt bleibt die Handlung sehr ernsthaft und realistisch. Nichts wirkt wirklich übertrieben.

Fazit

Die Vampir-Boys-Love-Mangareihe „Sayonara Red Beryl“ von Atami Michinokus hat viele Überraschungen zu bieten. Selten kam eine Geschichte, in der ein Vampir die Hauptrolle spielt, so realistisch daher. Die Handlung ist ergreifend und nie überdramatisiert. Auch die Charaktere sind gut ausgearbeitet und die Welt, in der sie leben, entspricht in großen Teilen einer realen Vergangenheit, die noch gar nicht allzu lang zurückliegt.

Die Zeichnungen sind klar strukturiert und fein ausgearbeitet. Keine Linie, keine Schattierung ist überflüssig. Das Setting ist wie die Darstellung der Figuren von einer erfrischenden Natürlichkeit, die ihresgleichen sucht. Die Geschichte bleibt ergreifend und spannend, unabhängig davon, wie oft man sie schon gelesen hat.

Eine Mangareihe, die immer wieder zum Nachdenken anregt. Wie menschlich kann ein Vampir sein?

Info

Sayonara Red Beryl Band 1 Cover
„Sayonara Red Beryl“ Cover Band 1. Bild: Atami Michinoku, Carlsen Verlag

Sayonara Red Bery
Verlag: Carlsen Manga; Hayabusa
Altersfreigabe: Band 1 empfohlen ab 16 Jahren
Band 2 und 3 empfohlen ab 18 Jahren
Erscheinungsjahr: 2021
Veröffentlichungsstatus: Abgeschlossen
Mangaka: Atami Michinoku
Seitenzahl Band 1: 162
Seitenzahl Band 2: 162
Seitenzahl Band 3: 210
Preis: 7,00 Euro
Genre: Yaoi, Vampir-Boys-Love
ISBN (Band 1): 978-3-551-62078-1
ISBN (Band 2): 978-3-551-62079-8
ISBN (Band 3): 978-3-551-62080-4
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Unsere Meinung

Story
85 %
Charakterdesign
95 %
Zeichnungen
93 %
Coverdesign
90 %
Preis
95 %

Fazit

Die Vampir-Boys-Love-Mangareihe „Sayonara Red Beryl“ von Atami Michinoku entführt uns in das Japan der 1960er-Jahre und in eine Welt, in der ein einsamer Vampir versucht, ein halbwegs "normales" Menschenleben zu führen. Hier ist keine Träne und kein Tropfen Blut zu viel oder zu wenig. Eine Reihe, die vor allem durch ihre Realitätsnähe und ihre historischen Bezüge überzeugt.
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Die Vampir-Boys-Love-Mangareihe „Sayonara Red Beryl“ von Atami Michinoku entführt uns in das Japan der 1960er-Jahre und in eine Welt, in der ein einsamer Vampir versucht, ein halbwegs "normales" Menschenleben zu führen. Hier ist keine Träne und kein Tropfen Blut zu viel oder zu wenig. Eine Reihe, die vor allem durch ihre Realitätsnähe und ihre historischen Bezüge überzeugt. „Sayonara Red Beryl“ - Ein vampirischer Trauerzug für die Sterblichkeit?