Am 11. August 2014 ist mit Play Boy Blues eine weitere Boys-Love-Reihe von Shiuko Kano bei TOKYOPOP erschienen, welche gleichzeitig vor dem schon vollständig auf Deutsch herausgebrachten Punch Up spielt sowie die dort vorkommenden Nebencharaktere Shinobu und Junsuke in den Mittelpunkt stellt. Im ersten Volume haben wir bereits Einblick in deren leidenschaftliche, aber oft komplizierte Beziehung erhalten. Auch der zweite Band, der seit 13. Oktober 2014 erhältlich ist, greift diese Berg-und-Tal-Fahrt der Gefühle auf.
Ein Betriebsausflug findet bei der Baufirma, für die Shinobu arbeitet, statt. Junsuke lässt es sich nicht nehmen, seinen Liebsten auf eigene Kosten zu begleiten. Shinobu steht der somit ersten gemeinsamen Reise mit gemischten Gefühlen gegenüber. Seine Arbeitskollegen wissen nämlich nichts von dem Verhältnis mit Junsuke, und einer von ihnen, Oki, ist besonders schlecht auf ihn zu sprechen, da ein Host einst seine Freundin verführt haben soll.
Ein alter Freund lässt sich wieder einmal blicken. Taku ist ein verflossener Liebhaber von Shinobus Mutter, doch der junge Mann hängt sehr an ihm. Junsuke beäugt den Übernachtungsgast eher argwöhnisch, da dieser in der Vergangenheit von Shinobu immer wieder viel Geld bekommen hat. Das ungute Gefühl bestätigt sich. Als die beiden am nächsten Abend von der Arbeit im Club heimkehren, fehlt von Taku jede Spur. Mit ihm sind Junsukes Sparbuch, Geldkarten und Uhr verschwunden.
Im ersten Band hatte schon Punch Up-Protagonist Motoharu Maki als Seitensprung von Shinobu seinen Auftritt. Mit Kota Oki findet nun auch dessen Partner als Nebencharakter seinen Weg in Play Boy Blues. Da dieser Manga zeitlich vorher angesetzt ist, sind Motoharu und Kota hier noch nicht zusammen. Das erste Aufeinandertreffen steht sogar noch aus und kann in Kapitel eins von Punch Up gelesen werden. Tatsächlich spielt eine Bemerkung (mit Fußnote) von dort auf eine Szene in diesem Band an. Kota weigert sich später nämlich, nachdem er wegen Motoharus Katze aus seiner Wohnung geflogen ist, bei Shinobu zu übernachten, weil er Angst von Junsuke hat. So gesehen bringt das Erlebnis auf dem Betriebsausflug die Handlung der anderen Reihe bereits ins Rollen. Noch zwei weitere euch eventuell bekannte Charaktere verzeichnen einen (nicht namentlich genannten) Gastauftritt. Wer den Einzelband Punch Up + Yaizu Brothers bereits intus hat, wird in diesem Teil auch Go Yaizu und Gaku Asahina erkennen.
Shiuko Kano behält den episodenhaften Erzählstil bei. In jedem Kapitel steht ein neues Ereignis im Mittelpunkt. Lockere Verknüpfungen zwischen den Abschnitten wirken jedoch einem abgehackten Lesefluss entgegen. So spielt unerwartet die erste Szene aus dem vorherigen Band dieses Mal eine sehr wichtige Rolle. Wer den Anfang von Play Boy Blues schon vergessen hat, sollte sich das erste Volume anlässlich dessen wieder zu Gemüte führen. Eine durchgehende Konstante sind Shinobus Gefühle für Junsuke, die zwar stark, aber auch von Unentschlossenheit geprägt sind.
Shinobu, aus dessen Sicht oft erzählt wird, wächst mir immer mehr ans Herz. Obwohl er in der Beziehung mit seinen mittlerweile 25 Jahren – was der Host-Club in diesem Band mit einer Geburtstagsfeier zelebriert – der ältere ist, tritt Junsuke mit seiner Ernsthaftigkeit und unerschütterlichen Zuneigung reifer auf. Dabei werden dem Leser viele Einblicke in Shinobus Gefühlswelt zuteil. Der Host sowie Bauarbeiter in einem denkt viel über sich und seinen Liebhaber nach. Er freut sich einerseits über jede liebevolle Zuwendung, andererseits hinterfragt Shinobu das Zusammensein und wird von der Frage gequält, ob so etwas überhaupt langfristig funktionieren kann. Besonders das Kapitel mit Taku verleiht tiefere Einsicht darin.
Gleichzeitig tut Shinobu etwas für die Beziehung – vielleicht sogar ohne es selbst zu merken. Er steht Junsuke bei Problemen bei und besänftigt ihn, wenn den Host die Wut ergreift. Ein zorniger Junsuke ist nämlich jemand, dem man nicht begegnen möchte. In so einer Situation hat der junge Mann seine eigenen Handlungen nur schwer unter Kontrolle, während es Shinobu gelingt, Ruhe zu bewahren. Die beiden ergänzen einander lückenlos, auch wenn ihre Liebe kompliziert und schwierig erscheint. Daher ist es sehr wichtig, dass es immer wieder Gesten gibt, welche klar ausdrücken, wie viel der jeweils andere einem am Herzen liegt. Der Betrachter sollte im zweiten Band einige davon finden, und damit ziele ich nicht einmal auf die Sexszenen ab, die dieses Mal wieder in einer ansehnlichen Anzahl vertreten sind. Sie stellen nämlich letztendlich nur das Resultat der intensiven Leidenschaft dar, welche die Protagonisten hüten, als wäre es ein leicht zerbrechliches Gut.
Wie Fans bereits aus dem ersten Band wissen, zeichnet Shiuko Kano sehr explizite Sexszenen und ist dabei bemüht, die Figuren möglichst dynamisch, lebhaft sowie aktiv zu präsentieren. Das schafft sie auch. Weniger anzüglich fallen dagegen einfache Posen im Adamskostüm aus, bei denen sich das Auge mehr auf die proportionalen Verhältnisse stürzt. Da schießt Kano gerne einmal weit übers Ziel hinaus. Das kennen Sammler sicher noch aus dem vorherigen Volume. Lange Oberkörper, breite Schultern und große Hände – die typischen Ausschweifungen, welche in einem Boys-Love-Werk passieren können. Diese passieren natürlich nicht nur, wenn die Charaktere nackt sind, fallen hier aber besonders ins Gewicht, weil die proportionalen Diskrepanzen dafür sorgen, dass eine Szene, die sexy sein soll, ihre Wirkung leider verfehlt. Vielleicht tröstet den ein oder anderen die enthaltene Farbseite darüber hinweg.
Play Boy Blues hat zeichnerische Makel, doch das haben wir bereits im ersten Band festgestellt. In Kanos 2013 herausgebrachtem Punch Up + Yaizu Brothers macht sich übrigens eine technische Verbesserung im Stil bemerkbar. Ich nehme die proportionalen Übertreibungen jedoch gerne in Kauf, da Play Boy Blues auf emotionaler Ebene überzeugt. Shinobu und Junsuke sammeln mit jedem Kapitel mehr Punkte bei mir. Charakterlich total verschieden angelegt, vertreten sie das Sprichwort »Gegensätze ziehen sich an«. Obwohl eine tiefe Zuneigung da ist, steht die Beziehung noch auf wackligen Beinen, sodass man immer Zweifel am Verhältnis vermuten muss. Shiuko Kano vereint im Werk ernste und humorvolle Züge zu einer ansprechenden Mischung, die auch noch im zweiten Band nichts an ihrem prickelnden Geschmack verloren hat.
Wir bedanken uns bei TOKYOPOP für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars zu Play Boy Blues, Band 2.
DetailsTitel: Play Boy Blues, Band 2 |
Play Boy Blues © 2007 Shiuko Kano, Libre Publishing Co., Ltd.
© TOKYOPOP GmbH, Hamburg 2014