Das Thema Abtreibung sorgt in Japan immer wieder für Diskussionen. Nun soll erstmals eine Abtreibungspille für den japanischen Markt zugelassen werden. Das Verfahren bringt jedoch zahlreiche Hürden mit sich und stößt auf den Widerstand der Regierung.
Das britische Pharmaunternehmen Linepharma will die erst für Japan zugelassen Abtreibungspille auf den Markt bringen. In den USA sowie Europa sind solche Pillen schon seit den 90er zugelassen und sie sind in mehr als 65 Ländern erhältlich. Nur in Japan stellte sich der Verkauf bisher als große Herausforderung dar.
Anwendung soll schnell und sicher sein
Dabei könnte die Abtreibungspille für viele Menschen den Eingriff erleichtern. Yutaka Osuga, Professorin für Geburtshilfe und Gynäkologie an der University of Tokyo bestätigt, dass das Medikament kaum Nebenwirkungen hat und sehr sicher ist. Dazu können Patienten sie ganz ohne eine Operation nehmen.
Laut Linepharma wurde der letzte klinische Test für die Pille bereits Ende 2020 abgeschlossen und sie hat eine Wirksamkeit von 93,3 Prozent. Sobald die zusätzlichen klinischen Testphasen abgeschlossen sind, will das Unternhemen dieses Jahr noch so eine Zulassung bei der harmaceuticals and Medical Devices Agency (PMDA) beantragen.
Die Pillen können in den ersten neun Wochen der Schwangerschaft genommen werden. Zuerst muss eine Person eine Mifepriston-Abtreibungspille einnehmen und zwei Tage später vier Misoprostol Tabletten. Der Wirkstoff in den Tabletten blockiert Hormone, die eine Schwangerschaft unterstützen und sorgt so für einen Abbau der Gebärmutterschleimhaut.
Japan als großer Gegner der Abtreibungspille
Da der Prozess etwa wie eine Menstruationsblutung funktioniert, fangen Patienten an zu bluten und sie sollten Schmerzmittel gegen die Kontraktionen nehmen. Sollte am Ende der Behandlung doch noch Rückstände in der Gebärmutter sein, könnte doch noch ein leichter chirurgischer Eingriff nötig sein.
Obwohl die Pillen als sehr sicher gelten und zahlreichen europäischen Ländern von Schwangeren deutlich bevorzugt werden, lehnte Japan sie bisher ab. Seit 2004 gibt es strenge Einfuhrbeschränkungen für Abtreibungspillen durch Einzelpersonen, da es im Ausland angeblich zu gesundheitlichen Problemen kam und es wird aktiv vor den Pillen gewarnt.
2010 sollte deswegen eine Frau in Tokyo angeklagt werden, die mit persönlich gekauften Pillen abgetrieben haben soll. März 2013 wurde dann sogar eine Warnung von der Verbraucherzentrale veröffentlicht, da weiterhin die Pillen mit hoher Nachfrage online gekauft wurden.
Eine Frage des Geldes
Im selben Jahr veröffentlichte die Japan Association of Obstetricians and Gynecologists eine Erklärung zu der Abtreibungspille, in der sie sich für eine Zulassung aussprachen. Es wurde dabei vorgeschlagen, dass die Regierung die Pillen nur über bestimmte Ärzte verteilen lässt.
Dass es so lange bis zu Einführung dauert, liegt zum einen daran, dass Ärzte es nicht aktiv sie um eine Förderung bemüht haben. Zusätzlich kostet die Einführung von neuen Medikamenten viel Geld, Zeit und Planung.
Abtreibungen werden zurzeit in Japan nicht von der öffentlichen Krankenkassen übernommen und kosten deswegen zwischen 100.000 (770,69 Euro) bis 200.000 Yen (1.541,39 Euro). An sich wird gefordert, dass die Abtreibungspillen kostengünstig sind, sie werden aber vermutlich eher einen ähnlichen Preis wie die Alternativen haben.
Japan wandelt sich nur langsam
In anderen Ländern werden die Pillen zusammen mit Schmerzmitteln über medizinische Einrichtungen verschrieben. Die Einnahme selbst erfolgt dann meistens zu Hause. Einige Experten empfehlen jedoch eine ärztliche Aufsicht. Auch gibt es die Kritik, dass aufgrund der mehreren Kontrolluntersuchungen eine höhere Belastung entsteht als durch schnelle Operationen
Abtreibungen sind bisher nur als chirurgische Eingriffe möglich, die nur von den präfekturellen Ärzteverbänden ausgewählte Ärzte durchgeführt werden dürfen. Im Geschäftsjahr 2019 wurden laut dem Gesundheitsministerium in Japan 156.430 chirurgische Abtreibungen ausgeführt. Allgemein sind die Voraussetzung für so einen Eingriff streng und erst kürzlich gab es eine Lockerung.
Die bisherigen Methoden werden jedoch kritisiert. Die World Health Organization (WHO) veröffentlichte 2012 einen Bericht, in dem sie die Kürettage-Methode, die in Japan angewandt wird, als unsicher bezeichnen. Sie empfehlen stattdessen die Saugmethode oder Abtreibungsmedikamente, letztes wurde von Japan jedoch weiter ignoriert.