Anime gehört zu einem der wichtigsten Exportschlager in Japan, nicht umsonst erscheinen jede Season eine Menge neuer Serien und Filme. Davon profitiert auch die Tourismusbranche, denn Anime-Fans geben gerne und viel Geld aus. Doch mittlerweile wird die Frage laut, ob die Branche nicht übertreibt.
Gerade Anime-Fans aus Asien fahren gerne nach Japan, um Orte zu besuchen, die auch in einem Anime zu sehen waren. Angesichts der Olympischen Spiele 2020 in Tokyo geht die Tourismusbranche davon aus, dass die Zahl der Anime-Touristen weiter steigen wird.
1,24 Millionen Anime-Touristen besuchten Japan im vergangenen Jahr
Laut einer Umfrage der Japan Tourism Agency im Jahr 2018 gaben 4,6 Prozent der rund 140.000 befragten Touristen in Japan an, Anime- oder Filmorte besucht zu haben. Wenn man bedenkt, dass im vergangenen Jahr 31,19 Millionen Menschen Japan besucht haben, macht das ungefähr 1,24 Millionen Menschen aus.
Seichi junrei (Pilgerfahrt zu einer heiligen Stätte) war 2016 eines der Schlagworte Japans, als Massen von Touristen zu Orten führen, die in „Your Name.“ und anderen Anime gezeigt wurden.
Laut einem Ranking der chinesischen Tourismus-Webseite Mafegnwo gehören zu den beliebtesten Reisezielen von Anime-Fans der Tokyo One Piece Tower, einen Themenpark im Tokyo Tower, der alles bietet, was „One Piece“-Fans sich wünschen. Außerdem auf der Liste dabei ist das Freilicht-Architekturmuseum Edo-Tokyo in Koganei, das in Hayao Miyazakis Film „Spirtited Away“ vorkommt und Orte in Tokyo, die im Film „5 Centimeters per Second“ vorkommen.
Anime ist ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor
Die Anime-Tourism Association erstellt jährlich eine Liste mit 88 Orten in Japan, die für Anime-Fans im In- und Ausland ein lohnendes Reiseziel sind. Und die Fans nutzen diese Liste gerne, denn viele Städte geben an, dass die Besucherzahlen deutlich gestiegen sind.
Japan profitiert also von dem Trend, dass Orte von Fans besucht werden, weil sie in einem Anime vorkommen.
Doch mittlerweile werden die Klagen lauter, dass die Branche übertreibt. Nicht nur, dass sich allgemein über die vielen Touristen, von denen sich einige nicht benehmen können, geklagt wird, auch kleine Ortschaften sind oft mit dem Ansturm überfordert.
Außerdem ergreifen immer mehr Firmen Maßnahmen, damit die Anwohner durch den Ansturm nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.
Verstopfte Züge und Innenstädte
Zum Beispiel hat die Enoshima Electric Railway seit der letzten Golden Week dafür gesorgt, dass Anwohner, die eine kleine Bahnlinie nutzen, die eine Haltestelle an einer Kreuzung hat, die im Anime „Slam Dunk“ vorkommt, diese bevorzugt benutzen können. Die kleine Bahnlinie wurde förmlich von Menschen überrannt.
Mittlerweile können Anwohner ihren Personalausweis vorzeigen um vor den Anime-Touristen in die Züge einsteigen zu können.
Neben verstopften Zügen gibt es auch das Problem der verstopften Innenstädte. Denn die Fans stellen sich gerne an dieser Kreuzung auf, um Selfies zu machen, während sie wie die Hauptfigur Hanamachi Sakuragi posieren. Das stört natürlich den Verkehr.
Auch Geschäfte, die sich zwar über die Touristen und damit zusätzlichen Kunden freuen, stöhnen mittlerweile. Denn der Ansturm wird immer größer und ist gerade für kleine Geschäfte schwierig zu bewältigen. Das Resultat: Wer in der Nähe eines Ziels für Anime-Touristen lebt, der hat es manchmal sogar sehr schwer einkaufen zu gehen.
Benimmregeln für Anime-Touristen
Im März verabschiedete die Gemeindeversammlung von Kamakura eine Verordnung, um Touristen auf die japanische Etikette an öffentlichen Orten aufmerksam zu machen. Handlungen wie das Aufnehmen von Fotos auf Straßen und das Essen während des Gehens werden nicht gerne gesehen und Touristen sollten es unterlassen.
Die Branche arbeitet indes weiter, Anime bekannter zu machen und noch mehr Menschen in das Land zu ziehen. Für Japans Premierminister Shinzo Abe ist der Tourismus ein großer und wirtschaftlicher Faktor, gerade da der Handelskrieg zwischen den USA und China auch der japanischen Wirtschaft zusetzt. Allerdings fehlt es an vernünftigen Maßnahmen, damit Anwohner nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.