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HomeNachrichten aus JapanImmer mehr japanische Frauen werden von Armut betroffen sein

Vernünftige Rücklagen für die Rente zu schaffen, ist für japanische Frauen kaum möglich

Immer mehr japanische Frauen werden von Armut betroffen sein

Eigentlich tut sich viel für Frauen in Japan, das Land hat zwar noch eine Menge Arbeit vor sich, aber es wird einiges getan. Nur das wird nicht reichen.

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In Japan ist der Anteil von Frauen in der Wirtschaft historisch niedrig, die Zahl ist zwar auf 71 Prozent gestiegen, aber immer noch steht das Land hinter anderen Industrienationen zurück.

Trotz Maßnahmen sehen viele Frauen einer schwierigen finanziellen Zukunft entgegen

Immerhin verfügt das Land über eines der weltweit besten Gesetze für Elternurlaub und hat kürzlich die „befristete Vollzeitbeschäftigung“ auf den Weg gebracht, womit man sich in erster Linie an Mütter richtet, die Beruf und Familie vereinbaren müssen. Auch die Kinderbetreuung wird verbessert.

Aber, auch wenn es sich anhört, als ob es japanische Frauen einfach haben, stehen Frauen einer schwierigen finanziellen Zukunft gegenüber. Mehrere Faktoren, wie die alternde Bevölkerung, sinkende Geburtenraten und anachronistische Geschlechterdynamik, sorgen dafür, dass die Aussicht auf einen geregelten Ruhestand nicht sehr gut ist.

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Laut Seiichi Inagaki, Professor an der Internationalen Universität für Gesundheit und Soziales, wird sich die Armutsquote älterer Frauen in den nächsten 40 Jahren auf 25 Prozent mehr als verdoppeln.

Bei alleinstehenden älteren Frauen könnte die Armutsquote sogar 50 Prozent erreichen.

In Japan leben die Menschen länger als in allen anderen Ländern der Welt und die Geburtenrate ist aktuell am niedrigsten seit Beginn der Aufzeichnung. Infolgedessen wird die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter in Japan bis 2055 um 40 Prozent zurückgehen.

Immer mehr ältere Menschen bedeuten immer mehr Sozialkosten

Doch immer mehr ältere Menschen bedeuten auch immer mehr Ausgaben für die Sozialkosten und die japanische Regierung reagiert darauf, indem sie die Leistungen kürzt und gleichzeitig das Rentenalter anhebt. Einige Menschen in Japan reagieren auf diese Maßnahmen, indem sie Geld anlegen in der Hoffnung, dass sie durch Anlagengewinne ihre Rente absichern können. Eine solche Strategie erfordert jedoch Einsparungen und die erfordern wiederum ein vernünftiges Einkommen, etwas, wofür Frauen in Japan zurzeit noch kämpfen.

Japans geschlechtsspezifisches Lohngefälle ist eines der größten in den Industrienationen. Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung bekommen japanische Frauen 73 Prozent weniger Gehalt wie Männer. Japans demografische Krise verschärft die Lage: Rentner, die länger leben, benötigen zusätzliche 166.000 Euro, um die prognostizierten Defizite im öffentlichen Rentensystem zu überstehen, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Regierungsbericht.

In einer weiteren Studie wurde für japanische Frauen nachgerechnet: 20 Jahre bevor sie sterben, wird ihnen das Geld ausgehen.

Private Altersvorsorge wird immer wichtiger

Die von der japanischen Financial Services Agency im Juni 2019 veröffentlichten Berechnungen zur Altersvorsorge lösten einen solchen Aufschrei aus, dass die japanische Regierung das Papier schnell ablehnte und sagte, die Leute seien unnötig besorgt. Laut Wirtschaftsbeobachtern war der Bericht jedoch nicht mehr aktuell: Japans Rentensystem belegt laut Melbourne Mercer Global Pension Index den 15. Platz von 37 Nationen.

Takashi Oshio, Professor am Institut für Wirtschaftsforschung an der Hitotsubashi-Universität in Tokyo, meint, private Renten und marktbasierte Altersvorsorgeinvestitionen seien heute viel wichtiger als früher. Die Zeiten, in denen man völlig von der staatlichen Rente leben konnte, sind vorbei.

Aber es gibt zusätzliche Hindernisse für japanische Frauen. Obwohl 3,5 Millionen Frauen seit dem Amtsantritt von Ministerpräsident Shinzo Abe im Jahr 2012 angefangen haben zu arbeiten, arbeiten zwei Drittel davon nur in Teilzeit.

Gehalt von Frauen steigt nur wenig an

Bei japanischen Männern steigt das Gehalt in der Regel bis zum 60. Lebensjahr an. Bei Frauen bleibt die durchschnittliche Vergütung von Ende zwanzig bis Ende sechzig weitgehend gleich. Dies ist auf Beschäftigungspausen zurückzuführen, die nicht auf Vollzeit, sondern auf Kinder oder Teilzeitarbeit zurückzuführen sind. Seit Mitte der 2000er Jahre sind die Teilzeitbeschäftigungsquoten für Frauen in mehr als der Hälfte der OECD-Länder gesunken. In Japan kehrt sich der Trend jedoch um, da die Teilzeitarbeit bei Frauen in den letzten 15 Jahren zunimmt.

Eines der erklärten Ziele von Abe ist es, mehr Frauen zu ermutigen, nach der Geburt weiterzuarbeiten, was Teil seiner sogenannten Womenomics-Initiative ist. Laut einer kürzlich durchgeführten Regierungsstudie wechselten jedoch fast 40 Prozent der Frauen, die während der Schwangerschaft einen Vollzeitjob hatten, in Teilzeit oder verließen die Firma, in der sie arbeiteten.

Nach Angaben der Regierung belaufen sich die monatlichen Lebenshaltungskosten für einen japanischen Haushalt mit mehr als zwei Personen auf 287.315 Yen. Etwa 15,7 Prozent der japanischen Haushalte leben unterhalb der Armutsgrenze, was ungefähr 842,63 Euro pro Monat entspricht.

Frauen in Teilzeit verdienen oft nur 1 Million Yen im Jahr

Nach Angaben des japanischen Ministeriums für innere Angelegenheiten und Kommunikation verdienen mehr als 40 Prozent der teilzeitbeschäftigten Frauen 1 Million Yen (ca. 8.215,98 Euro) oder weniger pro Jahr.

Der Mangel an Sozialleistungen, Arbeitsplatzsicherheit und Aufstiegschancen, was Kennzeichen einer Vollzeitbeschäftigung in Japan sind, machen Frauen finanziell anfällig, insbesondere wenn sie keinen Partner haben, mit dem sie ihre Ausgaben teilen können.

In Japan machen die öffentlichen Renten 61 Prozent des Einkommens älterer Haushalte aus. Das System bietet allen Bürgern grundlegende Vorteile und wird von Arbeitnehmern im Alter von 20 bis 59 Jahren sowie durch staatliche Zuschüsse finanziert. Viele Rentner erhalten zusätzliche Einkünfte aus betrieblichen Altersversorgungsplänen.

Während Witwen einen Teil der Rente eines verstorbenen Ehepartners in Anspruch nehmen können, steigt die Zahl der unverheirateten Japaner stetig an und hat sich seit 1980 mehr als verdreifacht. Die jüngste Umfrage ergab, dass die Quote für Frauen 14 Prozent gegenüber 23 Prozent für Männer beträgt.

Japan hat in der Vergangenheit Anreize für verheiratete Frauen geschaffen, ihre Beschäftigung auf solche Jobs außerhalb des Berufslebens zu beschränken. Niedrigere Löhne bedeuten, dass sie die Vorteile des Ehegattenabzugs in Anspruch nehmen können. Beispielsweise gewährt die japanische Regierung einem männlichen Arbeitnehmer einen Steuerabzug von 380.000 Yen, wenn seine Frau weniger als 1,5 Millionen Yen pro Jahr verdient.

Auch die Privatwirtschaft tut einiges. Viele Unternehmen gewähren ihren Mitarbeitern eine Zulage, solange ihr Partner weniger als einen bestimmten Betrag verdient. Etwa 84 Prozent der privaten Unternehmen in Japan bieten Arbeitnehmern rund 17.282 Yen pro Monat an, solange ihr Ehepartner weniger als einen bestimmten Betrag im Jahr verdient.

System mit Tücken

Und so freuen sich nur wenige Frauen darüber, dass der Mindestlohn erhöht wurde, denn damit wurden Leistungen gestrichen. Das wiederum führte dazu, dass viele Frauen ihre Arbeitszeiten reduzierten.

Diese Grenzen sind unter verheirateten Frauen in Japan als Mauer bekannt. Wenn eine Frau nicht in Teilzeit genug Geld verdient, um sich Einkommenssteuern zu leisten und auf eheliche Leistungen zu verzichten, ist es nicht sinnvoll, zusätzliche Stunden zu arbeiten. Aber diese Art von Stunden zu arbeiten bedeutet weniger Zeit für Kinder, was in der Regel dazu führt, dass viele Frauen in Teilzeit wechseln.

Eine im letzten Jahr veröffentlichte Regierungsumfrage bot einen düsteren Ausblick. Die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsplatz hat sich nicht verbessert. Etwa 28,4 Prozent der Frauen gaben an, bei der Arbeit gleich behandelt zu werden, ein Plus von nur 0,2 Prozentpunkten seit 2016.

Insgesamt muss die japanische Regierung dringend einiges tun, damit die Armut nicht zunimmt und Frauen die Möglichkeit bekommen, vernünftig für den Ruhestand zu sparen.

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