Das Jahr 2022 war in Japan geprägt von dem Attentat auf Shinzō Abe, der Frage, wann das Land seine Grenzen wieder für Touristen öffnen wird, und von einigen unerfreulichen Skandalen.
Natürlich spielte auch die russische Invasion der Ukraine eine Rolle, denn die dadurch verursachten höheren Kosten machen den Menschen zu schaffen. Ein Blick auf einige der wichtigsten Themen im Jahr 2022.
Endlich wieder Touristen
Japan hatte sehr schnell seine Grenzen für Touristen geschlossen, als die Pandemie das Land überrollte, und verbot kurz darauf praktisch allen Ausländern die Einreise.
Zu Beginn des Jahres begannen die Studierenden schließlich, darauf aufmerksam zu machen, was dieses Einreiseverbot eigentlich für sie bedeutet. Universitäten und Professoren aus der ganzen Welt schlossen sich ihnen an.
Der Druck auf die japanische Regierung wurde immer größer und im Frühjahr durften die Studierenden endlich wieder ins Land einreisen. Allerdings verlief das zu Anfang alles andere als reibungslos.
Touristen folgten im Sommer, allerdings zuerst nur als Pauschalreisende – eine Regelung, die ebenfalls auf Kritik stieß. Da sich die Zahlen nicht so entwickelten, wie von der Regierung erhofft, gilt seit 11. Oktober praktisch wieder uneingeschränkte Einreisefreiheit.
Corona beutelt das Land
2022 begann für Japan mit einer Coronawelle und leider endet es auch so. Überhaupt erlebte Japan einige Infektionswellen, die das Gesundheitssystem sehr schnell in die Knie gezwungen haben.
Die Hoffnung, dass die Pandemie bald vorbei sein würde, war zu Beginn des Jahres groß.
Es kam allerdings anders, denn das Land wurde von drei weiteren Infektionswellen heimgesucht. Die derzeitige Infektionslage sorgt aktuell dafür, dass die Infektionszahlen im Land erneut rapide ansteigen. Die sechste Welle war beim Jahreswechsel noch in vollem Gange, die siebte Welle folgte im Sommer.
Dennoch wurden inzwischen sämtliche Maßnahmen gelockert, einschließlich der Empfehlung, eine Maske zu tragen. Diese Lockerung war jedoch nicht sehr erfolgreich, denn das Tragen der Maske ist nach wie vor gängige Praxis in der Bevölkerung.
Das japanische Gesundheitssystem konnte die große Zahl an Infizierten nicht bewältigen, und viele Menschen mussten sich zu Hause erholen, während sie auf ein Bett in einem Krankenhaus warteten.
Aber auch diejenigen, die nicht an Corona litten, hatten Probleme, einen Platz in einem Krankenhaus zu bekommen. Immer mehr Rettungswagen suchten vergebens nach einem freien Bett für ihre Patienten und mit mehr als 35 Stunden Wartezeit wurde ein trauriger Rekord aufgestellt.
Kleine Notiz am Rand: Auch in Japan gibt es Querdenker, die in diesem Jahr negativ aufgefallen, verhaftet und zur Rechenschaft gezogen worden sind.
Shinzō Abe wird erschossen
Im Juli wurde der ehemalige Premierminister Shinzō Abe bei einer Wahlkampfveranstaltung in Nara erschossen. Allerdings nicht aus politischen Motiven, sondern wegen seiner Verbindung zur sogenannten Vereinigungskirche (bei uns besser bekannt als „Moon-Sekte“). Das Attentat löste eine Reihe von Fragen und politischen Konflikten aus.
Zum einen rückten die Verbindungen zwischen der japanischen Regierung und der Sekte in den Fokus der Öffentlichkeit. Die Kritik war groß, ebenso wie die Frage, wie viel Einfluss die Sekte tatsächlich auf die japanische Politik hat. Dies hat einige Politiker im Laufe des Jahres ihre Ämter gekostet.
Auf der anderen Seite dürfte das Staatsbegräbnis für Abe im Gedächtnis der Menschen geblieben sein, schließlich kam es zu zahlreichen, heftigen Gegenprotesten. Nicht nur die Kosten wurden kritisiert, sondern auch die Ehrung selbst, die Abe nach Meinung vieler nicht verdient hatte. Es stellte sich heraus, dass die Regierung nicht auf Kritik eingehen will. Dementsprechend fand die Veranstaltung auch mit Protesten im Hintergrund statt.
Zahnloser Premierminister
2022 hat Japans Premierminister Fumio Kishida regelmäßig gezeigt, wie zahnlos er eigentlich ist. Was die Vereinigungskirche betrifft, so hat er seine Meinung mehrfach geändert, oft nachdem eine weitere Befragung ergeben hat, dass er an Zustimmung in der Öffentlichkeit verliert.
Generell steht die japanische Regierung Ende 2022 mit einer Zustimmungsrate von nur 25 Prozent denkbar schlecht da.
Dass Kishida das Staatsbegräbnis für Shinzō Abe veranstaltet hat, trotz der massenhaften Proteste, kam nicht so gut an, genauso wenig wie die Erhöhung der Verteidigungsausgaben, die Ende des Jahres beschlossen wurde und durch Steuererhöhungen finanziert werden soll.
Trotzdem sitzt der japanische Premierminister sehr fest in seinem Sattel und wird diesen vor den nächsten Wahlen wahrscheinlich auch nicht mehr verlassen. Selbst der Rücktritt mehrerer Minister nach einer Kabinettsumstellung dürfte da nicht ins Gewicht fallen.
Japans Geburtenrate sinkt und sinkt…
Japan kämpft schon lange mit einer sinkenden Geburtenrate, die 2022 den Tiefstand von weniger als 800.000 Neugeborenen erreichen wird. Obwohl die Regierung versucht, dem entgegenzuwirken, bleibt sie erfolglos.
Die Probleme, vor denen das Land steht, sind jedoch so vielschichtig, dass sie nicht einfach mit mehr Geld und Gutscheinen zu lösen sind. Dennoch scheint das Thema in der japanischen Politik nicht allzu präsent zu sein, wie es eigentlich müsste. Zumindest wenn man sich den Wahlkampf für das Oberhaus ansieht, wo die Geburtenproblematik keine Rolle spielte.
Hinzu kommt, dass immer mehr Frauen und Männer nicht mehr heiraten wollen, weswegen auch die Scheidungsrate immer weiter zunimmt.
Schneechaos und Atomkraft
Gleich zu Anfang des Jahres sorgten starke Schneefälle für Chaos im Land, insbesondere in Hokkaido. Bereits das Vorjahr endete mit Rekordschneefällen, genauso wie aktuell auch das Jahr 2022.
Der strenge Winter hatte dazu geführt, dass es Probleme mit der Energieversorgung gab, die Japan dazu bewegt haben, eine Kehrtwende bei der Atompolitik einzulegen.
2022 wurde nämlich beschlossen, dass die Laufzeit für Reaktoren auf über 60 Jahre verlängert werden soll. Außerdem sollen auch wieder neue Atomkraftwerke entstehen.
Tonfall gegenüber Russland ändert sich
Nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine schloss sich Japan rasch den Sanktionen gegen Moskau an, auch wenn das Land weiterhin russisches Öl importiert.
Allerdings wurde auch der Ton gegenüber Russland schärfer, vorwiegend bei dem Streit um eine Inselgruppe. Während Abes Zeit als japanischer Premierminister war er sehr vorsichtig gegenüber Russland, um einen Friedensvertrag zu schließen und eine Inselgruppe zurückzubekommen, die nach dem Zweiten Weltkrieg annektiert worden war. Unter Kishida hat sich das in diesem Jahr geändert.
Das hatte zum Ergebnis, dass Russland die Friedensverhandlungen komplett eingestellt hat und seitdem immer wieder Drohungen schickt.
Inflation macht den Menschen zu schaffen
Seit Beginn der russischen Invasion der Ukraine steigen überall auf der Welt die Preise, auch in Japan. Dies führte mittlerweile dazu, dass die Verbraucherpreise im November so stark gestiegen sind, wie seit 1981 nicht mehr. Doch die lockere Geldpolitik der japanischen Zentralbank trug dazu bei, denn sie ließ den Yen an Wert verlieren, was die Importe verteuerte.
Japan hat mittlerweile ein Wirtschaftspaket geschnürt, das eine Strom- und Gaspreisbremse enthält und im neuen Jahr in Kraft treten soll.