Während der Pandemie zogen viele Stadtmenschen in Japan aufs Land, nicht zuletzt, da Unternehmen flexiblere Arbeitsmöglichkeiten einführten, darunter Homeoffice. Viele Gemeinden und auch die japanische Regierung setzten große Hoffnung in diesen Trend, der nun allerdings nachzulassen scheint.
Die Bevölkerung in Japan konzentriert sich auf die Ballungsgebiete, allen voran Tokyo, während die ländlichen Gebiete aussterben und viele davon mittlerweile als entvölkert gelten.
Tokyo wächst und wächst
In den vergangenen Jahren zogen grundsätzlich mehr Menschen nach Tokyo, als Menschen die Metropole verlassen haben. Die Pandemie führte jedoch dazu, dass die Zahl der Zuzüge schrumpfte.
Mittlerweile hat sich die Situation allerdings wieder geändert und es ziehen wieder mehr Menschen in die Stadt. Auch die Flexibilität bei den Unternehmen lässt nach, viele haben aufgehört, Homeoffice zu fördern. Für die japanische Regierung, die die Bevölkerungskonzentration auflösen will, ist bedeutet dies ein Rückschlag für ihre Pläne.
In Tokyo zogen im Jahr 2022 rund 38.000 Menschen mehr zu als weg, ein siebenfacher Anstieg im Vergleich zum Vorjahr, der vorwiegend auf junge Menschen zurückzuführen ist. Nach Angaben der Regierung beläuft sich die Differenz auf fast 100.000 für Tokyo und die drei umliegenden Präfekturen zusammen.
Als die Pandemie 2020 Japan erreichte, hatte sich die Einstellung der Menschen geändert und viele Stadtmenschen spielten mit dem Gedanken, aufs Land zu ziehen. Das Interesse war auch 2022 noch sehr groß und lag laut des Kabinettsbüros bei 34,2 Prozent. Der Hauptgrund für einen Wegzug ist einfach: Das Leben in Tokyo ist teuer.
Trotz der Hoffnung auf viele Stadtmenschen, die aufs Land ziehen, zeigen aktuelle Daten, dass rund 30 Prozent der 125 Millionen Menschen in Japan in Tokyo und Umgebung wohnen.
Gemeinden versuchen Stadtmenschen anzulocken
Eine wachsende Zahl an Gemeinden in Japan hat ihre Maßnahmen verstärkt, um Stadtmenschen anzulocken. Allerdings ändern immer mehr davon ihre Strategie und versuchen sich als Gemeinde für einen Zweitwohnsitz schmackhaft zu machen.
Die Präfektur Yamanash ist ein solches Beispiel. In Zusammenarbeit mit einer regionalen Bank bietet an Anreize, damit man als Präfektur für einen Zweitwohnsitz infrage kommt.
Die japanische Regierung hofft, dass die Ausbreitung von Homeoffice die Abwanderung in die ländlichen Gebiete ankurbeln wird und will die Bevölkerungskonzentration bis 2027 aufbrechen.
Im Mai 2020, als Japan zum ersten Mal den COVID-19-Notstand ausrief, gaben 31,5 Prozent der Befragten an, dass sie nicht direkt am Arbeitsplatz arbeiten. Laut einer Umfrage des Japan Productivity Center, bei der 1.100 Personen befragt wurden, sank dieser Prozentsatz im Januar 2023 allerdings auf 16,8 Prozent.
Interesse an einem Wegzug ist groß
Japan ist zwar traditionell für seine starre Arbeitskultur bekannt, aber auch für sein stagnierendes Lohnwachstum berüchtigt. Auch zwischen städtischen und ländlichen Gebieten klafft eine Lohnlücke. So beträgt der Unterschied beim Mindeststundenlohn zwischen Tokyo, der höchsten der 47 Präfekturen Japans, und dem niedrigsten in mehreren Gebieten, darunter Okinawa, rund 200 Yen (ca. 1,42 Euro).
Das Interesse an einem Wegzug ist groß, insbesondere bei jungen Menschen, wie Umfragen zeigen. Hier spielen vornehmlich die Lebenshaltungskosten eine große Rolle, genauso wie die Work-Life-Balance.
Eine gemeinnützige Organisation in Tokyo, die Menschen unterstützt, die einen Umzug in ländliche Gebiete in Erwägung ziehen, gab an, dass sie im letzten Jahr über 52.000 Anfragen erhalten hat. Allerdings sagen Experten, dass zwar das Interesse bei den Stadtmenschen groß ist, aber nur wenige tatsächlich umziehen.