In Japans Kindergärten fehlt es an Personal, sodass immer häufiger berichtet wird, dass Kinder während eines Ausflugs vergessen werden.
Zuletzt wurde über einen Fall berichtet, in dem ein zweijähriges Kind bei einem Ausflug vergessen wurde. Ein Sprecher der Kindertagesstätte erklärte, dass vier Mitarbeiter an diesem Tag auf 22 Kinder im Alter zwischen zwei und fünf Jahren im Park aufpassen mussten. Nach dem Spielen ließen sie die Kinder eine Reihe bilden, um sie durchzuzählen.
Immer mehr Kinder werden vergessen
Nach etwa 20 Minuten, als sie bereits wieder im Kindergarten waren, wurden sie von einer Betreuerin eines anderen Kindergartens kontaktiert, die den Jungen gefunden hatte. Erst da hatten sie bemerkt, dass der Junge im Park zurückgelassen worden ist.
Der Vorfall ist nur einer von vielen, in denen Kinder bei Ausflügen vergessen werden. Allein im Großraum Tokyo wurden zwischen 2017 und 2020 94 Fälle gemeldet. Die Dunkelziffer dürfte allerdings höher sein, da Kindergärten nicht dazu verpflichtet sind, solche Vorfälle zu melden. Zudem fordern nur wenige Kommunalverwaltungen eine Meldung.
Bei den 94 Vorfällen handelt es sich jedoch nicht nur um vergessene Kinder, sondern auch um Fälle, in denen ein Kind das Gelände der Einrichtung unbemerkt verlassen hat.
Tokyo versucht, Kindergärten zu sensibilisieren
Im oben geschilderten Fall war der Junge 10 Minuten allein im Park, es gibt allerdings auch Fälle, in denen Mitarbeiter von Kindergärten über drei Stunden nicht bemerkt hatten, dass ein Kind fehlt, bis es von der Polizei aufgegriffen wurde.
Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat die Stadtverwaltung von Tokyo in die Schulungsunterlagen für die Leiter von Kindertagesstätten aufgenommen, dass die Anzahl der Kinder genau gezählt werden muss, wenn eine Gruppe das Gelände der Kindertagesstätte verlässt und wenn sie an ihrem Zielort ankommt.
Auch Yokohama hat reagiert und in einer amtlichen Bekanntmachung dazu aufgefordert, solche Fälle sofort an die Verwaltungsstellen zu melden.
In Yokohama gab es zwischen 2018 und 2020 insgesamt 42 Fälle, in denen ein Kind vergessen wurde.
Hokkaido fordert inzwischen auch Berichte über Kinder an, die vergessen wurden. Die Berichte dienen jedoch nur zur Orientierung und zur Überprüfung, die Zahlen und Einzelheiten der entsprechenden Fälle sind nicht enthalten.
Die Präfekturen Kanagawa, Osaka, Aichi und Fukuoka fordern noch keine Meldungen an und halten sich an die Verordnung der japanischen Regierung. Nach dieser Verordnung ist eine Meldung nur erforderlich, wenn ein Kind schwer verletzt wird oder ums Leben kommt.
Mittlerweile beschäftigt sich auch das Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales mit der Situation.
Immer weniger Kindertagesstätten haben Spielplätze im Freien
Experten vermuten, dass ein Grund dafür darin liegt, dass die Zahl der Kindergärten, die nicht über Außenspielbereiche verfügen, zunimmt.
Daher werden häufiger Ausflüge unternommen, damit die Kinder an die frische Luft kommen.
Eine Studie von Hoikuen o Kangaeru Oya no Kai (Elternvereinigung zur Erörterung des Themas Kindertagesstätten) ergab, dass im Jahr 2021 durchschnittlich nur 70,6 Prozent der Kindertagesstätten in 100 größeren Gemeinden Japans über Spielplätze verfügten. 10 Prozent weniger als im Jahr 2015.
Da es häufig vorkommt, dass Kinder aus verschiedenen Kindertagesstätten zur gleichen Zeit im gleichen Park spielen, verlieren die Betreuer schnell den Überblick.
Ein weiterer Faktor ist die Überlastung des Personals. Die Regierung schreibt vor, dass sich in einer zugelassenen Kindertagesstätte eine Betreuungsperson um bis zu drei Kinder unter einem Jahr und eine um sechs Kinder bis zu zwei Jahren kümmern sollte.
Allerdings erfüllen nur wenige Einrichtungen diesen Standard, da das Personal knapp ist und es keine Seltenheit ist, dass Betreuer viele Überstunden machen müssen. Diese Situation hat sich noch verschärft, nachdem die japanische Regierung den Besuch eines Kindergartens bereits ab dem zweiten Lebensjahr eingeführt hat.