Seit über 70 Jahren unterzeichneten Japan und Russland keinen Friedensvertrag. Die beiden Länder liegen seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in einem Territorialstreit. Nun unterbreitete Russlands Präsident dem japanischen Premierminister ein überraschendes Friedensangebot.
Putin trat an Abe heran und verkündete, bis Jahresende mit Japan einen Friedensvertrag „ohne Vorbedingungen“ abschließen zu wollen. Das Angebot kam für Japan sehr abrupt. Inhalt des Streits zwischen beiden Nationen ist eine Inselgruppe vor Japans nördlichster Hauptinsel Hokkaido. Die Inseln sind momentan von Russland besetzt, werden aber von Japan beansprucht. Bis jetzt laufen bilaterale Verhandlungen über die Souveränität der Inselgruppe. Tokyo vertritt den Standpunkt, dass erst nach der Klärung der territorialen Zugehörigkeit ein Friedensvertrag zwischen beiden Ländern möglich ist.
Das Friedensangebot und die Hintergründe
Auf einem Wirtschaftsforum in Wladiwostok sagte Putin, dass ihm gerade die Idee zu diesem Friedensangebot gekommen sei. Seine Absicht sei, als „Freunde“ zuerst diesen Friedensvertrag abzuschließen und danach die Territorialfrage zu klären. Während der russische Präsident beteuerte, er mache darüber keine Scherze, steht die Frage im Raum, was „ohne Vorbedingungen“ zu bedeuten hat. Abe gab dazu keinen weiteren Kommentar, forderte Putin aber auf, die Diskussion um einen Friedensvertrag zu beenden.
Japans Kabinettschef Yoshihide Suga sagte auf einer Pressekonferenz in Tokyo, am vergangenen Montag habe Putin noch keinen derartigen Vorschlag unterbreitet, als sich die beiden Staatsoberhäupter in Wladiwostok trafen. Dem gegenüber gab der stellvertretende russische Außenminister Igor Morgulov bekannt, dass Moskau zu Gesprächen über dieses Thema bereit sei. Wann die Gespräche beginnen können, hängt von der Bereitschaft der Japaner ab.
Der Streitpunkt, die nördlichen Inseln Japans (Etorofu, Kunashiri, Shikotan und die Habomai-Inselgruppe) bzw. die südlichen Kurilen Russlands, wurden 1945 von der damaligen Sowjetunion erobert, nachdem Japan kapituliert hatte. Beide Länder unterzeichneten 1956 eine gemeinsame Erklärung zur Beendigung der Kriegshandlungen und zur Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen. Ein Punkt des Abkommens beinhaltet die Rückgabe der Inseln Shikotan und die Habomai an Japan, wenn Tokyo einen formalen Friedensvertrag unterzeichnet.
Japan bestreitet dies und behauptet, dass alle Inseln durch Moskau zurückgegeben werden müssen. Seit 2016 versucht nun Japan, gegenseitiges Vertrauen durch bilaterale wirtschaftliche Zusammenarbeit, unter anderem auf den Inseln, aufzubauen, um eine Lösung für die Territorialfrage und die Vertragsfrage zu finden.
Quelle: Kyodo News