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Freiheitsberaubung als Therapie

Krankenhaus muss Schadensersatz wegen des Festhaltens eines Hikikomori zahlen

Ein Krankenhaus in Japan wurde von einem Gericht zur Zahlung von 3,08 Millionen Yen (etwa 21.000 Euro) Schadensersatz verurteilt, weil es einen Hikikomori (eine Person, die sich von der Gesellschaft isoliert hat) unrechtmäßig festgehalten hat.

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Das Gericht stellte fest, dass der Krankenhausaufenthalt des Mannes nicht rechtmäßig war, da er den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprach.

Hikikomori gewaltsam aus der Wohnung geholt

Laut des Urteils hat der Mann seit seinem Universitätsabschluss nicht mehr gearbeitet und bei seinen Eltern gelebt. Am 3. Mai 2018 wurde er von einem Mitarbeiter eines Unternehmens auf Anweisung seiner Eltern gewaltsam aus der Wohnung geholt.

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Das Unternehmen bietet Eltern an, Hikikomori zu therapieren. Für diese Therapie werden die Menschen allerdings gewaltsam aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen und in eine Klinik gebracht. Diese Methode bieten immer mehr Unternehmen in Japan an, allerdings gilt sie als höchst problematisch, da sie die individuellen Probleme der Betroffenen ignoriert. Allerdings fehlt es in Japan an Sozialarbeitern, um Hikikomori zu helfen und immer mehr Eltern wenden sich daher an solche Unternehmen.

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Der Mann wurde von dem Unternehmen in ein Krankenhaus in Tokyo gebracht, wo die Ärzte eine akute und vorübergehende psychotische Störung diagnostizierten, was zu einer Einweisung zur medizinischen Versorgung zu seinem Schutz führte.

Mit dem Einverständnis der Eltern wurde der Hikikomori 50 Tage lang dort behalten.

Während seines Krankenhausaufenthalts wurde der Mann drei Tage lang fixiert und gezwungen, Windeln zu tragen.

Als er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, musste das Opfer in einer Wohnung leben, die das Unternehmen für ihn vorbereitet hatte. Von dort floh er, nachdem er rechtlichen Beistand gefunden hatte.

Für das Gericht war nach der Einsicht in die elektronische Krankenakte klar, dass der Krankenhausaufenthalt rechtswidrig war. Zudem ging aus den Akten hervor, dass der Arzt, der das Opfer behandelt, gar kein ausgewiesener Psychologe war.

Keine Beweise für eine psychische Störung

In dem Urteil wurde auch festgestellt, dass es keine Beweise dafür gab, dass der Mann an psychischen Störungen litt, als er die Ärzte aufsuchte. Darüber hinaus stellte das Gericht fest, dass das Krankenhaus das Unternehmen über den Zustand des Hikikomori unterrichtete, was eine Weitergabe sensibler medizinischer Informationen darstellt.

Das Opfer reichte zudem eine Klage gegen das Unternehmen ein, das ihn entführt hatte. Ein Gericht hatte das Unternehmen bereits im März zur Zahlung von 1,1 Millionen Yen (etwa 7.594 Euro) Schadensersatz wegen Freiheitsberaubung verurteilt.

Zwangseinweisung von Menschen, die eine körperliche oder geistige Behinderung haben, sind in Japan an der Tagesordnung. Im September forderte die UN Japan auf, diese Zwangsanweisungen einzustellen.

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