In der langen Geschichte der japanischen Papierfaltkunst (Origami) gibt es keine Form, die bekannter ist als die des majestätischen Kranichs. Der gefaltete Vogel wurden durch die berührende Geschichte des Hiroshima-Atombombenopfers Sadako Sasaki zum internationalen Friedenssymbol. Sie glaubte fest daran, dass sie einen Wunsch erfüllt bekommt, wenn es ihr gelingt, 1.000 Kraniche zu falten.
Die Geschichte bezauberte Menschen überall auf der Welt und verbreitete die friedliche Botschaft, sodass es schwer vorstellbar ist, dass jemand Origami-Kraniche als Bedrohung einsetzen könnte. Aber während viele mit den Vögeln für Frieden bitten, gibt es zumindest einen Mann in Kobe (Präfektur Hyogo), der damit eine ganz andere Vorstellung verbindet. Mitte Mai verhaftete die Polizei von Kobe einen 22-jährigen Mann, der Drohbriefe an seine ehemalige Fahrschule schrieb.
Drohbriefen lagen Origami-Kraniche bei
Den insgesamt 15 Drohbriefen lagen immer wieder Origami-Kraniche bei, sodass am Ende eine Kiste mit 1.500 der gefalteten Kraniche gefüllt werden konnte. Die Briefe gingen zwischen Ende Oktober 2022 und Anfang April 2023 bei der Fahrschule ein. Sie waren an einen der Fahrlehrer der Schule gerichtet und wurden immer direkt in den Briefkasten eingeworfen. Darin zu lesen waren Morddrohungen sowie die wiederholte Aufforderung an den Fahrschullehrer, seinen Arbeitsplatz sofort aufzugeben. Den Botschaften waren stets Origami-Kraniche beigelegt.
Die Polizei konnte den Täter anhand von Überwachungsvideos ausfindig machen. Schnell stellte sie fest, dass es sich um einen ehemaligen Schüler der Fahrschule handelt, der im letzten Jahr seinen LKW-Führerschein nicht machen konnte. Nach seiner Verhaftung gab der junge Mann die Tat schnell zu und nannte als Grund für das Nichtbestehen der Prüfung den schlechten Unterricht. Dies habe ihn fortwährend erzürnt, so der junge Mann. Das Falten der Kraniche hätte ihm geholfen, sich zu beruhigen.
Täter wollte sich mit Falten abreagieren
In den letzten Jahren waren die Origami-Kraniche verschieden diskutiert, weil sie in Notsituationen zusammen mit dringend benötigten Hilfsgütern verschickt wurden. Die Mitarbeiter von Hilfsorganisationen mussten die Menschen immer wieder darauf hinweisen, dass ihre gut gemeinten Gesten die Arbeit und das Verteilen der Güter erschwerten, außerdem hätten sie einen negativen Einfluss auf logistische Abläufe.
Dass jemand die Kraniche mit einer negativen Intention verschickt hat, ist für viele Menschen in Japan kaum zu glauben. Doch die schiere Menge beeindruckt die Menschen. Manche empfehlen dem jungen Mann, das LKW-Fahren aufzugeben und vielmehr eine Karriere als Origamifalter anzustreben. Vielleicht hätte er die Zeit, die er für das Falten benötigte, aber besser ins Lernen investiert und dann eine Nachprüfung abgelegt.