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HomeNachrichten aus JapanKulturAusstellung in Ibaraki widmet sich legendärem "UFO"

Alte Legende in neuem Licht

Ausstellung in Ibaraki widmet sich legendärem „UFO“

Eine aktuelle Ausstellung in der Präfektur Ibaraki, östlich von Tokyo, widmet sich einer von Japans bekanntesten Legenden. Vor rund zweihundert Jahren war die Präfektur demnach Ort einer ungewöhnlichen Begebenheit, die bis heute erforscht wird: der Ankunft eines „UFOs“.

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Aktuell denkt man bei unidentifizierten Flugobjekten wohl eher an Spionageballons als an Außerirdische. Und während Japans Regierung nach den Ereignissen in den USA einige Vorfälle der letzten Jahre aufarbeitet, widmet sich das Joyo Historical Materials Museum in der Stadt Mito einem der ältesten Fälle ungewöhnlicher Sichtungen auf japanischem Boden.

Sonderausstellung zum Utsuro-bune

In der Sonderausstellung „Fushigi World Utsuro-bune“ zeigt das Museum noch bis zum 19. März Stücke rund um die Geschichte des Utsuro-bune, des „hohlen Schiffs“. Die ereignete sich vor etwa zweihundert Jahren in der Edo-Zeit, als die Geschicke Japans von Shogunen und Samurai bestimmt wurden.

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Am 22. Februar 1803 soll es an der Küste des heutigen Ibaraki, damals Hitachi genannt, angespült worden sein. In dem Schiff, das auf Darstellungen mit seiner rundlichen Form der üblichen Vorstellung von fliegenden UFOs ähnelt, fanden die Dorfbewohner der Geschichte nach eine junge Frau.

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Beschrieben wird sie, mit rotem Haar und von ungewöhnlicher Schönheit, in den Händen hielt sie eine Kiste. Die Frau sprach, so steht es in den ausgestellten Dokumenten, kein Japanisch. In ihrem Schiff fanden sich Nahrungsmittel und fremde Schriftzeichen. Da die Frau das Schiff nie verließ und die Dorfbewohner sich nicht mit ihr verständigen konnten, stießen sie das Utsuro-bune schließlich wieder aufs Meer zurück.

Geschichten aus dem „Kaninchengarten“

Verbreitung fand die Geschichte in den gehobenen Kreisen von Edo, dem heutigen Tokyo. Dort trafen sich die Menschen zu sogenannten „Toen kai“ – „Treffen im Kaninchengarten“, in denen sie ungewöhnliche Geschichten aus aller Welt miteinander teilten. Die Geschichte des Utsuro-bune fand schließlich ihren Platz in den Niederschriften eines solchen Treffens.

Eine handschriftliche Kopie einer solchen Niederschrift fanden Forschende im vergangenen Jahr in den Beständen der Showa Women’s University in Tokyo. Sie war zuvor viele Jahre im Besitz eines Schreins in Ibaraki. Bis heute fasziniert das Utsuro-bune in Japan Kulturforscher, aber auch UFO-Gläubige.

Modell des Utsuro-bune in der Sonderausstellung. Bild: AS
Modell des Utsuro-bune in der Sonderausstellung. Bild: AS

Für letztere ist die Geschichte des Utsuro-bune ein eindeutiger Beweis für die Ankunft Außerirdischer im feudalen Japan. Diese Interpretation findet sich in der Ausstellung nicht. „Die Ausstellung konzentriert sich auf das Utsuro-bune, nicht auf UFOs. Wir überlassen es den Besuchern, zu entscheiden, ob das Utsuro-bune ein UFO war,“ drückt Akiko Ozone, Expertin für Volksglauben im Museum, es diplomatisch aus.

Tatsächlich glaubten selbst Zeitzeugen des Vorfalls nicht an ein übernatürliches Ereignis. Vielmehr bietet einer der Ursprungstexte direkt eine mögliche Interpretation des Vorfalls. Darin wird beschrieben, dass es sich um eine Prinzessin eines fernen Landes gehandelt haben könnte, die nach ihrer Heirat eine Affäre hatte. Ihr Liebhaber sei getötet, sie selbst verstoßen und im Utsuro-bune auf dem Meer ausgesetzt worden. In der Box, die die Frau umklammert haben soll, hätte sich demzufolge der abgetrennte Kopf ihres Geliebten befunden.

Die Wahrheit hinter der Legende

Wahrscheinlich ist aber, da sind sich viele Forschende einig, dass die gesamte Geschichte des Utsuro-bune schlichtweg ein Volksmärchen ist. Denn obwohl die bestehenden Aufzeichnungen sehr detailliert sind, fällt auf: es gibt keine amtlichen Berichte über den Vorfall, obwohl er sich nahe der japanischen Hauptstadt ereignet haben soll. Die Ankunft zweier britischer Walfangschiffe in den gleichen Gewässern wenig später ist hingegen bestens dokumentiert.

Utsuro-bune-Experte Kazuo Tanaka, der die Geschichte seit über einem Jahrzehnt erforscht, merkte in seinen Studien noch weitere Ungereimtheiten an. So ist es ungewöhnlich, dass der genaue Ort der Ankunft des Bootes in Vergessenheit geraten sein soll – und sich nicht einmal auf alten Karten wiederfindet. So ist die Geschichte des Utsuro-bune wohl eher eine Erfindung ihrer Zeit, geboren aus Furcht vor und Faszination gegenüber der westlichen Welt und dem Übernatürlichen.

Die aktuell laufende Ausstellung in Ibaraki jedenfalls überlässt es den Besuchern, eigene Theorien aufzustellen. Dort wünscht man sich, dass die Ausstellung das Interesse am Utsuro-bune neu entfacht und die Geschichte noch bekannter macht. Denn vielleicht schlummern in Japans Archiven noch weitere Dokumente, die mehr Licht in die Geschichte bringen.

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