Der japanische Premierminister Shinzo Abe kündigte am Freitag bei einem Treffen der Liberaldemokratischen Partei (LDP) seinen Rücktritt an. Als Grund nannte er, dass seine Darmerkrankung erneut behandelt werden muss.
Diese Erkrankung hatte dazu geführt, dass Abe seine erste Amtszeit 2007 frühzeitig beenden musste, um sich behandeln zu lassen.
Abe fühlt sich krankheitsbedingt nicht in der Lage den Vorsitz der LDP zu halten
„Ich werde krankheitsbedingt nicht in der Lage sein, angemessene Urteile zu fällen.“, zitierte ein Parteikollege Abe, als er Parteimitgliedern die Gründe für seine Entscheidung mitteilte. Er forderte leitende Parteifunktionäre auf, schnell seinen Nachfolger zu wählen.
Abe wird keinen amtierenden Premierminister benennen, sondern so lange an der Spitze der LDP bleiben, bis der nächste Vorstand gewählt ist. Die Partei wird am kommenden Dienstag darüber entscheiden, wann eine Wahl abgehalten werden soll.
Abe, der nach seinem ersten Amtsantritt 2006–2007 seit Dezember 2012 Premierminister ist, hat erst kürzlich als erster japanische Premierminister die längste ununterbrochene Amtszeit in der Geschichte des Landes erreicht.
Seine Entscheidung zum Rücktritt kam für viele überraschend, auch für seine engen Mitarbeiter.
Ab 17 Uhr hielt Abe in seinem Büro die erste Pressekonferenz seit dem 18. Juni ab, um seinen Rücktritt und auch die Coronavirus-Reaktion der Regierung formell bekannt zu geben.
Der 65-jährige Premierminister unternahm im August eine Reihe von Krankenhausbesuchen zu einer, wie seine Mitarbeiter es nannten, regelmäßigen Gesundheitsuntersuchung und Nachuntersuchungen, nachdem Anfang Juli berichtet worden war, dass er in seinem Büro Blut erbrochen hatte.
Erster Rücktritt wegen einer Erkrankung 2007
Fragen zu Abes Gesundheit waren von Zeit zu Zeit aufgeworfen worden nachdem er 2007, nur ein Jahr nachdem er im Alter von 52 Jahren der jüngste Premierminister Japans in der Nachkriegszeit geworden war, wegen der Verschlimmerung seiner chronischen Krankheit (Colitis ulcerosa) überraschend zurückgetreten war.
Nach seiner Rückkehr an die Macht im Jahr 2012 sagte Abe, er habe die Darmerkrankung mithilfe eines neuen Medikaments überwunden. Am 24. August wurde er Japans dienstältester Premierminister, gemessen an der Anzahl der aufeinanderfolgenden Tage im Amt und stellte damit den bisherigen Rekord von 2.798 Tagen seines Großonkels Eisaku Sato (1901-1975) in den Schatten.
Abes Gesundheitszustand war durch seine wiederholten Krankenhausbesuche in der letzten Zeit wieder Grund für Spekulationen nachdem er sich Anfang August fast 50 Tage lang ohne Pressekonferenzen zurückgezogen hatte, obwohl er aufgefordert worden war, der Öffentlichkeit den Umgang der Regierung mit dem Coronavirus zu erklären.
Regierung immer stärker unter Beschuss
Die Maßnahmen seiner Regierung zur Bekämpfung der Pandemie steht unter viel Kritik, darunter die Verteilung von waschbaren Stoffgesichtsmasken, die zu klein und zu spät bei den Bürgern eintrafen.
Die Regierung wurde auch dafür kritisiert, dass sie plötzlich ihren Plan, mitten in der Pandemie 300.000 Yen an finanziell angeschlagene Haushalte zu zahlen und stattdessen jedem Haushalt 100.000 Yen zur Verfügung zu stellen, änderte.
Eine Meinungsumfrage von Kyodo im Juli ergab, dass 59,1 Prozent mit dem Umgang der Regierung mit der Pandemie unzufrieden waren. Die Zustimmungsrate für Abes Kabinett, die zu Beginn seiner zweiten Amtszeit bei 62 Prozent lag, lag im August bei 36,0 Prozent.
Abe versuchte Japans Wirtschaft des mit Abenomics zu stützen, indem er das Inflationsziel auf 2 Prozent festlegte und eine massive Lockerung der Geldpolitik einführte, was den japanischen Aktienindizes Auftrieb verlieh und das Land aus die Rezession führte.
Doch mehr als sieben Jahre nach seinem Amtsantritt hat Japan das Inflationsziel noch immer nicht erreicht und das anhaltend niedrige Zinsniveau hat dem Finanzinstitute geschadet.
Er erhöhte die Verbrauchssteuer zweimal, auf 8 Prozent im April 2014 und auf 10 Prozent im Oktober 2019.
Im Jahr 2014 kündigte er Änderung der japanischen Verfassung an, um den Einsatz der Selbstverteidigung bei der Verteidigung von Verbündeten auch ohne Angriff auf Japan zu ermöglichen und erweiterte die Rolle der Verteidigungskräfte im Rahmen der neuen Sicherheitsgesetzgebung im Jahr 2016. Die Änderung konnte er wegen des großen Widerstandes nicht durchführen.