In seiner ersten Rede nach seinem Amtsantritt hat der neue japanische Premierminister Fumio Kishida seine Wahlversprechen erneuert. Insbesondere will er eine neue Art von Kapitalismus in Japan etablieren und die Früchte des Erfolgs auf die Menschen umverteilen, um die Mittelschicht im Land zu stärken.
In seiner Rede vor dem Unterhaus versprach er außerdem, dass die Regierung den Kampf gegen die Pandemie intensivieren wird.
Wachstum und Wohlstand für Japan
„Nur wenn wir die Früchte des Wachstums richtig verteilen, werden wir in der Lage sein, mehr Wachstum zu erzielen“, so der neue Premierminister. „Die neoliberale Politik hat eine tiefe Kluft zwischen den Besitzenden und den Habenichtsen geschaffen.“
Als Teil seiner Strategie zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums sagte Kishida, seine Regierung werde in Spitzenbereiche wie künstliche Intelligenz investieren und sich um Gesetze bemühen, die den Abfluss von Technologien an Konkurrenten im Ausland verhindern.
Außerdem will er drastische geldpolitische Lockerungen und fiskalische Ausgaben fördern, um die Deflation zu bekämpfen, wie es die früheren Premierminister Shinzo Abe und Yoshihide Suga taten.
Kritik an den Abenomics
Mit seinen Äußerungen zur Umverteilung kritisierte Kishida jedoch die Abenomics, die zwar die Unternehmensgewinne und Aktienkurse in die Höhe getrieben hätten, die Mittelschicht allerdings nichts davon hatte.
Kishida, der am Montag nach seiner Ernennung zum Vorsitzenden der regierenden Liberaldemokratischen Partei das Amt des Premierministers antrat, versprach, Steueranreize für Unternehmen zu schaffen, die die Löhne erhöhen.
Während der gesamten Rede betonte er die Bedeutung der Kommunikation und des Aufbaus von Vertrauen, sei es mit der Öffentlichkeit oder mit anderen Ländern. Dies scheint ein Eingeständnis für die mangelhafte Formulierung der Politik zu sein, die seinen Vorgänger Suga schließlich nach etwas mehr als einem Jahr im Amt zum Rücktritt zwang.
Kishida plädierte außerdem für den Aufbau einer freundlichen und warmen Gesellschaft, die auf menschlichen Beziehungen beruht.
Neuer Premierminister will mit China zusammenarbeiten, aber auch klare Worte sagen
Im Hinblick auf die Außenpolitik versprach Kishida, mit Partnern zusammenzuarbeiten, um eine freie und offene indopazifische Region zu schaffen, ein Unterfangen, das angesichts des wachsenden wirtschaftlichen Einflusses und der militärischen Aufrüstung Chinas ansteht.
„Die Aufrechterhaltung stabiler Beziehungen zwischen Japan und China ist für die Region und die internationale Gemeinschaft insgesamt wichtig, aber Japan wird mit gleich gesinnten Ländern zusammenarbeiten, um zu sagen, was gesagt werden muss“, so der Premierminister.
Um den Bedrohungen zu begegnen, zu denen auch Nordkoreas jüngste Wiederaufnahme ballistischer Raketentests gehört, werde die Regierung ihre 2013 unter Abe ausgearbeitete Nationale Sicherheitsstrategie sowie die Leitlinien des Nationalen Verteidigungsprogramms und das mittelfristige Verteidigungsprogramm überarbeiten, sagte er.
Gleichzeitig bekräftige Kishida seine Bereitschaft, mit dem nordkoreanischen Staatschef Kim Jong Un, ohne Vorbedingungen zu treffen, um die Frage der Entführung japanischer Staatsangehöriger durch Nordkorea in den 1970er- und 1980er-Jahren zu klären.
In Bezug auf Russland sagte der Premierminister, dass es keinen Friedensvertrag für die Nachkriegszeit geben könne, ohne zuvor einen jahrzehntelangen Territorialstreit zu lösen, und dass er eine Beziehung zu Präsident Wladimir Putin aufbauen wolle, um die Verhandlungen voranzutreiben.
Zur Verfassungsrevision sagte er, er erwarte eine konstruktive Debatte im Parlament und eine stärkere öffentliche Diskussion über das weitere Vorgehen.
Die Rede war im Wesentlichen eine Auflistung der Wahlkampfversprechen der LDP für die bevorstehenden Parlamentswahlen.
Der Premierminister will am kommenden Donnerstag das Repräsentantenhaus auflösen und am 31. Oktober Parlamentswahlen ansetzten, um den Rückgang bei den COVID-19-Infektionen auszunutzen, sodass die Opposition sich nur schwer organisieren kann.
Yukio Edano, Vorsitzender der oppositionellen Konstitutionellen Demokratischen Partei Japans, kritisierte die Rede als „voller schöner Worte, aber ohne Substanz“.
„Es gab kein Wort darüber, dass verheiratete Paare die Möglichkeit haben, getrennte Nachnamen zu verwenden, oder über LGBTQ-Themen“, sagte er vor Reportern.