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Sozialer Rückzug

Immer mehr Frauen in Japan sind Hikikomori

Laut Schätzungen der japanischen Regierung sind die Hälfte aller Hikikomori in Japan inzwischen Frauen und die Zahl steigt weiter an.

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Der Begriff bedeutet in japanischer Sprache „sich zurückziehen“ und beschreibt damit Menschen, die sich selbst aus der Gesellschaft ausschließen, oft jahrelang nicht aus dem Haus gehen. Die Zahl dieser „sozialen Einsiedler“ hat sich während der Coronapandemie deutlich gesteigert.

1,46 Millionen Hikikomori in Japan

In Japan gibt laut aktuellen Daten der Regierung ungefähr 1,46 Millionen Hikikomori. Dazu werden auch Menschen gezählt, die nur das Haus verlassen, wenn es für ihr Hobby unbedingt notwendig ist.

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Der Anteil der Frauen im Alter zwischen 15 und 39 Jahren ist von 37 Prozent im Jahr 2015 auf 45 Prozent gestiegen. Der Anteil von Frauen zwischen 40 und 64 Jahren ist von 23 Prozent auf mittlerweile 52 Prozent gestiegen.

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Die Gründe für den sozialen Rückzug liegen unter anderem in häuslicher Gewalt, Missbrauch, aber auch finanzieller Probleme und den Verlust des Arbeitsplatzes.

Die Behörden in Japan versuchen einiges, um den Menschen zu helfen, allerdings wollen viele keine staatliche Hilfe in Anspruch nehmen.

In einer Umfrage des Edogawa Ward in Tokyo, die im August 2022 veröffentlicht wurde, zeigte sich, dass 30 Prozent der Hikikomori staatliche Hilfe ablehnen, da für viele es nur eine Art der Umerziehung ist und die individuellen Probleme ignoriert werden. Dazu kommt, dass die Hilfsangebote oft nur auf junge Menschen abzielen.

Hilfe oft nur Oberflächlich

Es stellt sich daher immer wieder die Frage, wie man diesen Menschen am besten helfen kann. Die Unterstützung zielt meistens darauf ab, sie zurück ins Berufsleben zu führen, doch laut Experten wird dabei verkannt, dass die meisten Hikikomori einen Kampf ums Leben führen und Ängste haben, die viele Hilfsangebote ignorieren.

Mitte Juni fand in Tokyo ein Treffen für Frauen statt, damit sie über ihren sozialen Rückzug sprechen konnten. Bei der Veranstaltung nahmen 65 Frauen teil.

Viele sprachen darüber, dass sie sich zurückgezogen haben, weil sie jahrelang in einem schlecht bezahlten Job gearbeitet haben und ihr Leben nicht so, wie erhofft verlaufen ist.

Eine Frau erzählte, dass sie nach der Schule an ein Unternehmen geraten ist, das in Japan als „dunkles Unternehmen“ bezeichnet wird. Die Angestellten wurden ausgenutzt, mussten viele Überstunden leisten und bekamen nie ihr volles Gehalt. Nachdem sie gekündigt hatte, schulte sie um, aber auch der nächste Job verlief alles andere als gut und so zog sie sich zurück.

Die gesamten Erfahrungen der Teilnehmer zeigten, dass sie schlechte Erfahrungen insbesondere in der Arbeitswelt gemacht hatten und es vielen schwerfällt, eine positive Einstellung zurückzugewinnen.

Kyoko Hayashi, Co-Vorsitzende der Organisation, die seit 2016 170 solcher Veranstaltungen für Frauen veranstaltet hat, sagte nach der Veranstaltung: „Endlich gibt es Zahlen, die der Situation gerecht werden. Das Mitgefühl und das Sprechen miteinander aus der gleichen Perspektive ermöglicht es diesen Menschen, durch den Gedanken ‚Ich bin nicht allein‘ gestärkt zu werden.“

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