Japan tut sehr viel, um barrierefrei zu werden, doch auch wenn es so behinderten Menschen das Leben erleichtert, bleiben die Vorurteile ihnen gegenüber bestehen.
Berührungspunkte zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen sind in Japan rar und immer wieder kommt es zu Problemen.
Japan versucht mit Gesetzen barrierefrei zu werden
Seit Tokyo den Zuschlag für die Ausrichtung der Paralympics erhalten hat, wurden die Gesetze zur Barrierefreiheit 2018 und 2020 geändert, sodass Hotels und öffentliche Verkehrsmittel Barrieren abbauen müssen und ihre Mitarbeiter verpflichtet sind, behinderten Menschen zu helfen. Ausschlaggebend war nicht etwas, die Situation der behinderten Menschen im Land, sondern der Tourismus, denn barrierefreier Tourismus wird auch immer wichtiger.
Öffentliche Einrichtungen in Japan sind verpflichtet, diese Standards einzuhalten. In der Privatwirtschaft wird es in Japan bis 2024 ebenfalls zur Pflicht.
Doch während die von der Regierung verordneten Anstrengungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit zu konkreten physischen Ergebnissen geführt haben, haben sie die Art und Weise, wie nicht wenige Japaner behinderte Menschen sehen, nicht verändert.
Berechtige Forderung, führt zu Beleidigungen
Diese Kluft wurde aufgedeckt, als eine Kolumnistin, die aufgrund einer genetischen Störung, der sogenannten Glasknochenkrankheit, schwerbehindert ist, wegen eines Blogbeitrags im April online angegriffen wurde.
Natsuko Izena schrieb, dass ihr die Fahrt von JR verweigert wurde, nachdem die japanische Eisenbahngesellschaft ihre Bitte abgelehnt hatte, ihr an einem unbesetzten Bahnhof Personal zur Unterstützung zu schicken. Ein Kritiker machte sich über sie lustig und verspottete ihre Worte und Taten als „Frau Behinderte“.
„Ich möchte einfach nur, dass die gleichen Transportmöglichkeiten, die auch Nichtbehinderte genießen, als eines unserer Rechte anerkannt werden, und nicht als etwas, das uns von anderen auf der Grundlage ihres wohlwollenden Wunsches, ‚behindertenfreundlich‘ zu sein, auferlegt wird“, schrieb sie.
Da immer mehr Menschen in die Gig-Economy einsteigen oder aufgrund der Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, richten sich die Online-Angriffe gegen behinderte Menschen. Insbesondere gegen die, die sich Erleichterungen für ihr Leben wünschen, was keine unberechtigte Forderung ist.
Barrierefreiheit hilft nicht nur behinderten Menschen in Japan
Dabei helfen diese Erleichterungen nicht nur behinderte Menschen, die Barrierefreiheit ist auch für ältere Menschen hilfreich, wovon Japan ja immer mehr hat.
„Vor den Winterspielen 1998 in Nagano haben wir am Zenkoji-Tempel eine Piste angelegt. Auf dem Schild steht, dass sie für Rollstuhlfahrer gedacht ist, aber jetzt wird sie vor allem von jungen Paaren mit Kinderwagen und von älteren Menschen, die die Handläufe benutzen, genutzt“, so Hidefumi Takahashi, der Vizepräsident des japanischen paralympischen Komitees.
„Die Barrieren in den Köpfen der Menschen müssen noch abgebaut werden, aber es gibt Veränderungen, vor allem bei Kindern. Die Paralympics sind eine Gelegenheit, darüber nachzudenken, welche Art von Gesellschaft wir anstreben: eine, in der wir alle verschieden und alle wunderbar sind, oder eine andere, in der alle gleich sind. In Japan wird jedem beigebracht, nichts zu tun, was anders ist als die Menschen um einen herum und es wird darum gehen, den Menschen klarzumachen, dass es gut ist, all unsere Unterschiede zu verstehen“, so Takahashi weiter.