Japans Nationalsport Sumo ist gespickt mit Traditionen und Regeln vergangener Tage. Der Sport ist alt, doch wie alt genau? Woher kommt der Begriff Osumo und wie entstand der Sport mit all seinen Traditionen wie wir ihn heute kennen? Dieser Artikel wirft einen genauen Blick auf die frühe Entstehungsgeschichte.
Der erste dokumentierte sumoartige Kampf zweier Sterblicher fand im Jahre 23 v. Chr. statt und wurde in den japanischen Chroniken ‘Nihonshoki’ dokumentiert. Ein Mann namens Nomi no Sukune dominierte seinen Gegner Taima no Kehaya und besiegte diesen mit einem tödlichen Tritt in die Rippen.
Sumo taucht danach in weiteren japanischen Chroniken und Schriften auf, wie beispielsweise in ‘Shoku Nihongi’ (Weiterführende Chroniken Japans), ‘Nihon Koki’ (Spätere Chroniken Japans) oder ‘Nihon Montoku Tenno Jitsuroku’ (Die wahrhaftigen Aufzeichnungen des japanischen Kaisers Montoku).
Sumo in der Shinto-Mythologie
Archäologische Funde aus der Zeit vor dem 5. Jahrhundert legen nahe, dass Ringkämpfe seit Jahrhunderten traditionell bei shintoistischen Matsuri stattfanden. So hatte unter anderem bei Regenbittfesten das sogenannte ‘Amagoi zumo’ eine wichtige Bedeutung. Mit heutigem Sumo hatten damalige Kämpfe noch nicht viel zu tun, da es weder einen Ring noch Kampfregeln gab. Auch endeten Kämpfe damals oft tödlich.
Laut Mythologie geht der Ursprung von Sumo auf eine Geschichte aus dem achten Jahrhundert zurück. Zwei Shintogötter, Takemikazuchi und Takeminakata, bestritten einen Kampf um Japans Schicksal. Donnergott Takemikazuchi besiegte seinen Rivalen an den Ufern des japanischen Meeres. So gelangten die japanischen Inseln in dessen Besitz und seine Erben regierten fortan das Land.
Verknüpfung mit kaiserlichem Hof
Historisch belegte Ringkämpfe bei Hofe gab es seit der Asuka-Zeit im siebten Jahrhundert. Die japanische Kaiserin Kogyoku arrangierte zur Unterhaltung einer Gesandtschaft aus Korea ‘Strongman’ Ringkämpfe (Chikarahito no Sumo). Während der Nara-Zeit im achten Jahrhundert etablierte sich Sumo weiter am kaiserlichen Hofe. Es wurde laut ‘Shoku Nihongi’ am siebten Tage des siebten Monats des Jahres 734 als zeremonieller Akt für den Kaiser abgehalten.
In der darauffolgenden Heian-Periode wuchs die Beliebtheit dieser Kämpfe bei Hofe weiter und das Sumo-Bankett ‘Sumai no Sechie’ etablierte sich als festes Ereignis. Für Sumai no Sechie wurden kaiserliche Wachen durchs Land geschickt, um Kämpfer zu rekrutieren. Am Tag des Banketts traten sich die Rekruten in Kämpfen, genannt ‘Meshiawase’, vor dem Kaiser und zunehmend auch vor der Bevölkerung gegenüber. In dieser Zeit wurde auch ein erstes Regelwerk mit Sumotechniken, Strategien und Etikette definiert.
In der Heian-Zeit übernahmen Samurai-Vorläufer namens Buke einige Sumotechniken als Trainingsgrundlage. Während der Kamakura-Zeit ab dem 13. Jahrhundert führten dann einzig die Samurai ‘Buke zumo’ weiter, während Sumo vom Hofe wieder verschwand.
Wachsende Popularität unter der Bevölkerung
In der darauffolgenden Muromachi-Zeit im 14. bis 16. Jahrhundert wurden Ringkämpfe bei der Bevölkerung wieder populär und Sumo etablierte sich erstmals als professionelle Sportart. Aus dieser Zeit stammen wahrscheinlich Begriffe wie ‘Kusa zumo’ (Dorf Ringkampf), ‘Kogyo zumo’ (Unterhaltungs-Ringkampf) und ‘Tsujie zumo’ (Straßenecken Ringkampf).
In dieser Zeit entstanden auch ‘Kanjin zumo’, öffentliche Turniere zum Sammeln von Spenden für Restauration und Unterhalt von buddhistischen Tempeln und shintoistischen Schreinen. Kanjin zumo wurde zum regelmäßigen Anlass besonders in den Regionen Kyoto, Osaka und Edo, dem damaligen Tokyo.
Regierung verbietet Sumo für kurzen Zeitraum
Während der Militärregierung des Tokugawa-Shogunats wurden circa Mitte des 17. Jahrhunderts die verschiedenen öffentlichen Sumo-Arten verboten. Die Regierung betrachtete diese Kämpfe als Störung der allgemeinen Moral. Doch seine Popularität konnte dadurch nicht gebrochen werden. Auch in dieser Zeit gab es Tsuji zumo und Banden von Kämpfern (‘Yosekata’), die durchs Land zogen und gegen eine Gebühr kämpften.
Bereits 1684 änderte die Regierung ihre Meinung und erlaubte öffentliches Kanjin zumo wieder. Zu diesem ersten legalen Turnier fanden acht aufeinanderfolgende sonnige Tage lang Sumokämpfe an verschiedenen Orten in Tokyo statt. Darunter befanden sich Austragungsorte wie der Ekoin Temple in Honjo (heute Bezirk Ryogoku), der Yushima Tenjin Schrein in Yushima (heute Bezirk Bunkyo) sowie der Tomioka Hachiman Schrein in Fukagawa (heute Bezirk Koto).
Der Tomioka Hachiman Schrein in Tokyo ist der größte von mehreren 10000 Hachiman Schreinen in Japan, die alle Kriegsgott Hachiman (unter Samurai bekannt als Yawata no Kami) und dessen Anbetung gewidmet sind. Der Tokyoter Tomioka Hachiman Schrein gilt seit der ersten Neuauflage von Kanjin Zumo 1684 als Geburtsstätte des modernen Sumo und offizieller Turniere namens ‘Honbasho’. Er ist bis heute der wichtigste Ort für Sumopilger sowie auch für Kämpfer selbst.
Vereinbarungen legen wichtigen Grundstein
Während der Zeit nach 1684 wurden mehrere Vereinbarungen zwischen Turnier-Veranstaltern und der Regierung getroffen. Bestandteil dieser Vereinbarungen war die Definition des Ringes ‘Dohyo’ sowie erlaubte Siegtechniken ‘Kimarite’. Der Ring bestand fortan aus Sand, umrandet von Strohballen. Obwohl sich offizielle Kimarite bis heute ständig verändern, waren auch damals schon Manöver wie Haareziehen, Augenstechen oder Fausthiebe verbotene Fouls, genannt ‘Kinjite’.
Ein weiterer Bestandteil der Vereinbarungen war das Dekorum. Der Regierung gefiel es nicht, dass sich Kämpfer in den Straßen bis auf die Unterwäsche auszogen und in den Gassen kämpften. Sie legte das Tragen spezieller Kampfgürtel und einer bestimmten Frisur fest. Zudem wurden Kampfrichter, ‘Gyoji’, und weitere Offizielle eingeführt.
Letzter wichtiger Bestandteil der getroffenen Vereinbarungen zwischen Veranstaltern und Tokugawa-Regierung war die Mengenkontrolle von Trainern und Kämpfern. Ein Lizenzsystem für spezielle Heyas (Kampfräume) regulierte fortan das Training der Kämpfer. In dieser offiziellen Form etablierten sich Sumoturniere (‘Honbasho’) in den wichtigen Metropolen Kyoto, Osaka und Tokyo weiter während des 18. und 19. Jahrhunderts.
Öffentliche Popularität sorgt für wachsende Anzahl Heyas
In den 1750ern war Sumo bereits so beliebt bei der Bevölkerung, dass es einen regelmäßigen Zyklus an Turnieren gab. Diese fanden zu bestimmten Zeiten in Tokyo, Kyoto und Osaka statt. Tokyo richtete Turniere mit bis zu 3000 zahlenden Zuschauern an jedem der damals zehn Turniertage aus. Davon konnten sich rund 200 Kämpfer ein Leben ermöglichen. In den 1790er Jahren gehörten diese Kämpfer zu 38 lizenzierten Heyas. Ab den 1840er Jahren fand Sumo in Tokyo ausschließlich im Ekoin Tempel statt und die Kämpfer waren bereits in 45 Heyas organisiert. Das war auch die Zeit, in der sich der Begriff Ozumo prägte.
Der Begriff Ozumo oder Osumo wird bis heute für offizielle Turniere (‘Honbasho’) verwendet, sowie auch für aufregende, lang andauernde Kämpfe. Der Kampf zwischen Ozeki Hakuho und Yokozuna Asashoryu an Turniertag fünfzehn im Juli 2006 in Nagoya ist nur ein legendäres Beispiel für Ozumo.
Mehr zur Geschichte des Sumo erfahrt ihr in Teil 2 des Artikels.