Japan hat angekündigt, dass Studierende aus dem Ausland ab heute wieder ins Land einreisen dürfen. Dass dieser Schritt kurz nach den Parlamentswahlen kommt, zeigt, dass es ein Umdenken bei der Einreisepolitik des Landes gibt.
Allerdings wird es nicht so einfach ablaufen, wie sich das nun viele Menschen erhoffen. Zwar ist die Einreise erlaubt, aber wie genau es in Japan ablaufen wird, ist fraglich und wird von vielen Seiten beobachtet.
Endlich wieder offen für Studierende
Japan ist das letzte der G-7-Länder, dass seine Grenzen für Studierende wieder öffnet, nachdem die Einreise wegen der Pandemie praktisch komplett ausgesetzt wurde, die einzige Ausnahme galt für Stipendiaten der japanischen Regierung (MEXT-Stipendien).
Einige Vertreter der akademischen Gemeinschaft in Japan beklagen die Art und Weise, wie die Regierung die Menschen behandelt, die über kein Stipendium verfügen und ihren Aufenthalt privat finanzieren.
So etwa Professor Hiroshi Ota vom Center for General Education der Hitotsubashi-Universität, der sich verärgert über die Situation in den letzten eineinhalb Jahren äußert.
„Internationale Studierende werden behandelt, als wären sie nur Touristen. Wir müssen die Dinge wirklich ändern. Diversität, Inklusion – wir diskutieren darüber, aber es ist nur ein Schlagwort. Es ist nur ein Wort. Es ist nicht sehr handlungsorientiert“, so der Professor.
Mitte Oktober legte Paul Hastings, Geschäftsführer der Japan ICU Foundation, der japanischen Regierung einen Appell zur Öffnung der Grenzen vor, der von über 600 Akademikern, Fachleuten, Studierende und anderen unterzeichnet wurde.
Einreisebeschränkungen haben den Ruf japanischer Bildungseinrichtungen untergraben
Darin heißt es, dass Japans Reisebeschränkungen die globalen Beziehungen und den Ruf der japanischen Bildungseinrichtungen untergraben hätten. Zudem wurde auf die Tatsache verwiesen, dass japanische Einrichtungen, die Austauschprogramme mit ausländischen Partnern durchführen, zwar ihre eigenen Forscher und Studierende entsenden, aber nicht empfangen könnten.
Viele Mitglieder der akademischen Gemeinschaft gehen daher davon aus, dass die Regierung so die Glaubwürdigkeit der japanischen Universitäten untergraben hat, mit diesem egoistischen Ansatz.
Die Zahl der Studierende, die ohne Stipendium nach Japan eingereist sind, lag laut der Japan Association of Private Universities and Colleges im Mai 2019 bei 299.453, was etwa 96 Prozent aller Studierenden sind, inklusive der Stipendiaten, die nur 3 Prozent (9.220) ausmachten. Das letzte Prozent, also 3.451 Menschen, waren von der Regierung durch Vereinbarungen mit bestimmten Ländern eingeladene Personen.
Laut des Justizministeriums wurden 2019 rund 120.000 Studierendenvisa vergeben, im Jahr 2020 waren es nur noch 50.000 und bis Juni 2021 nur noch 7.000.
Unter den Inhabern von Studierendenvisa befindet sich nicht wenige japanischen Sprachstudierende, von denen viele nach zwei Jahren Studium eine weitere Ausbildung in Japan absolvieren.
Daten der Association for the Promotion of Japanese Language Education (Nisshinkyo), einer privaten, von der Regierung anerkannten Einrichtung zur Überwachung der Standards in japanischen Sprachschulen, zeigen, dass fast 22.000 von ihnen eine weiterführende Ausbildung in irgendeiner Form absolvierten.
Die Grenzkontrollen haben dazu geführt, dass die Zahl der Anmeldungen an den Sprachschulen zurückgegangen ist. Eine Umfrage von Nisshinkyo über seine Mitgliedsschulen ergab, dass die Zahl der eingeschriebenen Schüler zwischen dem Geschäftsjahr 2019 und dem Geschäftsjahr 2020 von 41.600 an 227 Einrichtungen landesweit auf 24.253 an 224 Schulen zurückging.
Was passiert, wenn sich das Coronavirus wieder ausbreitet?
Zwar öffnet Japan sich nun, aber es stellt sich eine wichtige Frage: „Ist die Öffnung von Dauer?“ Diese Frage stellt sich auch Hiroko Yamamoto ist Präsidentin der Kai Japanese Language School, der fordert, dass Studierende auch dann weiter einreisen dürfen, wenn sich eine neue Infektionswelle über das Land ausbreitet.
Auf einer Pressekonferenz der Regierung zur Bekanntgabe der Maßnahmen am 5. November betonte der stellvertretende Kabinettschef Seiji Kihara, dass die Regierung weiterhin mit einer schrittweisen Lockerung der Beschränkungen fortfahren werde, das Land aber flexibel auf die Ausbreitung des Coronavirus oder eine andere Verschlechterung der Situation reagieren werde.
Diese Aussage sorgt für Bedenken bei den Universitäten, denn es könnte bedeuten, wenn sich die Infektionslage erneut verschlimmert, dass Japan die Grenzen wieder schließt. Außerdem stellt sich die Frage, wie die Regierung die rund 370.000 Menschen auf dem Ausland, die in das Land reisen wollen, überwachen will.
Gegenwärtig werden Inhaber eines Certificate of Eligibility (COE) mit Einreisegenehmigung über drei Flughäfen abgefertigt: die Flughäfen Narita und Haneda im Osten Japans und der internationale Flughafen Kansai im Westen Japans. Die Gesamtzahl der Einreisenden aus dem Ausland ist auf 3 500 Personen pro Tag begrenzt.
Eine Möglichkeit, wie diese Überwachung ablaufen könnte, zeigt der Fall von rund 50 Wissenschaftlern, die Ende Oktober auf Einladung einreisen durften. Die Wissenschaftler werden unter sehr strengen Auflagen in Quarantäne gehalten.
Ota forderte die Regierung auf, die Einreise aller derzeitigen COE-Inhaber zu garantieren und mehr Flughäfen zuzulassen, um den Rückstau an Einreisewilligen aufzufangen.
Er räumte zwar ein, dass Maßnahmen gegen das Coronavirus notwendig seien, fügte aber hinzu, dass die derzeitige Situation nur einen allmählichen Zustrom von Studierende zuließe. „Wenn wir diesen Prozess nicht beschleunigen, können wir nicht hoffen, den Ruf und die Glaubwürdigkeit des Studiums in Japan.“