Anzeige
HomeNachrichten aus JapanTechnikAutonomer Fahrdienst in Eiheiji erreicht nächste Stufe

Mit dem KI-Auto zum Zen-Tempel

Autonomer Fahrdienst in Eiheiji erreicht nächste Stufe

Das autonome Fahren per künstlicher Intelligenz gilt als Zukunft des Verkehrs. In Japan arbeitet man seit Jahren an entsprechenden Technologien – eine Kleinstadt in der Präfektur Fukui geht nun den nächsten Schritt.

Anzeige

In 2022 brachte Japans Regierung ein Gesetz auf den Weg, mit dem autonomes Fahren landesweit geregelt wird. Ziel ist es, Innovationen zu fördern und global zu den Vorreitern der neuen Technologie zu gehören. Dafür wird an vielen Fronten geforscht.

Autonomes Fahren auf Japans Straßen und Schienen

So waren autonome Fahrzeuge bereits bei den olympischen Spielen im Einsatz, in Chiba agiert ein entsprechendes Auto als mobiler Verkaufsautomat. Und auch auf der Schiene soll eine KI zum Zug kommen. Die Yurikamome-Monorail in Tokyo und der Port Liner in Kobe sind schon seit vielen Jahren ohne Fahrer unterwegs, auch für Shinkansen werden die Möglichkeiten autonomen Fahrens getestet.

LESEN SIE AUCH:  Convenience Store sucht online neuen Piloten für seinen Service-Roboter

Doch während an vielen Stellen noch ausprobiert wird, befördern in einer kleinen Gemeinde bereits seit Jahren autonome Fahrzeuge ihre Passagiere. Der Ort Eiheiji mit seinen weniger als 20.000 Einwohnern ist Japans Leuchtturm im KI-gesteuerten Straßenverkehr. Wo vor vielen Jahren der Siegeszug des Zen-Buddhismus durch Japan begann, geht es heute per künstlicher Intelligenz zu den Tempel-Toren.

Anzeige

In 2016 antwortete Eiheiji auf einen Aufruf der japanischen Regierung, Modellprojekte für selbstfahrende Autos in den Regionen Japans zu etablieren. Die Gemeinde erhoffte sich von dem Projekt Perspektiven für den öffentlichen Personennahverkehr, insbesondere für ältere Menschen. Denn die haben das höchste Risiko, aufgrund ihres Alters in Unfälle zu geraten – sei es als Fahrzeugführer oder als Fußgänger.

Mit 12 km/h zum Zen-Tempel

Gemeinsam mit dem National Institute of Advanced Industrial Science (AIST) wurden Möglichkeiten vor Ort ausgelotet. 2018 ging schließlich das erste Fahrzeug aus dem Projekt in den Dienst- anfangs noch mit menschlichem Fahrer am Steuer.

Seit rund zwei Jahren jedoch bleibt der Fahrersitz in den drei KI-Autos in Eiheiji leer. Auf einer sechs Kilometer langen Strecke, die vom normalen Straßenverkehr getrennt ist, ziehen sie mit gemütlichen zwölf Stundenkilometern ihre Runden. Unfälle hat es seitdem nicht ein einziges Mal gegeben, mit der Zeit schwanden so auch die anfänglichen Bedenken der ansässigen Bevölkerung.

Besonders beeindruckend mögen die autonomen Fahrzeuge nicht klingen, doch sie sind die ersten selbstfahrenden Wagen in Japan der Stufe 3, die im Regelbetrieb laufen. Und schon in den nächsten Monaten sollen sie in den Stufe-4-Modus wechseln.

In der Forschung zum autonomen Fahren unterscheidet man zwischen fünf Stufen zunehmender Autonomie. Stufe 1, das sind Fahrassistenz-Systeme wie Tempomaten oder Spurhalteassistenten. Stufe 3 bezeichnet bereits das hochautomatisierte Fahren. Fahrzeuge der Stufe 3 können unter vorgegebenen Bedingungen – etwa auf speziellen Strecken, Fahraufgaben selbständig übernehmen.

In Eiheiji etwa sind die Straßen für die autonomen Fahrzeuge mit Induktions-Drähten ausgestattet. So wissen die Fahrzeuge, dass sie sich auf der Route von der Stadt zum Tor des Eiheiji-Tempel auf dem richtigen Weg befinden. Außerdem helfen Kameras und Sensoren den Autos dabei, die Umgebung wahrzunehmen.

Stellen sie einen Gegenstand oder eine Person auf der Strecke fest, fahren die Wagen langsamer oder halten an. Mit einer abgespielten Warnung werden Fußgänger auf das nahende Fahrzeug aufmerksam gemacht.

Fahrer können aus der Entfernung eingreifen

Autonomes Fahren der Stufe 3 erfordert aber weiterhin die Präsenz eines Fahrers, der in außergewöhnlichen Fällen eingreifen kann. Der sitzt in Eiheiji in den Räumen von Machizukuri Zen Connect Inc. Das Unternehmen betreibt die selbstfahrenden Autos in der Stadt.

Alle Daten der Fahrzeuge laufen in einem Überwachungsraum zusammen. Der enthält auch ein Steuereinrichtungen, mit denen Zen Connect-Mitarbeiter bei Bedarf die direkte Steuerung über die Fahrzeuge übernehmen können. Das ist in Notfällen notwendig, aber auch in komplexen Verkehrssituationen.

Beim Wechsel auf die vierte Stufe sollen die Fahrzeuge alle üblichen Abläufe auf ihrer Strecke komplett ohne menschliches Eingreifen absolvieren können. Vollautomatisiertes Fahren nennt sich dieser Meilenstein. Die Überwachung aus den Räumen von Zen Connect heraus wird aber weiter stattfinden, und auch die Möglichkeit zum Notfalleingriff bleibt bestehen.

Überwachungsraum von Zen Connect
Aus den Räumen von Zen Connect heraus können die Fahrzeuge bei Bedarf manuell gesteuert werden. Bild: Kyodo

Grundlegend sind Stufe-4-Fahrzeuge in der Lage, sich auch im normalen Straßenverkehr zu orientieren und sicher zu bewegen. Das unterscheidet sie von den aktuellen Stufe-3-Wagen, die auf streng abgegrenzte Bedingungen wie in Eiheiji angewiesen sind.

Die fünfte Stufe, die in den nächsten Jahren erreicht werden soll, ist schließlich das vollständig autonome Fahren. Dann kann das Fahrzeug alle Verkehrssituationen bewältigen, die vorstellbar sind. Autofahrer gibt es dann nicht mehr, nur noch Passagiere.

Ohne staatliche Förderung geht es nicht

Während für die Fahrgäste in Eiheiji der Wechsel auf den Stufe-4-Betrieb kaum einen spürbaren Unterschied machen dürfte, ändert sich im Hintergrund einiges. Um eigenständiger agieren zu können, müssen die technischen Instrumente zur Wahrnehmung der Umgebung immer weiter verbessert werden.

Bis zum Jahr 2025 möchte die japanische Regierung Stufe-4-Fahrzeuge in mehr als vierzig Regionen landesweit für Pendlerverkehr einsetzen. In Eiheiji hat man darum bei der Verbesserung der eigenen KI-Autos auch die Massenproduzierbarkeit im Blick. Japanische Regionen, die neu in den Bereich autonomes Fahren einsteigen, sollen direkt auf die Erfahrungen und Technologien aus Eiheiji zugreifen können.

Bis es so weit ist, gibt es aber auch in Eiheiji noch einige Hürden zu überwinden. So sind weitere Technologien notwendig, um den Betrieb der Fahrzeuge auch im regulären Straßenverkehr zu ermöglichen, wo sie auf die Bewegungen von anderen Autos und Motorrädern reagieren müssen.

Außerdem macht man sich im Ort Sorgen um die Finanzierbarkeit des Projekts. Denn derzeit fahren die autonomen Fahrzeuge nur an Wochenenden und Feiertagen. In den Wintermonaten Januar und Februar sind sie gar nicht im Dienst. Eine Fahrt mit den Stufe-3-Wagen kostet für Erwachsene 100 Yen (ca. 71 Cent).

Genutzt wird das Angebot überwiegend von Touristen, die Eiheiji besuchen. Genug Geld, um die teure Entwicklung und Instandhaltung zu finanzieren, kommt durch die Tickets nicht in die Kasse. Derzeit übernimmt darum noch AIST die Kosten für Kommunikation und Instandhaltung. Sollte die Förderung vonseiten der Regierung jedoch irgendwann enden, wäre das wohl das Aus für Eiheijis KI-Fahrzeuge.

Doch bevor es so weit kommen könnte, steht im April erst einmal der Wechsel auf Stufe 4 des autonomen Fahrens an. Dann werden auch andere interessierte Regionen Japans ihre Augen auf die Präfektur Fukui werfen – und sich Gedanken über die eigenen Möglichkeiten im Bereich KI-gesteuerter Fahrzeuge machen.

Anzeige
Anzeige