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Künstliche Intelligenz

ChatGPT – immer mehr Regelungen in Japans Behörden und Universitäten

Wie umgehen mit ChatGPT ? Diese Frage beschäftigt seit Monaten die Welt. Der Chatbot, der per künstlicher Intelligenz (KI) Texte generiert, die wie von Menschen geschrieben wirken, sorgt für kontroverse Diskussionen. Auch in Japan fallen immer mehr Entscheidungen zur Nutzung von ChatGPT.

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Seit Ende 2022 steht der vom Unternehmen OpenAI entwickelte Chatbot der Öffentlichkeit zur Nutzung zur Verfügung. Zeitgleich begann auch die Debatte um ihn. Denn mit ChatGPT lassen sich Schreibaufgaben, für die ein Mensch Stunden oder Tage benötigen würde, in Sekunden oder Minuten erledigen.

ChatGPT – Fluch und Segen der KI

Doch gleichzeitig birgt die Software Risiken. Denn nicht alles, was ChatGPT ausgibt, ist automatisch korrekt. Der Algorithmus kann unabsichtlich Falschinformationen generieren – oder bewusst dazu eingesetzt werden, seriös klingende Fake News zu generieren. Außerdem ist unklar, wie ChatGPT mit vertraulichen Daten umgeht. Darum setzen viele Institutionen nun klare Grenzen zu seiner Nutzung.

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Der Gouverneur der japanischen Präfektur Tottori im Westen Japans, Shinji Hirai, verkündete nun die Regelungen für ChatGPT innerhalb seiner Verwaltung. In Tottori, wie auch in anderen Präfekturen Japans, ist man sich der Vorteile, die eine Nutzung der Text-KI bringen kann, durchaus bewusst. Darum soll geprüft werden, für welche konkreten Aufgaben ChatGPT innerhalb der Verwaltung in Frage kommt.

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Ausgeschlossen ist aber, so Gouverneur Hirai, dass die Software in Bereichen zum Einsatz kommt, in denen weitreichende Entscheidungen getroffen werden. Das betrifft etwa die Aufstellung des Haushalts, die Ausarbeitung von politischen Richtlinien und die Beantwortung von Anfragen im Parlament.

Um sicherzustellen, dass Beamte nicht dennoch trotz des Verbots durch den Gouverneur auf ChatGPT zurückgreifen, ist die IT-Abteilung der Präfektur bereits tätig geworden. Rund 5,500 Computer, die für Verwaltungsaufgaben genutzt werden, wurden so eingerichtet, dass ChatGPT auf ihnen nicht genutzt werden kann.

Seine Entscheidung erklärte der Gouverneur in einer Pressekonferenz am 20. April. Ihm sei wichtig, dass die Informationen, die in die Entscheidungsfindung der Präfektur einfließen, aus der Interaktion von Verwaltung und Bürgern kämen und die Beamten ihren eigenen Verstand nutzen.

In Tottori verboten – in Yokosuka im Test

„Entscheidungen einer lokalen Regierung erfordern es, dass die Angestellten den Bürgern zuhören und selbst nachdenken. Eine KI kann nur vergangene und verfügbare Daten sammeln, darum sind die Antworten dieser Algorithmen nutzlos,“ sagte er Pressevertretern. Sich auf die neue Technologie zu verlassen, um Verwaltungsaufgaben zu erledigen, käme dem Aufgeben von Demokratie und regionaler Autonomie gleich, fügte er hinzu.

So klare Grenzen wie in Tottori werden aber nicht überall in Japan gezogen. In der Stadt Yokosuka in der Präfektur Kanagawa etwa wird der Einsatz von ChatGPT in der Verwaltung gerade in einem Testprojekt ausprobiert.

Genutzt wird der Chatbot einen Monat lang, um Bulletins zu erstellen, Protokolle zusammenzufassen, Dokumente auf Fehler zu prüfen – und Vorschläge für neue Projekte zu sammeln und Ratschläge für die Politik einzuholen.

Wo Gouverneur Hirai gerade letztere Punkte in seiner Präfektur klar ausschließt, sieht der Bürgermeister von Yokosuka in dem Projekt die Chance, seinen Einwohnern ein glücklicheres Leben zu ermöglichen. Sollte der aktuelle begrenzte Test zeigen, dass die Verwaltung mit Hilfe der KI effektiver arbeiten kann, wird die Verbindung zu ChatGPT bald auf alle Behörden ausgeweitet.

Parlamentsanfragen vom Chatbot beantwortet

Und sogar auf nationaler Ebene spielt man mit Ideen, die in Tottori für Kopfschütteln sorgen dürften: das Ministerium für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei kündigte an, in einem Test Antworten auf Fragen von Parlamentsabgeordneten per ChatGPT formulieren zu lassen.

Auch an anderer Stelle in Japan bemüht man sich darum, den richtigen Umgang mit der KI zu finden: an den Universitäten. Denn für Studierende ist ChatGPT verlockend – im besten Fall lassen sich ganze Hausarbeiten bequem per Algorithmus schreiben.

Das, soweit ist man sich an den Universitäten einig, ist Betrug und entspricht nicht den Zielen und Anforderungen des Studiums. Doch komplett von den Unis verbannen möchte man ChatGPT nicht. Schließlich kann der Chatbot den Studierenden helfen, Informationen zu sammeln und zu sortieren, die dann von Menschenhand in eine Hausarbeit einfließen – eine legitime Nutzung der Software.

An der Todai, der staatlichen University of Tokyo, gibt es seit Anfang April ein Papier zu dem Thema. Darin äußert der Vizepräsident der Universiät, Kunihiro Ota, den Blick der Uni auf ChatGPT. Er verweist darauf, dass es grundlegend verboten sei, Hausarbeiten per KI schreiben zu lassen. Und dort, wo die Software eingesetzt werden kann, müsse immer mit kritischem Blick geprüft werden, ob keine Fehlinformationen generiert wurden.

Vorausschauendes Handeln an Unis erforderlich

Im Gespräch mit der japanischen Zeitung Asahi Shimbun erzählte Ota, dass ChatGPT natürlich schon jetzt von den Studierenden genutzt werde. Auch er selbst habe mit dem Programm experimentiert und erkannte, wie leicht es wäre, mit Hilfe des Bots gut bewertete Hausarbeiten zu schreiben.

Doch komplett verbieten könne man den Gebrauch nicht, auch das erkannte Ota schnell. Darum bemüht sich die University of Tokyo nun darum, die ChatGPT-Nutzung in Bahnen zu lenken, die vorteilhaft für die universitäre Bildung sind.

In dem Anfang April veröffentlichten Dokument heißt es darum auch: „Wir glauben, dass wir mit vorausschauendem Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen handeln sollten, die generative (Text-produzierende) KI mit sich bringt. Wir sollten aktiv bessere Wege finden, generative KI zu nutzen.“

Neue Ideen und Bewertungsformen

Für die Lehrenden an den Universitäten bedeuten die Veränderungen durch ChatGPT, dass viel Arbeit in die Entwicklung neuer Bewertungssysteme und Aufgabenstellungen gesteckt werden muss. Um zu verhindern, dass Studierende auf Basis von KI-generierten Arbeiten zum Abschluss kommen, braucht es Aufgaben, die die KI nicht zufriedenstellend lösen kann.

So könnte etwa der Lernprozess selbst Bestandteil von Aufgaben werden. Anstatt nur noch zu bewerten, „was“ gelernt wurde, könnte das „wie“ des Lernens in Zukunft benotet werden. Auch vermehrte mündliche Prüfungen werden empfohlen, um die tatsächlichen Fähigkeiten der Prüflinge zu testen.

An der privaten Keio University in Tokyo wurden der Unterricht bereits mit Blick auf die ChatGPT-Thematik angepasst. Ein einigen Seminaren sind nun ergänzend zu schriftlichen Arbeiten auch mündliche Prüfungen fällig.

Außerdem gibt es in mehreren Kursen nun keine Programmier-Aufgaben mehr, schließlich lassen sich diese am einfachsten mit ChatGPT lösen. Stattdessen bekommen die Studierenden im Unterricht nun KI-generierte Antworten präsentiert – und müssen diese von Fehlern bereinigen. Und das kann nur, wer das Thema wirklich verstanden hat – und nicht ChatGPT.

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