Ein Start-up aus Kitakyushu im Südwesten Japans stellt seine neue App sehbehinderten Besuchern kostenlos zur Verfügung. Mithilfe von Sprachnavigation und künstlicher Intelligenz soll sie sehbehinderten Menschen helfen, sich in ihrer Umgebung besser zurechtzufinden.
Ende Dezember wurde die App von Taro Kono, Japans Minister für digitale Transformation, offizielle vorgestellt. Er probierte sie selbst aus, in dem er sich mit verbundenen Augen von seinem Smartphone zu einem nahegelegenen Lebensmittel-Geschäft führen lässt. Die App gibt dem Anwender Informationen über die Richtung sowie die Entfernung zum Ziel. Außerdem weist sie auf Signalanlagen wie Ampeln hin und sagt die Farben an. Durch einfache und laute Anrede werden die Menschen ans Ziel geführt.
Sicher durch den Großstadtdschungel
Das Ministerium unterstützt seit längerem Unternehmen, die neue digitale Technologie zur Verbesserung der Gesellschaft entwickelt. Es sieht in dem Projekt großes Potenzial. Die Navi-App wurde in den letzten sechs Jahren vom Computer Science Institute in Kitakyushu entwickelt. Das Start-up wurde von einem Unternehmer gegründet, der vorher Landkarten produzieren ließ und deren Weiterentwicklung vorantrieb.
Bereits vor 20 Jahren machte er sich viele Gedanken darüber, wie lange die Ausbildung von Blindenhunden dauert. Die Aufgaben könnten genauso gut wie Robotern übernommen werden. Allerdings war damals die Technologie noch nicht so weit entwickelt, dass man sie mitnehmen konnte. Nachdem er die Vorstellung lange beiseitegeschoben hatte, gründete er 2015 sein Start-up, um die alte Idee erneut in Angriff zu nehmen.
Sehbehinderte Menschen, die ohne Blindenhund oder Begleiter unterwegs sind, nutzen oft sprachgesteuerte Karten-Apps. Diese bieten aber keine weiteren Informationen über Hindernisse oder Besonderheiten in der Umgebung. Die neue Karten-App setzt auf KI, um Bilder zu erkennen. Mittels Sprachanweisung hilft sie den Nutzern, sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden. Die Kombination mehrerer Funktionen ist das Herausstellungsmerkmal der neuen App.
Nachfolger der App bereits in Planung
Die KI lernt dazu und liefert im Laufe der Zeit immer präzisere Ergebnisse, je mehr Daten das System geliefert bekommt. In den letzten drei Jahren wurde die KI mit rund 800.000 Bildern von Objekten gespeist, die sich auf Straßen und Wegen befinden und denen man zu Fuß begegnen kann. Dazu gehören Ampeln, Blumenkübel und Strommasten. Erste sehbehinderte Personen haben das System bereits getestet. Sie fühlen sich sicherer, wenn die App ihnen bei der Signalerkennung ober bei Hindernissen hilft.
Nach Angaben der Polizeibehörde gibt es in Japan etwa 1,03 Millionen Fußgängerampeln, aber nur etwa 26.000 davon geben auch akustische Signale. Die Eye Navi-App könnte die Straßen für sehbehinderte Fußgänger auf jeden Fall sicherer machen. Bei großen Gebäuden werden GPS-Signale oft gestört, sodass eine korrekte Angabe des Standorts nicht möglich ist. Eine Videoanruf-Funktion hilft an dieser Stelle Freunde und Bekannte zu kontaktieren, die dann weiterhelfen können.

Die Entwicklungskosten überstiegen 100 Millionen Yen, sodass die Entwickler erst darüber nachdachten, die App kostenpflichtig anzubieten. Um die App zu verbessern und möglichst vielen sehbeeinträchtigten Nutzern den Service anzubieten, sucht das Start-up Unterstützer. Anfang April wurde eine Version für iPhones vorgestellt. Diese Version ist aber nur ein Zwischenschritt. Für die Zukunft möchte das Unternehmen eine intelligente Brille, die die Aufgaben der App übernimmt, ohne dass man auf ein Handy angewiesen ist.