Die Erwartungen sind groß. Ein Treffen zwischen dem Papst Franziskus und einem 83-jährigen Mann, dessen Todesurteil kürzlich nach einem 48-jährigen Aufenthalt im Todestrakt ausgesetzt wurde, steht vielleicht bevor.
Es soll ein klares Zeichen für die Ablehnung der Todesstrafe durch die katholische Kirche gesetzt werden.
Weltrekord für Zeit im Todestrakt
Mitte September wurde berichtet, dass der Vatikan erwägt, ein Treffen zwischen dem Papst und Iwao Hakamada zu organisieren. Er ist ein ehemaliger Boxer, der 1966 wegen eines vierfachen Mordes verurteilt wurde.
Hakamada, der den Weltrekord für die Zeit im Todestrakt hält, kämpft um seinen Namen. Derzeit wartet er auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof.
Er wurde freigelassen, nachdem das Bezirksgericht Shizuoka ein Wiederaufnahmeverfahren auf der Grundlage von DNA-Beweisen bewilligt und seine Todesstrafe und Inhaftierung ausgesetzt hatte.
Der erste Papst, der kirchliche Lehre ändert
Die katholische Kirche hat im August letzten Jahres eine Änderung ihres Katechismus angekündigt. Sie erklärt, dass „die Todesstrafe unzulässig ist, da sie ein Angriff auf die Würde der Menschen ist“. Anhänger hoffen, dass der Papst Japan eine Botschaft über die Todesstrafe übermittelt, wenn das Treffen stattfindet.
„Ich erwarte, dass die bevorstehende Reise eine Gelegenheit sein wird, an die starke Entschlossenheit vom Papst zu appellieren, alles Leben zu schützen“, sagte Tomoki Yanagawa vom Jesuiten-Sozialzentrum in Tokyo.
Die beiden Vorgänger des Papstes sprachen sich beide gegen die Todesstrafe aus, aber Franziskus ist der Erste, der die offizielle kirchliche Lehre zu diesem Thema geändert hat.
Hoffnung auf ein Treffen mit dem Papst
Yanagawa hat sich als Katholik zusammen mit Gleichgesinnten aus anderen Religionen, einschließlich Buddhisten, für die Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt. Er war Mitbegründer einer Anti-Todesstrafen-Zivilgruppe, die kürzlich zusammen mit Anwälten und Wissenschaftlern gegründet wurde.
Japan ist eine der wenigen fortgeschrittenen Nationen, die noch die Todesstrafe anwenden. Mehr als zwei Drittel der Staaten auf der ganzen Welt haben sie per Gesetz oder in der Praxis abgeschafft.
Die Hoffnung auf ein Treffen entstand im vergangenen Jahr, als der Vatikan die Katholische Bischofskonferenz Japans aufforderte, einen Bericht über Hakamada zu verfassen.
Brief an den Vatikan
Seine Entlassung aus dem Gefangenenhaus in Tokyo fand eine breite Medienberichterstattung. Das Tokyo High Court hob jedoch die Entscheidung des unteren Gerichts im vergangenen Jahr wegen Zweifeln an den DNA-Tests auf. Hakamada legte daraufhin beim Obersten Gerichtshof Berufung ein und durfte aufgrund seines Alters frei bleiben.
Inspiriert von der geänderten Haltung der katholischen Kirche zur Todesstrafe unter Papst Franziskus, sandte Hakamadas ältere Schwester Hideko im Mai einen Brief an den Vatikan.
„Ich schrieb, dass es das beste Geschenk für meinen Bruder wäre, wenn der Papst ihn auch nur für eine Minute in Tokyo treffen könnte“, sagte die 86-jährige Hideko.
Sie hat ihren Bruder tatkräftig unterstützt. Seine psychische Gesundheit hat sich nämlich nach der jahrzehntelangen Einzelhaft unter ständiger Androhung der Hinrichtung verschlechtert.
Aufschub für Todesstrafe
Sung Woong Kim, ein Regisseur, der einen Dokumentarfilm über Hakamada drehte, hofft, dass der Fall wieder Beachtung findet, wenn das Treffen zustande kommt.
„Seine Berufung ist von dem obersten Gericht abhängig und Hakamada könnte gemäß seiner Entscheidung erneut festgehalten werden“, sagte Kim. Er hat das Leben der Geschwister seit seiner Entlassung genau verfolgt.
Unabhängig davon schrieben Verteidiger für Hakamada auch an den Vatikan, dass ein Treffen mit dem Papst ihn sehr ermutigen würde. Japan wurde von einer Menschenrechtsorganisation der Vereinten Nationen aufgefordert, als ersten Schritt zu seiner Aufhebung einen Aufschub für die Todesstrafe zu erlassen.
Todesstrafe von vielen Japanern unterstützt
Die Hinrichtungen werden jedoch fortgesetzt. Im vergangenen Jahr wurden 15 Häftlinge in der Todeszelle gehängt.
In Japan genießt die Todesstrafe eine starke öffentliche Unterstützung: Laut einer Regierungsumfrage von 2014 glauben nur 9,7 Prozent, dass sie abgeschafft werden sollte. 80,3 Prozent sagen aus, dass ihre Existenz „nicht zu ändern ist“.
Trotz der ungünstigen Lage für Gegner der Todesstrafe hat die Japanische Vereinigung der Anwaltskammern 2016 erklärt, dass sie sich für die Abschaffung der Todesstrafe bis 2020 einsetzen wird.
Papst erneut zu Besuch in Japan
In einem eigenen Schreiben an den Vatikan forderte das JFBA (Japanische Rechtsanwaltskammer) den Papst auf, eine öffentliche Botschaft zu übermitteln, in der er zur Beendigung der Todesstrafe aufruft.
Papst Franziskus ist der erste Papst seit fast vier Jahrzehnten, der nach Japan reist. Er wird vom 23. bis 26. November zu Besuch sein. Seine Reiseroute umfasst die Städte Hiroshima und Nagasaki, die damals Opfer der US-amerikanischen Atombomben wurden, sowie Tokyo.
Es wird auch erwartet, dass sich der Papst mit den Betroffenen des Erdbebens und des Tsunamis vom März 2011 treffen wird.
JT