Zwölf Jahre ist es her, dass der Tokyo Skytree – noch während seiner Bauphase – den altgedienten Tokyo Tower als höchstes Gebäude der japanischen Hauptstadt ablöste. Zwei Jahre später öffnete er seine Türen erstmals für Besucher und ist seitdem zum neuen Wahrzeichen Tokyos aufgestiegen. Am 22. Mai feierte der Skytree den zehnten Jahrestag der Eröffnung.
Über Jahrzehnte war der Tokyo Tower mit seiner markanten rot-weißen Stahlkonstruktion das Symbol Tokyos. Doch der alte Fernsehturm konnte mit der immer weiter und höher wachsenden Metropole nicht mehr mithalten. Trotz seiner Höhe von 332 Metern wurden die Signale des Turms zunehmend von Hochhäusern in der Stadt behindert. Es musste ein Ersatz geschaffen werden, um die Bewohner Tokyos weiterhin störungsfrei mit Fernsehsignalen versorgen zu können. Eine touristische und kommerzielle Nutzung des neuen Fernsehturms wurde dabei direkt mit eingeplant.
Skytree Town – vom Rangierbahnhof zum modernen Megaprojekt
So entstanden die Pläne für den Tokyo Skytree. In nur vier Jahren wuchs der Turm auf dem Gelände eines alten Rangierbahnhofs im Bezirk Oshiage im Osten Tokyos. Finanziert von der Tobu-Bahngesellschaft und den beteiligten Fernseh- und Rundfunksendern entstand eine ungewöhnliche Kombination. Im Komplex Skytree Town vereinen sich Fernsehturm, Einkaufszentrum, Bahnhof, Restaurant und Aussichtsplattform. Außerdem ist ein Aquarium in dem Komplex untergebracht.
Vom Fuß des Skytree, wo U-Bahn-Linien der Tokyo Metro und der Tobu-Bahngesellschaft im Bahnhof Oshiage zusammentreffen, bis zur Spitze sind es ganze 634 Meter, womit der Turm seinen Vorgänger um fast das Doppelte überragt. Aus dem Bahnhof gelangen Gäste direkt in das Solamachi-Shoppingzentrum, das sich über die unteren Etagen des Skytree erstreckt.
Von dort aus geht es per Fahrstuhl bis zum auf 350 Meter Höhe gelegenen Tembo-Deck, das auf mehreren Ebenen auch ein Cafe und Restaurant beherbergt. Der höchste besuchbare Punkt des Skytree ist die Tembo Galleria, eine Aussichtsplattform auf 450 Metern Höhe. Um die zu betreten, ist ein spezielles Ticket notwendig, mindestens 20 Euro kostet eine Fahrt bis hinauf in die Galleria.
Aufstieg zum neuen Wahrzeichen Tokyos
Als der Skytree am 22. Mai 2012 für Gäste geöffnet wurde, war das Interesse gewaltig. In den ersten Wochen waren Tickets nur über eine Lotterie erhältlich. Und bereits im August des gleichen Jahres hatten eine Million Menschen den Turm besucht. Im Dezember 2021 zählte man seit Eröffnung 40 Millionen Besucher aus Japan und aller Welt. Eine Zahl, die den Skytree fest als eines der beliebtesten Touristen-Ziele im ganzen Land verankert.
Um die Attraktivität für Gäste hochzuhalten, haben die Betreiber des Skytree einiges investiert. Neben festen Einrichtungen wie dem Sumida Aquarium und dem TENKU Planetarium locken auch wechselnde Ausstellungen immer wieder aufs Neue zum Turm. Aktuell läuft eine Kooperation des Skytree mit dem Anime “JoJo’s Bizarre Adventure”. Und auch Tradition findet in dem modernen Komplex ihren Platz. Auf der Internetseite des Skytree kann man unter anderem Tickets für eine Besichtigung in Leih-Kimono, eine Teezeremonie oder traditionelles Glas-Gravieren buchen.
Für den zehnten Jahrestag der Eröffnung gab es natürlich ebenfalls verschiedene Programmpunkte. Eine Performance des Kabuki-Darstellers Ichikawa Ebizo in der Tembo Galleria wurde live ins Internet gestreamt. Die ersten 634 Gäste am Jubiläumstag erhielten zudem lederne Untersetzer, die von lokalen Werkstätten hergestellt wurden. Um die zu ergattern, bildeten sich bereits zweieinhalb Stunden vor der Öffnungszeit der Skytree Town lange Schlangen.
Der Preis für den Erfolg ist die Gemeinschaft vor Ort
Für den Skytree ist der Jahrestag ein wichtiger Schritt auf dem Weg zurück zur Normalität. Durch die andauernden Einschränkungen der Corona-Pandemie und den Wegfall ausländischer Reisender mussten die Betreiber in den letzten zwei Jahren mit stark nachlassenden Besucherzahlen klarkommen. Zwar kamen immerhin 1,04 Millionen Kunden in 2021 in den Skytree, das ist aber immer noch weit entfernt von den 4,27 Millionen, die in 2019 verzeichnet werden konnten.
Der Tokyo Skytree ist in den Augen seiner Betreiber und der Stadt ein Erfolgsprojekt. Für viele Menschen in Japan hat der Turm den Tokyo Tower schon längst als Wahrzeichen Tokyos abgelöst. Doch es gibt auch gemischte Gefühle, gerade bei Gewerbetreibenden in den Stadtvierteln rund um den Turm.
Zwar profitieren auch die von den vielen Besuchern, von denen einige den Weg in Geschäfte außerhalb des Skytree finden. Die klassischen Ladenstraßen jedoch, die sich in vielen japanischen Innenstädten finden und in denen Anwohner ihre Alltagsbesorgungen erledigen, sind in dem Gebiet verschwunden. Und mit ihnen auch ein Stück Gemeinschaftsgefühl, welches die ruhigen Wohngegenden im Osten der Hauptstadt über viele Jahrzehnte geprägt hat.