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Amami-Inseln

Alte Bäume auf Amami-Oshima bedrohen Welterbe

Die Amami-Inseln im Süden Japans sind ein Naturparadies, das seinesgleichen sucht. Flora und Fauna der Inseln sind so einzigartig, dass sie seit zwei Jahren Teil des UNESCO Welterbes sind. Doch um dem Titel gerecht zu werden, müssen womöglich alte Bäume gefällt werden.

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Wer einen Welterbetitel sein eigen nennt, der muss auch einiges tun, um ihn zu behalten. Insbesondere, wenn einzigartige Natur Teil des Titels ist. Das musste in Deutschland etwa die Stadt Dresden schmerzhaft lernen, die in 2009 ihren Welterbe-Titel durch einen Brückenbau im Elbtal verlor.

Amami gespalten zwischen Welterbe und Stadtgeschichte

Auf Amami-Oshima sieht man sich ebenfalls in einem Dilemma beim Erhalt des Titels – doch hier werden Eingriffe in die Natur gerade notwendig, um die Anforderungen der UNESCO zu erfüllen. Was auf den ersten Blick absurd anmutet, hat einen ernsten Hintergrund: die Verbreitung invasiver Arten in geschützen Naturgebieten.

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Seit Jahren schon schafft es die Natur von Amami-Oshima immer wieder in die Schlagzeilen. So etwa wegen des Kampfs gegen invasive Mungos und wildernde Katzen, die das auf der Insel heimische Amami-Kaninchen bedrohen.

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Wenn es um den Schutz der Natur der Insel geht, ist man sich üblicherweise recht einig über strikte Maßnahmen. Doch nun bringt ein Thema Unruhe in die Idylle von Amami-Oshima: der Umgang mit Akagi-Bäumen, auch als „Bishopwood“ bekannt, eine in Südostasien heimische Baumart.

Viele der Akagi-Bäume finden sich in der Inselhauptstadt Amami. Einer von ihnen steht seit vielen Jahrzehnten auf dem Hof der Ashikebu-Schule und liebevoll als „Großmutter-Baum“ bekannt. Andere Akagi wurden vor 130 Jahren gepflanzt, um Hänge zu befestigen und Erdrutschen vorzubeugen.

Viele der Bäume genießen in der Bevölkerung große Beliebtheit und gehören zur Stadt dazu, weshalb sie Ende der 1970er-Jahre von der Stadt einen besonderen Schutzstatus zugesprochen bekamen. Ohne Erlaubnis des Bürgermeisters von Amami dürfen weder Äste noch Wurzeln der Bäume beschnitten werden.

Akagi-Bäume bedrohen Ökosystem

Doch die Akagi-Bäume tauchen auch an anderer Stelle prominent auf: in der 2002 von der Ecological Society of Japan veröffentlichten Liste der 100 schlimmsten invasiven Arten in Japan. Denn die Akagi wachsen schnell und können sich stark ausbreiten.

Das Bewusstsein für diese Gefahr ist gewachsen, seit Amami-Oshima in 2021 ins Welterbe aufgenommen wurde. Denn die Akagi und andere nicht-heimische Arten könnten das empfindliche Ökosystem, das der Insel den Titel eingebracht hat, nachhaltig schädigen.

Nun prüft die Verwaltung von Amami mögliche Varianten zum Umgang mit den Bäumen. Die radikalste: eine komplette Fällung aller Akagi in der Stadt. Dafür spricht sich etwa Naturfotograf und Reiseführer Mamoru Tsuneda aus.

Immer öfter, so sagt er, tauchten die Akagi auch in den nahegelegenen Bergen auf. Vögel würden die Samen der Bäume in die Umgebung tragen. Noch könnte man der Situation Herr werden, doch je länger man warte, umso schwerer werde es.

Wie eine Eindämmung der Akagi-Bäume aussehen könnte, das zeigen andere Regionen Japans. Auf den Ogasawara-Inseln, die ebenfalls seit 2011 den Weltnaturerbe-Titel tragen, wurden die Bäume in der Vergangenheit aus Feuerholz und zur Herstellung von Holzkohle angepflanzt.

Weil ihre zunehmende Ausbreitung jedoch das ursprüngliche Ökosystem der Inseln bedrohte, begann man bereits in 2008 mit ihrer Beseitigung. Dabei muss sehr gezielt vorgegangen werden – denn einige einheimische Tierarten, etwa Schnecken, haben ihren Lebensraum unter den Akagi. Eine wahllose Fällung richtet damit unter Umständen mehr Schaden an, als sie Nutzen bringt. Stattdessen werden ausgewählte Bäume durch die Injektion von Chemikalien gezielt abgetötet.

Bürgermeister kündigt Entscheidung an

Einwohner der Insel jedoch tun sich mit solch einer klaren Entscheidung schwer. Schließlich sind die Bäume fester Bestandteil ihres Lebens auf der Insel. Sie sind Symbole der Stadt-Gemeinschaft. Ein Schild, angebracht von Eltern, beschreibt den Wunsch des Großmutter-Baums „lange zu leben und über die lieben Kinder zu wachen“.

Ende Januar traf sich das Umwelt-Komitee von Amami zur Diskussion des Dilemmas. Der Vorschlag des Komitees scheint dabei zuerst eindeutig: die Bäume sollten als nicht-einheimische Spezies von besonderen Schutzvorgaben ausgenommen werden. Den vor rund 40 Jahren verliehenen Schutzstatus verloren die Bäume nach dieser Entschiedung.

Doch ihr Schicksal ist damit noch lange nicht besiegelt. Denn was den weiteren Umgang mit den Bäumen angehe, sagte das Komitee, man müsse auch sorgfältig die verschiedenen Ansichten der Bevölkerung berücksichtigen und weiter diskutieren, um über eine Fällung zu entscheiden.

Im Februar wurden darum Stimmen aus der Stadt gesammelt. Bürgerinnen und Bürger sollten ihre Meinung zu Akagi-Bäumen und Welterbe äußern. Die Antworten werden nun von der Stadt ausgewertet, danach soll es zu einer endgültigen Entscheidung kommen. Wie auch immer die aussieht – Amamis Bürgermeister Sohei Yasuda verspricht, das weitere Vorgehen in jedem Fall gut zu begründen.

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