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HomeNachrichten aus JapanWirtschaftForderung nach höheren Löhnen spaltet Japans Mittelstand

Inflation in Japan

Forderung nach höheren Löhnen spaltet Japans Mittelstand

Regelmäßige Erhöhungen der Arbeitslöhne gehören in den meisten modernen Industriestaaten zum allgemeinen Wirtschaftsleben. Eine Ausnahme bildete bisher Japan – doch nun drängen höhere Lebenskosten die Unternehmen zum Umdenken.

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Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Energiekrise gehen auch an Japan nicht spurlos vorbei. Nach Jahrzehnten, in denen es Wirtschaft und Politik gelang, die Preise stabil zu halten, hat die Inflation nun auch spürbar die Geldbeutel der Japaner im Griff.

Löhne in Japan stagnieren seit Jahrzehnten

Ob im Supermarkt oder bei Strom und Benzin, überall muss die Bevölkerung tiefer in die Tasche greifen. Das führt zu einem Umdenken nicht nur in der Preispolitik der Unternehmen, sondern auch beim Thema Löhne. Die stiegen in Japan nämlich über Jahrzehnte entweder gar nicht, oder nur so weit, dass sie dauerhaft erhöhte Lebenshaltungskosten ausgleichen konnten.

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Zwar ist die Inflation in Japan im Vergleich zu vielen anderen Staaten recht gering, doch bei gleichbleibenden Löhnen belastet sie die Verbraucher enorm. Tatsächlich stagniert die Entwicklung der Löhne in Japan schon seit Jahrzehnten. Zahlen von 2012 bis 2022 zeigen: im Durchschnitt sind die Reallöhne der Japaner in den meisten Jahren sogar gesunken.

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Mit Subventionsprogrammen zur Preisstabilisierung trat die japanische Regierung dem Problem im letzten Jahr entgegen. Viele Unternehmen unterstützten ihre Angestellten mit Sonderzahlungen für Energie- und Lebensmittelkosten. Doch immer mehr wird deutlich: nur Lohnsteigerungen, lange ein Tabu in Japans Wirtschaft, können den Menschen dauerhaft helfen.

Entsprechend riefen Japans Premierminister Fumio Kishida und die Bank of Japan die Unternehmen des Landes auf, die Löhne in einem Maße zu erhöhen, das die Inflation ausgleicht. Während einige Unternehmen diesen Schritt bereits gegangen sind, zögern viele noch. Selbst Wirtschaftsverbände sehen die Notwendigkeit höherer Löhne jedoch mittlerweile ein.

Steigerungen reichen nicht zum Inflationsausgleich

Doch bei kleinen und mittleren Unternehmen zeichnet sich eine durchmischte Entwicklung ab. Das zeigt eine Umfrage der Daido Life Insurance Co., deren Ergebnisse nun veröffentlicht wurden. Für die Daten wurden im Dezember die Geschäftsführer von 9,238 kleinen und mittleren Unternehmen in Japan zu ihren Plänen bei den Löhnen befragt.

Ein Drittel zeigte sich dabei offen für höhere Löhne im eigenen Betrieb – selbst, wenn im vergangenen Jahr bereits Lohnerhöhungen stattgefunden hatten. Die geplanten Steigerungen der Löhne bewegten sich bei den meisten Unternehmen im Bereich bis maximal drei Prozent.

Das Problem dabei: im Dezember betrug die Inflation im Land ganze vier Prozent. Damit werden die Steigerungen dem Aufruf von Premier Kishida nicht gerecht und reichen auch für eine dauerhafte Entlastung nicht aus, sollten die Preise nicht plötzlich wieder sinken.

Dabei sind es jedoch gerade die kleinen und mittleren Unternehmen, die den Schlüssel zur Entlastung der Bevölkerung in den Händen halten. Denn mehr als drei Millionen Firmen in Japan fallen in diese Kategorie – über 99 Prozent aller Unternehmen im Land. Rund drei Viertel der japanischen Arbeitnehmer ist in einem kleinen oder mittleren Betrieb angestellt.

Die Umfrage zeigt auch: Ein Drittel der befragten Unternehmen ist entweder nicht willens, die Löhne zu erhöhen, oder nicht in der Lage dazu. Die Gründe sind vielfältig, besonders häufig wurde auf eine unsichere Wirtschaftslage verwiesen. Aber auch höhere Beschaffungskosten beim Import, bedingt durch einen schwachen Yen, wurden genannt.

Gewerkschaftsverband fordert fünf Prozent mehr Lohn

Aus den Ergebnissen lässt sich auch ablesen, welche Arten von Unternehmen den größten Spielraum für Lohnsteigerungen haben. Die Ergebnisse sind wenig überraschend: So können sich Unternehmen mit mehr Angestellten Lohnsteigerungen eher leisten als solche, die nur fünf oder weniger Mitarbeitende haben. Auch sind Industriebetriebe, deren Geschäft aufgrund hoher Nachfrage weltweit besser läuft, eher bereit, die Löhne zu heben, als Einzelhändler, die unter der gesunkenen Kaufkraft der Bevölkerung leiden.

In den kommenden Monaten finden in Japan auch die sogenannten „shunto“ statt, jährliche Lohnverhandlungen des größten Gewerkschaftsbundes Rengo. Der möchte von den Unternehmen fünf Prozent mehr Lohn fordern. Dass die erfolgreich verhandelt werden können, ist eher unwahrscheinlich. Selbst in Großunternehmen lagen die angekündigten Steigerungen der Löhne bisher nur bei etwa 2,9 Prozent – die größte Erhöhung seit 26 Jahren.

Sollte die Inflation im Land anhalten, braucht es ein gewaltiges Umdenken in Japans Wirtschaft, um das Schlimmste zu verhindern. Denn die bisher angekündigten Steigerungen der Löhne bleiben hinter den Bedarfen der Menschen weit zurück. Die finanziellen Sorgen der Menschen in Japan werden sich so nicht lösen.

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